Seewölfe - Piraten der Weltmeere 559. Burt Frederick

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 559 - Burt Frederick


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ins Schwarze Meer zu gelangen.

      Dies, was sich nun anbahnte, war der beste Weg, die nötige Sicherheit zu erlangen.

      Der Einmaster ging längsseits. Enterhaken flogen hoch und krallten sich in das Verschanzungsholz der „Lucia“.

      Trebbiano sah die Türken aus nächster Nähe, wie sie zu ihm hochstarrten. Breitschultrige Kerle waren darunter, die muskulöse Oberkörper entblößt, mit kahlen Schädeln und Sichelbärten. Andere waren klein und drahtig. Die richtige Mischung, mußte Trebbiano anerkennend feststellen. Geballte Kraft und Behendigkeit. Beides ergänzte sich im Enterkampf auf geradezu hervorragende Weise.

      Der Kapitän, der offenbar das Sprachrohr des feisten Kerls auf dem Achterdeck war, brüllte etwas auf Türkisch, das der Venezianer nicht verstand. Er gab sich auch nicht erst die Mühe, es zu verstehen. Für ihn, der er reines Italienisch sprach, war dieses türkische Idiom nicht mehr als der akustische Ausdruck einer Halskrankheit.

      „Ich bin Giovanni Trebbiano, Capitano der ‚Lucia‘“, sagte er daher laut und vernehmlich. „Ich beuge mich der Gewalt, die Sie offenbar anzuwenden gedenken, und übergebe Ihnen mein Schiff mitsamt Besatzung und Ladung. Sie haben selbstverständlich das Recht, sich augenblicklich an Bord meines Schiffes zu begeben, um es zu übernehmen.“

      Die türkischen Decksleute starrten ihn an, als sei er ein fremdartiges Wesen, das den Kopf unter dem Arm trägt.

      Der Kapitän und auch der feiste Eigner des Einmasters schienen unterdessen verstanden zu haben. Kurze Kommandos erfolgten.

      Zehn Türken aus der etwa zwanzigköpfigen Crew begannen, über Enterseile an der Außenbeplankung der „Lucia“ hochzuhangeln.

      Giovanni Trebbiano zog sein scharlachrotes Barett vom Kopf, schwenkte es mit einer ausladenden Handbewegung nach links vom Körper weg und verbeugte sich dazu tief. Für die Männer, die unterhalb der schon geöffneten Grätingsluken ausharrten, war es das Zeichen. Lautlos wie Katzen zogen sie sich hoch.

      Bullige Männer waren unter ihnen, aber auch schlanke, hochgewachsene Venezianer, die den drahtigen Türken an körperlicher Beweglichkeit in nichts nachstanden. Die meisten trugen lederne Westen, einige waren mit einfachen Leinenhemden über den weiten Hosen und den Stulpenstiefeln oder Sandalen bekleidet.

      Giovanni Trebbiano wich vom Schanzkleid zurück, als wolle er den Türken Platz machen.

      Sie erreichten die Verschanzung, schwangen sich hoch und landeten federnd auf den Decksplanken.

      Im selben Moment erstarrten sie, als die Venezianer buchstäblich aus dem Schiffsholz vor ihnen emporzuwachsen schienen. Und Trebbiano weit genug von der Verschanzung entfernt, um von dem Einmaster aus nicht gesehen zu werden, hatte bereits seine beiden Pistolen an den Doppelläufen gepackt. Er schwang sie wie Keulen.

      Die ersten beiden Türken gingen korkenzieherartig zu Boden.

      Im nächsten Atemzug waren die Männer der „Lucia“ zur Stelle. Aus den Achterdeckskammern stürmten die beiden Offiziere hervor, die nun wieder wie normale Menschen aussahen. Und der Erste flankte über den Steuerbordniedergang auf die Kuhl hinunter.

      Die Türken stießen erschrocken Schreie aus. Sie brachten die Säbel hoch, und die krummen Klingen blitzten im Licht der Morgensonne. Einer riß die Pistole aus dem Gurt, während die anderen todesmutig auf die Venezianer losgingen. Ein einzelner Schuß krachte.

      Enrique Marchioni ließ die Pistole sinken, mit der er den Türken außer Gefecht gesetzt hatte. Es war das Zeichen für die Mannschaft der „Lucia“. Mit wüstem Gebrüll drangen sie – eine insgesamt 25köpfige Crew – gegen den bereits geschrumpften Haufen der Türken vor. Trebbiano fällte zwei weitere Kerle mit den Kolben seiner Pistolen. Warum er sie lebend brauchte, würden sie wahrscheinlich erst begreifen, wenn sie ihren Zweck schon erfüllt hatten.

      Mit hellem Klang prallte Klinge auf Klinge. In diesen Sekunden schwang sich die Mehrzahl der Venezianer bereits über die Verschanzung, um mit elegantem Sprung auf den Decksplanken des Einmasters zu landen. Wieder krachten nur einzelne Schüsse.

