Seewölfe - Piraten der Weltmeere 212. Roy Palmer

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 212 - Roy Palmer


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      Impressum

      © 1976/2016 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      ISBN: 978-3-95439-548-4

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

       Kapitel 10

      1.

      Der große Regen hatte während der Nacht eingesetzt und ergoß sich rauschend in den Golf von Bengalen und auf die Ostküste Indiens. Er breitete dichte Dunstschleier über, den Kämmen der Wogen aus, die vom Wind aus Nordosten auf Legerwall gedrückt wurden, und trommelte auf die schweren, ledrigen Blätter der Urwaldbäume und Sträucher. Er verwandelte die Bäche an der Koromandelküste in reißende Flüsse und die Flüsse in Ströme und ließ auf den terrassenförmigen Stufen des Dekkans, die „Ghats“ genannt wurden, Schlammfelder und Seen entstehen.

      Der Monsunregen beherrschte die Szene und ließ den jungen Morgen zu einer Sphäre des Halbdunkels und der Undurchdringlichkeit werden. Sein Rauschen und Plätschern schien überall zu sein, und es schien nie mehr aussetzen zu wollen, heute nicht, auch nicht morgen, übermorgen oder in einer Woche.

      Die „Isabella VIII.“ segelte auf Backbordbug liegend durch die bewegte See auf False Divi vor dem Mündungsdelta des Flusses Krishna zu. Die dschungelbewachsene Küste der Insel tauchte wie aus Nebeln des Jenseits vor ihrem Bugsprit auf.

      Yasin, der Pirat, den Hasard aus der Bucht von Kadiri gerettet hatte, stand neben dem Seewolf auf der Kuhl, als dieser seine Befehle an die Crew gab. Der Regen näßte ihre Gestalten nicht, denn auf Hasards Anordnung hin waren über der Back, dem Haupt- und dem Achterdeck Schutzdächer aus Persenning gespannt worden.

      Yasin hatte Hasard soeben erklärt, daß die Ankerbucht der Piratenschiffe an der Westseite der Insel wie üblich bewacht sein würde, aber er hatte ihm auch gesagt, wie er die Posten Raghubirs überlisten konnte.

      So steuerte die „Isabella“ nun die Leeseite der Insel an und schlich sich im dichten Regen an der Bucht vorbei, deren Posten von den Baumgruppen am Strand aus, unter die sie sich gekauert hatten, die Galeone beim besten Willen nicht erkennen konnten. Die Entfernung war zu groß, und der wolkenbruchartig niederprasselnde Regen hüllte schon die beiden in der Bucht ankernden Zweimaster Raghubirs derart dicht ein, daß ihre Umrisse nur als schwache Schemen zu erkennen waren.

      Keine halbe Meile nördlich der geschützten Bucht öffnete sich wie eine Bresche im Dschungel die Mündung eines Flusses, die breit genug war, um ein Segelschiff von der Größe der „Isabella“ aufzunehmen.

      „Von dort aus führen zwei geheime Pfade durch den Urwald“, sagte Yasin, der Pirat. „Raghubir hat sie anlegen lassen, um im Falle eines Angriffs auf die Bucht eine Ausweichmöglichkeit zum Fluß hin zu haben.“

      „Ich hoffe immer noch, du sagst die Wahrheit.“ Der Seewolf blickte dem Inder forschend ins Gesicht. Durfte er ihm vertrauen? Gewiß, Yasin hatte sich dazu entschlossen, zu sprechen, und alles zu verraten, was er über Raghubir und dessen Freibeuterbande wußte. Aber sein Verhalten erschien Hasard fast ein wenig zu unterwürfig und bereitwillig.

      Yasin beeilte sich zu versichern: „Es ist die Wahrheit, ich schwöre es. Der eine Pfad führt hinauf zu den acht Hütten, die gut eine Meile von dem Ufer der Bucht entfernt auf der kleinen Lichtung eines flachen Hügels stehen. Der andere verläuft durch den Dschungel bis zur Bucht.“

      Hasard nickte. Er mußte sich auf die Aussagen des Mannes verlassen, eine andere Wahl hatte er nicht.

