Seewölfe Paket 16. Roy Palmer

Seewölfe Paket 16 - Roy Palmer


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Sein Blick ruhte prüfend auf dem Gesicht des etwas hochnäsigen Lieutenants.

      „Die Backpfeifen, die sich Schweden und Dänen gegenseitig versetzen, interessieren mich nicht“, fuhr er fort. „Wie ich Ihnen schon sagte, Lieutenant, bin ich nicht bereit, den Sundzoll doppelt zu bezahlen. Holen Sie sich meinetwegen die achtzig Silbertaler bei diesem Aage Svensson ab. Ich halte es von meinem Rechtsempfinden her für reichlich unbillig, dem Geschädigten noch einmal in die Tasche zu greifen. Da macht es sich Ihre Behörde wirklich etwas zu bequem. Statt vor der eigenen Tür zu kehren und den Betrügern das Handwerk zu legen, hält man sich an den Betrogenen. Und das ist führwahr kein schöner Zug, vor allem deswegen nicht, weil ich aus einem solch befremdenden Verhalten schließen muß, daß Dänemark keinen allzu großen Wert darauf legt, mit England freundschaftliche Beziehungen zu pflegen.“

      Der Lieutenant kriegte langsam rote Ohren, sein Blick verdüsterte sich. Dieser englische Kapitän riskierte eine ziemliche Lippe. Und im Grunde genommen hatte dieser große, schwarzhaarige Mann sogar recht, aber trotzdem wurmte es ihn, wenn man ihm so kraß die Meinung sagte. Schließlich war es nicht seine persönliche Schuld, daß man den schwedischen Schnapphähnen bisher nicht das Handwerk gelegt hatte.

      „Verallgemeinern Sie die Angelegenheit nicht etwas, Kapitän?“ fragte er schließlich frostig.

      „Überhaupt nicht“, erwiderte der Seewolf. „Ich gehe nur von Tatsachen aus. Wenn ich mich hier umblicke, sehe ich zum Beispiel zwölf sehr gut bestückte Schaluppen. Sollten die nicht besser auf die Jagd nach Aage Svensson gehen, statt sinnlos hier herumzulungern? Man fühlt sich – obwohl man dem Gesetz Genüge getan und seine Abgaben entrichtet hat – wie das Aas, auf das die Geier lauern. Zwölf Schaluppen werden eingesetzt, um einem englischen Handelsfahrer zum zweiten Male in die Tasche zu greifen! Ich finde das ziemlich unverschämt, Lieutenant!“

      In dem Dänen kochte es. Sein blonder Oberlippenbart zuckte verdächtig. Kein Wunder, er fühlte sich abgekanzelt wie ein kleiner Junge, den die Mutter beim Naschen erwischt hat und eine Standpauke hält. Trotzdem schluckte er krampfhaft einen Großteil seiner Wut herunter, denn irgendein unbestimmtes Gefühl sagte ihm, daß es nicht ratsam sei, sich mit diesem stahlharten englischen Kapitän anzulegen. Was nutzten da die zwölf Schaluppen! Wenn es krachte, dann war er als erster an der Reihe, denn er stand schließlich an vorderster Front. Also mußte er sehen, wie er die Angelegenheit möglichst auf gütlichem Weg ins reine brachte.

      „Sie urteilen hart, Kapitän Killigrew“, sagte er daher. „Meiner Meinung nach etwas zu hart, obwohl ich Ihnen in dem einen oder anderen Punkt wohl oder übel recht geben muß. Aber Sie müssen auch verstehen, daß ich nicht gegen meine Vorschriften handeln kann. Mein Auftrag lautet, den Sundzoll zu kassieren oder Sie zum Ankern im Hafen von Helsingör zu veranlassen. Es liegt ganz einfach nicht in meiner Macht, Sie passieren zu lassen …“

      „Und was liegt in Ihrer Macht?“ unterbrach ihn Hasard.

      Der Lieutenant wirkte plötzlich verlegen. Er wich der Frage des Seewolfs aus und trat nervös von einem Fuß auf den anderen.

      „Ich werde die Angelegenheit unverzüglich dem vorgesetzten Hafenkapitän vortragen“, sagte er dann. „Bis zur Klärung muß Ihr Schiff allerdings hier liegenbleiben, darauf muß ich Sie hinweisen.“

      „Bitte sehr“, sagte Hasard kühl.

      8.

