Seewölfe - Piraten der Weltmeere 319. Roy Palmer

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 319 - Roy Palmer


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uns ein verwandtschaftliches Verhältnis. Ich bitte Sie daher, mich nicht Kapitän Killigrew, sondern schlicht und einfach Hasard zu nennen.“

      „Gut“, erwiderte sie. „Das aber nur, wenn Sie es annehmen, Gisela zu mir zu sagen.“

      Sie gaben sich die Hände, und danach wandte sie sich den anderen Männern zu. Lange Zeit brachte sie nicht, um sich die Herzen der Seewölfe zu erobern. Philip junior und Hasard junior mußten ihr jeden einzelnen vorstellen, denn dazu war in der letzten Nacht ja kaum Gelegenheit gewesen.

      Nils Larsen dolmetschte fleißig. Die Begrüßung setzte sich vom Achterdeck zum Hauptdeck fort – Gisela von Lankwitz wollte sich bei jedem Seewolf für die Befreiung bedanken, auch bei jenen, die bei dem Unternehmen auf dem Gut der Saxingens nicht mit dabeigewesen waren.

      Sie war von ihrem Wesen her völlig unkompliziert und dennoch voller Charme, so daß manchen der Männer das große Seufzen befiel. Dieser Arne von Manteuffel, der Vetter ihres Kapitäns, war ein Glückspilz, eine solche Frau heiraten zu können.

      Erstaunlich war auch, daß Gisela von Lankwitz es wirklich verstand, allein durch ihr Auftreten den Männern das Fluchen abzugewöhnen. Alle bemühten sich darum, sich möglichst gescheit und gewählt auszudrücken.

      Dem Kutscher fiel dies nicht schwer, er hatte sofort die passenden Worte bereit, als sie vor ihn hintrat und auch ihm lächelnd die Hand schüttelte. Auch Männer wie Stenmark, Gary Andrews oder Sam Roskill meisterten ihre Sache souverän.

      Das große Grinsen ging eigentlich erst an Bord um, als Hasards Söhne mit der Freiin und Nils Larsen auf den Profos zuschritten, dem in diesem Augenblick bewußt wurde, daß er vergessen hatte, sich eine neue Pelzmütze zu besorgen. Schon wollte er sich am Kopf kratzen, zuckte jedoch zusammen, weil er sich rechtzeitig darauf besann, daß er jetzt ja eine Glatze hatte, also keine Haare mehr, in denen „Läusekolonien angemustert hatten“, wie er manchmal scherzhaft zu behaupten pflegte.

      Carberry versuchte, dem Seewolf die gekonnte Verbeugung nachzuahmen, aber er glitt dabei fast auf den Planken aus. Er grinste, griff vorsichtig nach ihrer ausgestreckten Hand und drückte sie nur ein bißchen, um sie ja nicht zu zerquetschen.

      „Fein, daß Sie hier sind, Lady“, sagte er dann. „Schönes Wetter heute, was, wie?“ Er deutete zum bewölkten Himmel hoch.

      Das erstickte Glucksen, das er im selben Augenblick hinter seinem Rücken vernahm, stammte von Blacky, der sich ein lautes Losprusten nur noch mit größter Mühe verkneifen konnte.

      Carberry aber ignorierte es. Er grinste Gisela von Lankwitz mit leicht entblößten Zähnen an und sah zum Fürchten aus. Jeder etwas schreckhafte Mensch hätte jetzt unverzüglich vor ihm die Flucht ergriffen.

      2.

      Nicht so Gisela Freiin von Lankwitz. Sie hörte wieder der Übersetzung von Nils Larsen zu, legte den Kopf ein wenig schief und lächelte, als sie vernahm, daß dies Edwin Carberry, der Profos der „Isabella IX.“ sei.

      „Ich bin erfreut, Sie kennenzulernen, Herr Carberry“, sagte sie. „Ich werde nie vergessen, wie Sie heute nacht auf dem Gut der Saxingens für mich gekämpft haben.“ Ja, sie vermochte diesem narbigen, glatzköpfigen Ungeheuer sogar noch etwas Sympathisches abzugewinnen. Richtig vergnügt sah sie aus und schien vorzuhaben, sich auf einen längeren Plausch mit dem Profos einzulassen.

      Er aber wurde richtig verlegen. Wieder probierte er es mit einem Kratzfuß, aber der mißlang auch.

      „Lady“, sagte er mit leicht heiserer Stimme. „Das, äh – ganz meinerseits. Ich meine, so was könnten wir jederzeit wiederholen. Nein, verstehen Sie das nicht falsch. Nicht, daß ich will, daß Sie noch mal von so einem Kerl, wie diesem Hugo, so einem Af …, ach, was sage ich denn? Wir, also, die Männer der ‚Isabella‘, würden Sie überall raushauen, das wollte ich sagen.“ Er war ins Schwitzen geraten und blickte zu Nils Larsen, der nun ebenfalls in die Bredouille geriet.

