Seewölfe Paket 1. Roy Palmer

Seewölfe Paket 1 - Roy Palmer


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Beinen kletterte er höher. Ein Arm streckte sich ihm entgegen und nahm ihm die Leine aus der Hand. Das Pulverfaß schwebte an ihm vorbei.

      Hasard ließ sich an der Ankertrosse hinunterrutschen. Diesmal nahm er drei weitere Leinen entgegen. Smoky und Blacky mußten nur noch abwarten, bis Hasard und die beiden anderen die Pulverfässer auf die Heckgalerie gehievt hatten, dann war die Reihe an ihnen. Sie hatten genaue Instruktionen, an welcher Stelle sie die restlichen vier Pulverfässer anzubringen hatten. Hasard erhoffte sich von der Explosion an der Backbordseite dicht oberhalb der Wasserlinie einen großen Erfolg, aber sicher war er nicht. Aus diesem Grund hatte er sich entschlossen, durch die Kapitänskammer in das Achterschiff einzudringen und wenn es ging, die Ruderanlage außer Gefecht zu setzen.

      Es klappte alles wie am Schnürchen. Nur Hasards Handfläche brannte, als hätte jemand mit einem Messer hineingeschnitten. Er verfluchte sich, daß er nicht Matt Davies die Aufgabe überlassen hatte, die Pulverfässer so lange über Wasser zu halten, bis sie von der Heckgalerie aus ohne Geräusch hochgezogen werden konnten. Matt Davies’ Eisenhaken hätte es nichts ausgemacht, das gleitende Seil zu halten.

      Nach ein paar Minuten hatte er es endlich geschafft. Das letzte Pulverfaß schwang in der Luft und verschwand nach oben in der Dunkelheit. Hasard, der sich kaum mehr halten konnte, mußte mit der zerschundenen Hand die Trosse pakken und zog sich Stück für Stück hinauf, bis er die Hände von Dan und Matt Davies vor sich auftauchen sah. Er griff zu. Langsam zogen sie ihn hoch. Mit den Füßen, die in leichten Leinenschuhen steckten, stützte er sich an der Bordwand ab.

      Dann stand er auf der Heckgalerie und unterdrückte mühsam das Keuchen seiner Lungen. Er brauchte eine ganze Weile, bis sich sein Atem wieder beruhigt hatte.

      Unter ihnen plätscherte es leise. Blacky und Smoky waren bereits am Werk.

      Hasard gab Dan und Matt Davies ein Zeichen. Es wurde Zeit, daß sie handelten. Von der Bucht her waren immer noch die Geräusche von Schüssen zu hören, und auf dem Plateau blitzten ab und zu kleine Lichtpunkte auf, die aussahen wie Wetterleuchten.

      Dan stand bereits an der Tür, die von der Kapitänskammer auf die Heckgalerie hinausführte. Er versuchte sie aufzudrücken, aber sie war verriegelt. Hasard hörte, wie Dan mit dem Messer in die Ritze zwischen die beiden Türflügel fuhr und den innenliegenden Riegel hochzudrücken versuchte. Das schabende Geräusch war deutlich zu hören.

      Schritte klangen auf. Die drei Männer preßten sich eng an die Wand und hielten den Atem an. Zwei Männer unterhielten sich über ihnen auf dem Achterdeck. Einer von ihnen lachte leise.

      Hasard überlegte schon, ob er versuchen sollte, auf die Poop zu klettern und die beiden Spanier auszuschalten. Die Dons schienen seine Gedanken erraten zu haben. Langsam entfernten sich ihre Schritte.

      „Los, weiter!“ flüsterte der Seewolf.

      Dan drehte das Messer. Es knirschte leise, und dann schlug etwas gegen Holz. Der Riegel war heruntergefallen.

      Langsam schob Hasard die Galerietür auf. Wenn sie jetzt Pech hatten, dann schlief der Kapitän der Kriegsgaleone in seiner Koje und wachte von dem Lärm, den sie trotz aller Vorsicht verursachten, auf. Vielleicht hielt er schon seine Pistole in der Hand und wartete nur darauf, daß sich der erste Eindringling zeigte, um ihm eine Kugel in den Wanst zu jagen.

      Sie konnten sich nur langsam vortasten. Hier drinnen schien es noch dunkler zu sein als draußen. Hasard hatte ein solch großes spanisches Schiff noch nie betreten, und er wußte nicht, ob die Kapitänskammer genauso eingerichtet war wie die der „Barcelona“ oder der „Santa Barbara“.

      Er stieß mit der Hüfte gegen eine scharfe Kante und konnte im letzten Augenblick einen Schmerzlaut hinunterschlukken. Verdammt, es hatte keinen Sinn, hier im Dunkeln herumzutappen. So würden sie die Tür, die hinaus auf den Gang führte, niemals finden, ohne Lärm zu verursachen. Eine Öllampe konnten sie nicht anzünden. Das Licht würde durch die seitlichen Fenster der Kapitänskammer fallen und sofort die Wachen an Deck alarmieren.

