Seewölfe - Piraten der Weltmeere 527. Roy Palmer

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 527 - Roy Palmer


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      „Der Henker soll die Zopfmänner holen“, sagte Shane. „Aber wenn sie hier die Küste kontrollieren, haben sie bestimmt einen handfesten Anlaß dafür. Vielleicht suchen sie jemanden.“

      „Uns“, sagte Old O’Flynn.

      „Quatsch“, sagte Ferris. „Wir sind doch offiziell Spanier.“

      „Vielleicht haben sie erfahren, daß wir Gewürze an Bord haben, die eigentlich in Manila hätten abgeliefert werden sollen“, meinte der Alte. „Wir haben uns strafbar gemacht. Im Prinzip sind wir so was Ähnliches wie Schmuggler.“

      „Donegal, das ist nun wirklich an den Haaren herbeigezogen“, erwiderte der Seewolf. „Erstens ist die Sache mit den Gewürzen eine rein spanische Angelegenheit. Und wie hätten die Dons von Mindanao so schnell erfahren sollen, daß ihre Ladung nie in Manila eingetroffen ist? Das ist unmöglich. Sie wissen es noch nicht. Und noch mehr Zeit würden sie brauchen, um die Chinesen zu verständigen – was sie zweifellos überhaupt nicht tun würden. Schließlich ist Spanien mit China weder verbündet noch befreundet.“

      „Gut, das sehe ich ein“, sagte der Alte. „Aber hier ist dicke Luft, und das paßt mir nicht. Wahrscheinlich müssen wir uns einen anderen Hafen aussuchen als Shanghai. Wenn Kriegsdschunken die Stadt abschirmen, kriegen wir unsere Brandsätze nie und nimmer.“

      „Warum segeln wir nicht nach Peking?“ fragte Ben. „Das ist gar nicht so weit entfernt.“

      Old O’Flynn spuckte außenbords, dann wandte er sein verkniffenes Gesicht Ben zu. „Mister Brighton, du bist schon immer ein großer Witzbold gewesen.“

      Bald darauf war die Küste so nah, daß man ihre Hügel und den alles zudeckenden Grüngürtel mit dem bloßen Auge erkennen konnte. Dan enterte zum Fockmars auf und unterstützte Bill in dem Versuch, irgendwo eine Bucht zu erspähen, in die das Schiff verholen konnte. Vorerst schien es aber keinen derartigen Ankerplatz zu geben. Das vor ihnen liegende Ufer verlief fast geradlinig.

      Etwas später sichtete Bill einen kaum wahrnehmbaren Einschnitt in dem Dschungelgürtel. Dan bestätigte: Es handelte sich um die Einfahrt in eine Bucht. Hasard zögerte keinen Augenblick und ließ Kurs auf die Bucht nehmen. Die „Santa Barbara“ steuerte die Einfahrt an. Jeff Bowie begab sich auf die Galion und lotete die Wassertiefe aus.

      Die Arwenacks hatten Glück, die Wassertiefe reichte aus. Die „Santa Barbara“ schob sich durch die enge Einfahrt. Mangroven und Lianen streiften zu beiden Seiten die Bordwände. Dann öffnete sich der Vorhang wieder, und das Schiff glitt in eine kleine Bucht, die gerade geräumig genug war. Hier ging die „Santa Barbara“ vor Anker.

      Hasard inspizierte die Umgebung.

      „Die Bäume sind hoch genug“, sagte er. „Von außen kann uns keiner entdecken.“

      „Dann können die Zopfmänner kommen“, sagte Old O’Flynn. „Falls sie uns doch gesehen haben, können sie sich schwarz suchen. Sie finden uns nicht wieder.“

      „Wir stellen sechs Wachposten auf“, sagte der Seewolf. „Ich will vor Überraschungen ganz sicher sein. Blacky, Batuti, Roger, Luke, Philip und Hasard – ihr fiert sofort die Jolle ab und setzt über! Drei Mann postieren sich nordöstlich unserer Bucht, drei Mann im Südwesten.“

      „Aye, Sir“, erwiderten die Männer.

      Unverzüglich führten sie den Befehl ihres Kapitäns aus. Sie setzten das Boot aus, enterten ab und pullten zum Ufer. Sie landeten, zogen die Jolle auf den schmalen Streifen Strand, der vom Wildwuchs des Regenwaldes noch nicht verschlungen war, und tauchten im Gestrüpp unter.

      Batuti und die Zwillinge schlugen sich in nordöstlicher Richtung bis zu einem Platz durch, von dem aus sie durch das Uferdickicht auf die offene See spähen konnten. Blacky, Roger Brighton und Luke Morgan verteilten sich unterdessen auf drei strategisch günstige Positionen südwestlich der Ankerbucht. Von hier aus hatten sie einen guten Überblick über das Meer. Nichts würde ihrer Aufmerksamkeit entgehen.

      Bill behielt seinen Posten als Ausguck im Großmars der „Santa Barbara“ bei. Unausgesetzt schaute er durch sein Spektiv. Die Buchteinfahrt ließ ihm eine Lücke offen, durch die er einen schmalen Bereich der See im Auge behielt.

      Nicht sehr viel Zeit verstrich, und der Dschunkenverband erschien an der nordöstlichen Kimm. Philip junior war der erste, der die Mastspitzen sichtete. Verflogen war sein Liebeskummer. Philip unterrichtete seinen Bruder und den Gambia-Mann, dann spähten sie abwechselnd durch den Kieker, den sie mitgenommen hatten, zu den fremden Schiffen.

      „Hol’s der Henker“, sagte der schwarze Herkules leise. „Ich fürchte, die haben uns doch gesehen.“

      „Und sie sind uns auf der Spur“, sagte Hasard junior grimmig.

      „Aber sie finden uns nicht“, meinte Philip junior.

      „Wer von uns sagt auf der ‚Santa Barbara‘ Bescheid?“ fragte Batuti.

      Philip meldete sich sofort freiwillig. „Ich. Habt ihr Einwände? Nein? Gut, dann verschwinde ich.“ Schon schlüpfte er in die Büsche und war im nächsten Augenblick wie vom Erdboden verschluckt.

      Batuti grinste breit. „Also, etwas Gutes haben diese Zopfmanndschunken nun doch. Sie haben deinen Bruder kuriert.“

      „Er ist wieder ganz der alte“, bestätigte Hasard junior. Dann blickte er erneut durch das Spektiv. Fast verschlug es ihm den Atem. Im Heransegeln des Verbandes konnte er die Schiffe ganz genau zählen. Es waren zwanzig – alles Dreimastdschunken!

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