Seewölfe - Piraten der Weltmeere 144. Roy Palmer

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 144 - Roy Palmer


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schau genau hin. Sollten wir den Viermaster nicht kennen?“

      Dan ließ den Kieker sinken und kratzte sich am Hinterkopf. „Also, gesetzt den Fall! Da wäre doch ein ganz klarer Widerspruch. Gut, wir wissen jetzt, daß Monforte mit seiner ‚Sao Sirio‘ dem Verband von do Velho angehörte und dieser Verband aus fünf Schiffen bestand. Wir wissen ferner, daß Lucio do Velho, dieser Bastard, wie durch ein Wunder unser letztes Rendezvous in der Walfischbucht überlebte und auch seine ‚Candia‘ wiederfand. Aber ich frage dich, wieso sollte der nach Süden zurücksegeln, da er doch geradezu versessen darauf zu sein scheint, Nordkurs zu halten?“

      „Stellen wir jetzt keine Mutmaßungen an“, erwiderte Hasard. „Monforte wollte ja auch nichts über den Auftrag sagen, mit dem do Velho unterwegs ist. Soweit ließ unser Freund die Geheimhaltung einem ‚Iren‘ gegenüber eben doch gelten.“

      „Sir!“ rief Bill aus dem Großmars zu ihnen herüber. „Die Schiffe geraten ziemlich nahe an uns heran!“

      „Danke, Bill“, erwiderte der Seewolf. „Von jetzt an nicht mehr rufen, verstanden? Der Gegner könnte uns hören.“

      „Aye, Sir“, sagte Bill.

      Hasard und Dan enterten wieder ab. An Deck herrschte rege Tätigkeit. Die Beiboote waren hochgehievt und festgezurrt worden, jetzt bedienten die Männer unter Carberrys barschen Anweisungen das Gangspill auf der Back, um den Anker zu hieven.

      „Ben, Ferris, Shane, Smoky“, sagte der Seewolf. „Wir machen gefechtsklar. Haltet auch die Höllenflaschen und die Brandsätze bereit, die wir noch haben, vergeßt nicht, Brandpfeile vorzubereiten.“

      Sekunden später wurden die Culverinen der „Isabella“ ausgerannt, die Drehbassen auf Vor- und Achterdeck geladen, sowie alle weiteren Vorbereitungen für einen eventuellen Kampf getroffen. Routinemäßig wickelte die Crew jeden Handgriff ab, und im Nu hatte sich die Galeone in eine schwimmende Bastion verwandelt. Brüllen durfte auch Carberry nicht mehr, aber das Ganze lief doch nicht ohne sein Gefluche und Gemecker ab, denn wenn der Profos nicht mehr fluchte, fehlte der Suppe die Würze, wie der Kutscher gelegentlich zu sagen pflegte.

      Carberry „flüsterte“ also, was bei ihm mit normalem Sprechen gleichbedeutend war. Wehe, wenn er wirklich mal richtig flüsterte! Dann war Holland in Not und knüppeldicker Verdruß in Sicht, denn jedem Höllensturm geht meist eine beängstigende Ruhe voraus.

      Zum Auslaufen bereit lag die „Isabella VIII.“ in der Felsenbucht. Ihr Bug wies nach Norden. Hasard ließ die Fock setzen, um seinem Schiff ein wenig Fahrt zu verleihen und es von der Einfahrt wegzumanövrieren. Falls der Feind von außen nur einen Blick in die Bucht warf, sollte er die „Isabella“ nicht sehen.

      Josea, Segura und Franca waren inzwischen in die Felsen aufgestiegen und hatten sich zu ihrer Abuela gesellt. Die alte Frau, immer noch im Vollbesitz ihrer Sinne, hatte die fremden Schiffe ebenfalls entdeckt und bedeutete den Mädchen in diesem Moment, sich ruhig zu verhalten. Die vier duckten sich hinter die Steinquader, zwischen denen Dan O’Flynn am Vorabend seine erste Begegnung mit Segura und Franca gehabt hatte.

      Hasard kontrollierte die Gefechtsstationen nur kurz, er konnte sicher sein, daß seine Männer es nicht an der nötigen Sorgfalt mangeln ließen. Der Kutscher lief noch auf und ab und streute Sand an Oberdeck aus, der der Crew im Gefecht einen sicheren Stand auf den Planken sicherte und außerdem das Ausbreiten von Feuersbrünsten eindämmte. Hasard schritt an ihm vorbei, erklomm die Hauptwanten und enterte zu Bill in den Großmars auf.

      Arwenack, der Schimpanse, leistete dem Jungen dort oben Gesellschaft. Der Affe rückte bei Hasards Erscheinen respektvoll zur Seite, hob die Augenbrauen, furchte die Stirn und beobachtete mit wachsender Besorgnis, wie der Kapitän und der Moses nach Backbord blickten und sich unterhielten. Ärger würde es geben, das hatte auch Arwenack bereits begriffen. Er stellte sich sozusagen seelisch darauf ein. Wenn es ganz hart kam, würde er sich unter Deck verkriechen, aber nur im äußersten Notfall.

      Von dem Viermaster, der den beiden anderen Schiffen voraussegelte, war jetzt etwas mehr zu erkennen. Hasards Blick durchs Spektiv wanderte an den Masten und Rahen und am Rigg der Galeone auf und ab. Erinnerungen wurden in ihm wach, und sein Herz schlug plötzlich schneller.

      „Ich habe keinen Zweifel mehr, Bill“, sagte er.

      Bill, der von den Ereignissen im Haus der Brancates und von Alvaro Monfortes Schilderungen noch keinen genauen Bericht vernommen hatte, erwiderte: „Sie meinen – Sie haben das Schiff erkannt, Sir?“

      „Ja. Es ist die ‚Candia‘.“

      „Die Galeone des Hetzers“, sagte der Schiffsjunge. „Allmächtiger, da können wir aber wirklich auf ein heißes Gefecht gefaßt sein, Sir. Da werden die Fetzen fliegen.“

      „Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen. Wir haben zwar die denkbar ungünstigste Position, falls die Kerle uns hier aufstöbern und das Feuer auf uns eröffnen, aber wir werden ihnen trotzdem eine Überraschung bereiten, Bill, das schwöre ich dir.“

      „Und dann wagen wir den Durchbruch, nicht wahr?“

      „Mit Todesverachtung, jawohl.“

      „Sir, ich wünsche diesem Kommandanten do Velho und seinen Leuten, daß sie sich vor Schreck die Hosen vollmachen, sobald sie uns zu Gesicht kriegen“, sagte der Moses.

      Hasard mußte lachen, obwohl ihm nicht gerade danach zumute war. „Ein wirklich frommer Wunsch, Junge, aber ich habe meine Zweifel, daß er in Erfüllung geht.“

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