Seewölfe Paket 1. Roy Palmer

Seewölfe Paket 1 - Roy Palmer


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vermute, daß die Spanier im Schutz der Dunkelheit versuchen, ein Boot mit Soldaten in die Bucht einzuschleusen. Nimm dir zehn von Batutis Männern und schaff eine der Kanonen nach vorn aufs Kap, wo du die Buchtenge gut überblicken kannst. Nimm ein paar Kartätschen mit und halte voll drauf, wenn du ein spanisches Boot siehst oder hörst.“

      „Was haben wir damit gewonnen?“ fragte Ben Brighton brummig.

      Der Bootsmann spürte, warum Hasard ihm diesen Auftrag gab und ihn nicht bei den Schiffen ließ. Er fluchte im stillen auf diese jungen Kerle, die immer mit dem Kopf durch die Wand wollten, und wenn sie auch aus yarddicken Quadern bestand.

      „Ich werde in der Nacht mit ein paar Männern zur Kriegsgaleone hinausrudern und versuchen, die Spanier mit ein paar Fässern Pulver manövrierunfähig zu sprengen“, sagte Hasard. „Wenn es uns gelingt, werden wir im Schutz der Dunkelheit aus der Bucht entfliehen.“

      Ben Brighton nickte. Dann drehte er sich abrupt um und verließ das Schiff. Als er an Land ruderte, schlich sich ein Grinsen in sein Gesicht. Dieser verdammte Killigrew! Er war schon ein verwegener Bursche. Und es schien so, als wache er erst richtig auf, wenn die Lage aussichtslos war.

      Ben Brighton dachte wieder einmal, daß Hasard seinen Kriegsnamen Seewolf wirklich verdient hatte.

      Die Dunkelheit senkte sich innerhalb von Minuten wie ein schwarzes Tuch über die Bucht. Die Schatten der dunklen Lavafelsen verschwammen ineinander, und die Gambia-Neger mußten sich auf ihr Gehör verlassen, wenn sie die Spanier rechtzeitig bemerken wollten, die sicher in dieser Nacht versuchen würden, die Feinde ins Meer zu jagen.

      Ben Brighton hatte sich Bogo und zehn weitere Schwarze ausgesucht. Keuchend und schwitzend wuchteten sie das Fünfpfündergeschütz auf den Felsvorsprung, von dem aus sie die schmale Buchteinfahrt beobachten konnten. Das Licht einzelner Sterne, die zwischen den Wolken hervorschauten, reichte nicht aus, Einzelheiten auf der Kriegsgaleone zu erkennen. Ben Brighton war sich darüber im klaren, daß sie es nicht einmal bemerken würden, wenn die Spanier ein Boot zu Wasser ließen. Wenn er Glück hatte, würden die Riemenschläge die Spanier verraten.

      Der Bootsmann blickte zurück in die Bucht. Hinter dem dunklen Schatten der Karacke sah er den rötlichen Schein des Feuers, das auf dem Floß brannte, und dessen Licht die Arbeitsstätte von Ferris Tucker beleuchtete.

      Ein Schuß durchbrach die Stille, die trotz der emsigen Geschäftigkeit über der Bucht lag. Bei der Karacke schrie ein Mann auf. Ben Brighton hatte den kleinen Mündungsblitz oben auf den Lavafelsen gesehen. Er winkte Bogo zu sich heran und bedeutete ihm durch Zeichen, mit ein paar Männern zurückzulaufen und den heimtückischen Schützen auszuschalten.

      Er behielt drei Männer zurück. Sie mußten genügen, den Fünfpfünder zu bedienen. Gedämpfte Stimmen drangen an Ben Brightons Ohr. Er sah, wie sich die Männer bei der Karacke in den Schutz der Dunkelheit flüchteten. Der Bootsmann fluchte leise. Wenn es den Spaniern auf dem Plateau gelang, die Männer an der Arbeit zu hindern, fiel der Plan des Seewolfs ins Wasser. Oder aber sie mußten die Karacke in der Bucht zurücklassen und die Schwarzen mit an Bord der beiden Galeonen nehmen.

      Eine halbe Stunde rührte sich unten am Strand nichts. Das Feuer auf dem Floß brannte langsam herunter. Dann hatten die Männer Bogos die Stelle erreicht, an dem sich die Spanier verborgen hatten. Ben Brighton hörte den Kampflärm. Er sah Schatten durch den zuckenden Feuerschein laufen, und dann schienen die Schwarzen die Spanier in die Flucht geschlagen zu haben.

      Ben Brighton grinste, als der rötliche Schein hinter der Karacke wieder intensiver wurde. Ferris Tucker verlor keine Zeit.

      Einer der Gambia-Neger packte den Bootsmann am Arm. Er stieß einen leisen Laut aus und deutete aufs Wasser.

      Ben Brighton lauschte, und dann hörte er es auch. Die Spanier ruderten sehr vorsichtig, aber es war fast unmöglich, jedes Geräusch zu vermeiden, wenn die Riemen ins Wasser getaucht wurden.