      Giovanni Trebbiano hatte seine Doppelläufigen umgedreht, denn an Bord der „Lucia“ gab es für ihn nichts mehr zu tun. Die zehn Türken rührten sich nicht mehr. Seelenruhig, breitbeinig, stand Trebbiano hinter der Verschanzung und zielte auf einen sichelbärtigen Glatzkopf, der vom Vorschiff des Einmasters aus Enrique Marchioni mit einem Tromblon wegzublasen gedachte.

      Trebbiano schaltete den Glatzkopf mit einer einzigen Kugel aus. Das Tromblon flog in hohem Bogen über den Bug, der Türke kippte hinterher. Marchioni drehte sich mitten im klingenflirrenden Kampfgetümmel um und bedankte sich mit einer Verbeugung.

      Trebbiano jagte seine nächste Kugel grinsend zum Achterdeck des Einmasters, wo der Kapitän eine Muskete an die Schulter gehoben hatte und niemand anders als ihn, seinen venezianischen Ranggleichen, zu töten versuchte.

      Trebbiano warum einen Sekundenbruchteil schneller. Brüllend kippte der türkische Kapitän hintenüber. Seine Muskete entlud sich noch, aber das großkalibrige Blei raste in den azurblauen Morgenhimmel, der sich über dem Marmarameer dehnte.

      An Deck war der Kampf bereits nahezu entschieden. Der Feiste auf dem Achterdeck stieß spitze, quiekende Schreie aus, sprang von seinem sonderbaren Sessel auf und ließ sich von seiner Gespielin zur Heckbalustrade führen.

      Es hatte den Anschein, als wolle er tatsächlich über Bord springen. Trebbiano schüttelte ungläubig den Kopf. Glaubte der Kerl allen Ernstes, er könne schwimmen? Dieser Koloß mußte versinken wie ein Stein, daran gab es nicht den geringsten Zweifel.

      Aber gerade diese wertvolle Person, für seine Zwecke wie geschaffen, wollte Trebbiano nicht so einfach entwischen lassen.

      Er hob die zweite Doppelläufige mit der Linken und schenkte sich die Mühe, die schwere Waffe in die Rechte zu nehmen. Immerhin war er stolz darauf, sowohl mit rechts als auch mit links gleichermaßen präzise schießen zu können. Er bewies es.

      Krachend entlud sich der erste Lauf der Pistole. Mit einem schmetternden Laut fuhr das Blei in den Handlauf der Heckbalustrade. Der fette Türke schien gegen ein unsichtbares Hindernis zu prallen. Seine Fleischmassen gerieten in wogende Bewegung, als ihm ein Schwall von herausgerissenen Holzsplittern entgegenwehte. Mit ihm prallte die Gespielin erschrocken zurück.

      Trebbiano jagte die nächste Kugel unmittelbar hinter den beiden in die Achterdecksplanken.

      Die Frau schrie gellend und schrill. Der Feiste übertönte sie noch mit seinen Quieklauten. Aber beide wagten nicht mehr, sich noch vom Fleck zu rühren.

      Auf dem Hauptdeck des Einmasters sanken unterdessen die letzten Türken in sich zusammen – von mörderischen Hieben mit den Plattseiten der Säbel oder von Pistolenknäufen getroffen.

      Insgesamt hatte es nur vier Tote gegeben.

      Trebbiano ließ sie über Bord werfen und enterte persönlich zum Einmaster ab.

      „Sieh mal dort, Giovanni!“ rief der Dritte Offizier und deutete auf die Männer, die aus den Unterdecksräumen des Einmasters auftauchten und eine zappelnde Beute mitbrachten.

      Sieben Türkinnen waren es, ähnlich gekleidet wie die Gespielin des Feisten. Die meisten waren überaus rundlich, nur zwei oder drei konnte man als schlank bezeichnen. Keine Frage, das Piratenpack hatte sich für einen längeren Aufenthalt an der Küste gerüstet, es mußte also schon länger hinter der Klippe auf der Lauer gelegen haben.

      Trebbiano ließ die bewußtlosen türkischen Piraten und die Frauen an Bord der Karacke schaffen. Er ging zum Achterdeck und baute sich breitbeinig vor dem Dicken und seiner Gefährtin auf. Die noch rauchenden Pistolen behielt er dabei in den Händen.

      „Ich habe mich bereits vorgestellt“, sagte er und bedachte den Türken mit einer herrischen Kopfbewegung. „Dein Name?“

      Erstaunlicherweise verstand der Kerl seine Sprache. „Mehmet Gülün, Signor. Bitte, haben Sie Mitleid mit mir! Ich bin nur ein einfacher türkischer Kaufmann, der nach dem Grundsatz handelt, daß Angriff die beste Verteidigung


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