      Hasard zog eine Lunte und Flintsteine aus der Hosentasche. Es klickte leise, als er die Steine gegeneinanderschlug. Ein paar Funken sprangen auf und setzten die Lunte in Brand. Er schirmte den glimmenden Punkt mit der Hand ab. Viel konnte er immer noch nicht sehen, aber die Konturen der näheren Umgebung zeichneten sich wenigstens ab.

      Er konnte den große Schreibtisch rechtzeitig erkennen und entdeckte die Öllampe, die darauf stand. Er nahm sie an sich und reichte sie an Dan weiter.

      Im schwachen Schein der glimmenden Lunte tastete er sich weiter. Hinter sich hörte er das Schlurfen von Schritten. Matt Davies schleppte die Pulverfässer in die Kapitänskammer.

      Endlich hatte Hasard die Tür gefunden, die zum Gang hinausführte. Er öffnete sie vorsichtig und fragte sich, wo der Kapitän der Kriegsgaleone steckte. Mit aller Wahrscheinlichkeit hielt er sich auf dem Quarterdeck auf, und das hieß, daß er seiner Mannschaft irgendwelche Befehle gab. Wollten sie ein weiteres Boot an Land entsenden?

      Hasard wußte, daß er sich beeilen mußte. Wenn die Spanier abermals versuchen sollten, Seesoldaten an Land zu setzen, konnte es für ihn unmöglich werden, zurück in die Bucht zu pullen.

      Er schlich auf den Gang hinaus. Alles war stockdunkel. Die glimmende Lunte gab zuwenig Licht, um weiter als einen halben Schritt blicken zu können.

      Mit flüsternder Stimme gab er Dan und Matt Davies den Befehl, drei der vier Pulverfässer in den Gang zu schaffen. Sekunden später standen die beiden neben ihm. Dan hielt ein Faß, dessen Deckel er bereits abgenommen hatte. Hasard erkannte es erst im letzten Augenblick und zuckte mit der Lunte zurück. Ein Fluch lag auf seinen Lippen, aber er unterdrückte ihn.

      „Schließ die Tür!“ flüsterte er.

      Dan stellte das Pulverfaß ab und zog die Tür leise zu sich heran.

      „Wo ist die Öllampe?“

      Hasard hielt die glimmende Lunte an den Docht. Nach einer Weile leckte die Flamme hoch. Plötzlich lag der Gang im Schein der flackendern Flamme vor ihnen.

      „Schnell jetzt!“ sagte Hasard scharf.

      Dan O’Flynn und Matt Davies begannen ihre Arbeit. Sie hatten alles genau besprochen. Hasard hielt die Öllampe in der Linken, mit der Rechten hatte er seine Pistole aus dem Gürtel gezogen. Er stand jetzt dicht an der Tür, die hinaus aufs Quarterdeck führte.

      Während Matt Davies ein Pulverfaß zwischen zwei Oberdecksbalken mit Tampen befestigte, streute Dan eine Pulverspur zur Tür hin, neben der Hasard stand. Dort kippte er das Pulverfaß, das noch halb voll war, und keilte es fest, damit es nicht wegrollen konnte.

      Mit dem Pulver des dritten Fasses legte Dan weitere Spuren zu den einzelnen Kammern.

      Sie hatten nur knappe drei Minuten für die Arbeit gebraucht. Hasard hatte sich gerade zur Tür der Kapitänskammer zurückgezogen und wollte die Öllampe löschen, als er die Schritte und Stimmen hörte.

      Mit ein paar Sätzen war er zurück an der Tür zum Quarterdeck. Dan und Matt Davies verschwanden in einer Kammer. Zum Glück war sie leer. Hasard hatte seine Öllampe gelöscht und stellte sie jetzt neben seinen Füßen auf die Planken.

      Das Herz schlug ihm bis zum Hals. Würden die Männer auf den ersten Blick entdecken, was hier los war?

      Seine rechte Hand krampfte sich um den Knauf seiner Pistole. Er wußte, daß es jetzt um ihr Leben ging. Wenn es ihm nicht gelang, die Spanier zu überwälten und das Pulver rechtzeitig zu entzünden, war alles aus. Dann konnten sie sich höchstens selbst mit in die Luft sprengen, um ihren Kameraden in der Bucht den Fluchtweg freizumachen.

      Die Tür wurde geöffnet. Hasard hörte die Stimmen von drei Männern. Sie kamen ihm irgendwie bekannt vor. Die Tür wurde wieder geschlossen, und einen Moment herrschte Stille. Hasard hörte, wie Flintsteine gegeneinander geschlagen wurden.

      Eine kleine Flamme zischte auf und entzündete den Docht einer Kerze. Die kleine Flamme warf zitternde Schatten gegen die Wände.

      Hasard erkannte zwei der Männer, obwohl sie ihm den Rücken


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