      Ben Brighton wartete, bis das Boot auf der Höhe seiner Kanone war. Er brauchte nur die Höhe geringfügig zu verändern. Schnell hielt er die Lunte, die er unter seiner Segeltuchjacke verborgen hatte, ans Zündloch, und mit einem ohrenbetäubenden Krachen spuckte die Kanone die Kartätsche aus, die von der Wucht der Treibladung auseinandergefetzt wurde.

      Da das Geschütz keinen Halt hatte, wäre es fast von dem Felsvorsprung heruntergestürzt. Das schmale Felsband, gegen das die Kanone beim Rückstoß geprallt war, knirschte verdächtig.

      Ben Brighton war in Pulverdampf gehüllt. Während er daranging, den Fünfpfünder neu zu laden, befahl er den drei Schwarzen, das Geschütz wieder an den alten Platz zu bugsieren. Erst als er eine neue Kartätsche in den Lauf gestopft hatte, drehte er sich um und besah sich die Wirkung, die die erste Ladung seiner Kanone gehabt hatte.

      Er hörte das Schreien und Jammern von verwundeten Männern, das immer deutlicher wurde, je mehr das taube Gefühl vom Donnern des Geschützes in Ben Brightons Ohr nachließ. Der Bootsmann strengte seine Augen an, und dann sah er das zweite Boot.

      Die Spanier waren damit beschäftigt, die Verwundeten aus dem ersten Boot, das Ben Brighton nirgends entdecken konnte, aufzulesen. Einer der Spanier hatte eine Fackel entzündet, um die Männer im dunklen Wasser besser sehen zu können.

      Ben Brighton richtete die Kanone auf diese Fackel, aber er zögerte noch. Wenn er auch dieses Boot zerschoß, würde den Spaniern nichts weiter übrigbleiben, als an Land zu schwimmen. Und dort konnten sie den Engländern gefährlich werden. Vielleicht aber ruderte das zweite Boot zur Kriegsgaleone zurück, wenn es die Spanier aus dem ersten Boot aufgelesen hatte.

      Der Bootsmann wußte nicht, wie viele Spanier von seiner Ladung Eisen verwundet oder getötet worden waren, aber eines war sicher: Die Spanier hatten gemerkt, daß sie es mit einem zu allem entschlossenen Gegner zu tun hatten. Ben Brighton hoffte, daß die Spanier kein weiteres Risiko eingingen und lieber auf den neuen Tag warteten, in dessen Licht sie die Engländer mit ihren Kanonen in Stücke schießen konnten.

      Der Kanonenschuß hatte die Männer am Strand wieder aufgescheucht. Sicher hatte Hasard ein Boot bemannt, das den Spaniern entgegenfahren sollte.

      Ben Brighton grinste, als er sah, wie das Boot der Spanier gewendet und zur Galeone zurückgepullt wurde. Die Fackel verlöschte. Nichts als schwarze Dunkelheit umgab den Lavafelsen, auf dem der Bootsmann mit seinem Fünfpfünder stand.

      Diese Dunkelheit wurde jäh von einem weißen Blitz zerrissen. Ben hatte Sekunden vorher einen Lichtpunkt vom Meer her aufleuchten gesehen, aber daß die Spanier eine ihrer Kanonen abgefeuert hatten, merkte er erst, als die Kugel etwa dreißig Yards von ihm entfernt einschlug und ihn und die drei Schwarzen mit einem Hagel aus Lavasplittern überschüttete.

      Die drei Männer hatten sich auf den Boden geworfen und die Arme über dem Kopf verschränkt. Sie erwarteten einen weiteren Schuß, aber nichts geschah. Erst nach Minuten wagte Ben Brighton, den Kopf wieder zu heben. Vorsichtig kroch er eine schräge Felsplatte hinauf, bis er übers Meer blickten konnte. Er sah jetzt nicht einmal mehr den Schatten der Kriegsgaleone, aber daß sie noch vor der Bucht lag, das war so sicher, wie Lissys Vater ein alter Hurenbock gewesen war.

      Hasard hatte die Spanier verflucht, als er den toten Neger sah, der in seinem Blut langgestreckt auf dem Floß lag. Er hatte die Männer sofort angerufen und ihnen befohlen, in Deckung zu gehen. Ferris Tucker hatte sich den toten Neger geschnappt und hatte ihn an den Strand gelegt. Drei Mädchen liefen herbei und kümmerten sich schluchzend um den Mann, dem nicht mehr zu helfen war.

      Hasard rief Batuti zu sich und sprach eine Weile mit ihm. Dann holte sich der riesige Gambia-Neger ein paar Männer und machte sich auf den Weg. Er sollte das Plateau erklimmen und die spanischen Soldaten auf der anderen Seite der Insel ins Meer jagen, damit Ferris Tucker seine Arbeit an der Karakke endlich vollenden konnte.

      Die Außenplanken waren bereits befestigt. Sie brauchten jetzt nur noch kalfatert zu werden.

      Die Männer warteten gespannt, ob es Batuti gelingen würde, die Spanier aus ihren Felslöchern aufzustöbern. Fast eine halbe Stunde dauerte es, dann rief Batuti vom Rand des Plateaus zum Strand hinunter, daß


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