      „Soll ich das alles so übersetzen, Ed?“ fragte er.

      „Dem Wortsinn nach, du Hirsch.“

      Nils tat sein Bestes, und diesmal lachte die Freiin silberhell auf. „Es ist schön zu wissen, daß Arne solche tapferen Freunde hat. Was geschehen wäre, wenn Sie nicht aufgetaucht wären, als die von Saxingens ihr Gelage abhielten, wage ich mir nicht auszumalen.“

      „Schwamm drüber“, sagte der Profos. „Der Fall ist erledigt, und der Drecksack Hugo sitzt mit dem A … Achtersteven im Elchgeweih.“

      „Wir können die Angelegenheit vergessen, sie ist bereinigt“, übersetzte Nils.

      Smoky, der nicht weit von Carberry entfernt stand, räusperte sich ein wenig.

      „Gewählter sollst du dich ausdrükken, Ed“, sagte er.

      „Tu ich das denn nicht?“

      „Herr Carberry“, sagte die Freiin nun. „Welche Funktion haben Sie eigentlich an Bord der ‚Isabella‘?“

      „Ich bin der Profos“, erwiderte Carberry. „Der Zuchtmeister. Wenn die Kerle nicht parieren, ziehe ich ihnen die Haut in Streifen … nun, ich habe dafür zu sorgen, daß die Disziplin gewahrt wird.“

      „Aber warum haben Sie – wenn es keine indiskrete Frage ist – im Gegensatz zu den anderen Männern keine Haare mehr auf dem Kopf?“ erkundigte sie sich interessiert.

      Carberry erklärte ihr auch dies, sehr zur Erheiterung der anderen Männer. Der Profos deutete wieder einen Kratzfuß an, der diesmal gar nicht so ungeschickt ausfiel, und dann fing er an, Süßholz zu raspeln. Er wies darauf hin, daß Arne von Manteuffel mit seiner Verlobten eine glückliche Wahl getroffen habe, daß die Freiin ein reizendes Geschöpf sei und anderes mehr.

      Jetzt verging der Crew das Grinsen. Keiner hätte erwartet, daß Carberry doch so galant sein könne. Und überhaupt, Hasard brauchte keine Bedenken zu haben. Seine Arwenacks entpuppten sich nach und nach einer wie der andere als vollendete Gentlemen und ritterliche Kavaliere.

      Dies veranlaßte Big Old Shane zu einem trockenen Kommentar. „Zur Zeit geht es an Bord der ‚Isa‘ zu wie am Hof der königlichen Lissy“, sagte er. „Kaum zu fassen ist das.“

      Ja, hier geschah wirklich Unfaßbares. Die Freiin von Lankwitz hatte sich die Herzen der Seewölfe im Sturm erobert – aber auch umgekehrt war dies der Fall. Die junge Frau hörte nicht mehr auf, mit den Männern zu plaudern, fand immer wieder neue Themen, die es wert waren, angeschnitten zu werden. Und das war wahrhaftig einmal etwas anderes als die gewöhnliche Bordroutine, bei der freundliche oder weniger freundliche Ruppigkeiten zum normalen Verkehrston gehörten.

      Für einen eher peinlichen Auftritt sorgte allerdings Sir John, der plötzlich aus der Kombüse hervorflatterte und ein paar Runden über dem Hauptdeck drehte. Er ließ demonstrativ etwas fallen und krächzte: „Affenärsche – Rübenschweine – klar bei Lunten – fier weg das Ding – du Hundesohn …“

      „Sir John!“ rief der Profos erbost. „Halt sofort den Schnabel! Komm runter! Das ist ein Befehl!“

      „Das ist ein Befehl – das ist ein Befehl!“ krakeelte der Papagei.

      Die Freiin von Lankwitz stieß beim Anblick des karmesinroten Aracangas jedoch einen jauchzenden Laut des Entzückens aus. „Der ist ja niedlich! Ist er richtig zahm? Was sagt er denn?“

      „Er schimpft“, erwiderte Nils Larsen. „Was er im einzelnen von sich gibt, kann ich Ihnen aber leider nicht übersetzen.“

      „Ach so, ich verstehe schon“, sagte sie amüsiert. Dann ließ ihr Interesse an Sir John etwas nach, denn sie hatte Plymmie, die Wolfshündin, auf der Back entdeckt.

      Wenig später zeigten die Männer ihr auch Arwenack, den Schimpansen, der sich bislang auf der Galion verkrochen hatte. Er war beleidigt und auch ein bißchen eifersüchtig, denn seit dem Erscheinen der Lady an Bord kümmerte sich keiner mehr so recht um ihn.

      Aber


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