      Er wandte sich Ben Brighton zu, der das Achterdeck verlassen hatte und zu ihnen getreten war, und sagte: „Ben, wir bilden zwei Landtrupps von je acht Mann. Die anderen bleiben an Bord der ‚Isabella‘. Willst du mich dieses Mal begleiten?“

      „Unbedingt, Sir“, antwortete sein erster Offizier und Bootsmann.

      „Gut, dann übernimmt Ferris für die Zeit unserer Abwesenheit das Kommando über die ‚Isabella‘.“

      „Aye, Sir“, sagte Ferris Tucker, der sich inzwischen ebenfalls genähert hatte.

      Hasard war entschlossen, sein Vorhaben so schnell und konsequent wie möglich durchzuführen. Raghubir war es gelungen, bei seinem nächtlichen Überfall auf Kadiri zwei Dutzend Mädchen aus dem Fischerdorf zu entführen und auf die Insel zu verschleppen. Hasard wollte sie retten. Er hatte es Narayan, Kankar und Chakra versprochen, die sich an Bord der „Isabella“ befanden.

      Auch Shandra und Ginesh, die Töchter von Narayan und Kankar, befanden sich in der Gewalt von Raghubir.

      Die „Isabella“ hatte die Ankerbucht der Piratenschiffe Steuerbord achteraus gelassen, und Bill, der Moses, meldete jetzt durch einen Ruf aus dem Großmars, daß er die Mündung des Flusses entdeckt habe.

      Hasard und seine Männer bereiteten sich auf die bevorstehende Landung vor. Sie ahnten nicht, daß im Versteck der Piraten das Drama bereits seinen Lauf genommen hatte.

      Raghubir lag auf dem Boden seiner Wohnhütte und stöhnte. Er war von dem Stuhl gesunken, auf dem er eben noch gesessen hatte, krümmte sich und preßte die Hände gegen den Leib. Nur seine Beine zuckten noch ein wenig, sein übriger Körper war durch das Gift gelähmt. Sein Gesicht hatte eine weißliche Färbung angenommen und wirkte im Licht des Feuers fratzenhaft.

      „Tanjoghe heißt der Busch, der im Dschungel wächst“, erklärte Shandra ihm noch einmal, während sie sich neben ihn kniete. „Auf dem Weg hierher stürzte ich. Erinnerst du dich, Raghubir? Dabei gelang es mir, ein paar Blätter in meinen Besitz zu bringen. Ich steckte sie hinter den Leibgurt, den ich unter meinem Kleid trage. Dann, als du mir befahlst, den roten Wein in dem kleinen Kessel zu erhitzen, nahm ich die Gelegenheit wahr und tat die Blätter hinein.“

      Sie schwieg und tupfte sich die Lippen mit einem Tuch ab, das Ginesh ihr reichte. Shandra lächelte ihrer Schwester zu.

      „Danke, Ginesh. Ich habe auch von dem Schierlingstrunk gekostet, aber ich habe keinen Tropfen heruntergeschluckt. Ich werde nicht einmal Magenschmerzen kriegen, du kannst ganz beruhigt sein.“

      Die Angst wich aus Gineshs Augen, sie lächelte plötzlich auch.

      Raghubir gab einen röchelnden Laut von sich.

      „Du – Satan“, stöhnte er.

      „Stirb“, sagte Shandra. „Die Lähmung hindert dich daran, um Hilfe zu schreien, sie nimmt auch von deiner Zunge Besitz. Du bist uns ausgeliefert, Raghubir, und weder Ginesh noch ich werden auch nur einen Finger für dich rühren. So räche ich den Tod der Meinen. Narayan, mein lieber Vater, Kankar, meine gütige Mutter, und Chakra, mein mutiger Bruder, sind auf ihrem Boot geradewegs ins Nirwana hinübergesegelt, ins alles auflösende Nichts.“

      Gineshs


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