      Trotz der Februarkälte wirkte das Wetter jetzt um die Mittagszeit ausgesprochen freundlich. Die Sonne zeigte sich von ihrer großzügigen Seite und überschüttete den Öresund mit gleißendem Licht. Das Wasser war verhältnismäßig ruhig, die Wellen kräuselten sich und bildeten kleine, weiße Schaumkronen.

      Die Dänen ließen sich Zeit. Die Stunden verrannen, angezeigt durch das halbstündige Glasen der Schiffsglocke. Es ging bereits auf den Nachmittag zu, als sich vom Hafen her eine größere Jolle näherte.

      „Aha, jetzt kriegen wir wohl endlich Besuch“, knurrte Old Donegal, der am Schanzkleid der „Isabella“ lehnte und die wärmenden Sonnenstrahlen genoß. „Der Lieutenant mußte wohl erst warten, bis der Hafenkapitän seinen Mittagsschlaf beendet hat.“

      „Ach was!“ brummte Edwin Carberry ruppig. „Der hat bestimmt erst einige Schlampen aus seiner Koje gejagt.“

      Der Profos hockte schon eine ganze Weile auf einer Taurolle und beäugte mißmutig die vier dänischen Schaluppen, die zurückgeblieben waren, um einen „Durchbruch“ der Galeone zu verhindern.

      Hasard winkte ab.

      „Wahrscheinlich haben die erst ein großes Palaver über ihr weiteres Vorgehen abgehalten“, sagte er. „Ich hoffe doch, daß ich dem Lieutenant deutlich genug erklärt habe, was ich von der Sache halte.“

      Der Seewolf war nach wie vor verärgert – einmal, weil er diesem Schlitzohr Aage Svensson aufgesessen war, und zum anderen, weil die Dänen unbedingt auf ihrem verdammten Sundzoll beharrten und seiner Meinung nach viel zu faul und zu bequem waren, dem Betrüger das Handwerk zu legen.

      Die Jolle hielt direkt auf die „Isabella“ zu und schor schließlich längsseits.

      „Man sollte die Aasgeier gleich von der Jakobsleiter fallen lassen“, schlug der übelgelaunte Profos vor. „Wenn die ihre Strohköpfe erst abgekühlt haben, denken sie vielleicht vernünftiger.“

      „Schluck’s lieber runter, Ed“, sagte der Seewolf. „Damit würden wir uns nur noch mehr Ärger einhandeln. Zunächst müssen wir mit den Dänen verhandeln. Irgendwie wird sich das Problem schon aus der Welt schaffen lassen.“

      Edwin Carberry schickte abermals einen seiner gottergebenen Blicke gen Himmel und schluckte dann tatsächlich, als habe er soeben eine neue Rumsorte ausprobiert.

      Der Lieutenant und der Hafenkapitän enterten an Bord. Außerdem vier der sechs Soldaten, die zur Besatzung der Jolle gehörten.

      Der Hafenkapitän war ein dicklicher Mann mit einer riesigen Knollennase und kleinen, listigen Augen. Seine Blicke huschten flink über die Kuhl der „Isabella“ – offensichtlich, um sich einen ersten Eindruck von Schiff und Besatzung zu verschaffen.

      Dann erst ließ er sich durch den Lieutenant dem Seewolf vorstellen, der sich seinerseits über die plötzliche Aktivitäten Edwin Carberrys wunderte, der eifrig an der Nagelbank des Großmastes herumhantierte.

      Was, zum Teufel, will Ed mit all den Belegnägeln, die er sich auf die Arme packt? fragte sich Hasard. Aber eine einleuchtende Antwort fiel ihm beim besten Willen nicht ein. Außerdem hatte er keine Zeit mehr, sich damit zu befassen, weil er sieh einem „hohen“ Besuch widmen mußte.

      Nils Larsen mußte wiederum als Dolmetscher amtieren.

      „Nun, Kapitän Killigrew“, begann der Hafenkapitän mit einem süßlichen Lächeln, „der Lieutenant hat mir von dem Vorfall mit Aage Svensson berichtet. Ich bedaure die Sache außerordentlich, aber Sundzoll ist eben Sundzoll und muß gemäß der Order des dänischen Königs erhoben werden. Und soweit ich mich erinnere, hat sich auch England verpflichtet, diese Gebühr zu entrichten.“

      Hasards eisblaue Augen blitzten zornig.

      „Ganz recht, Sir! Und aus eben diesem Grunde habe ich für meine leeren Schiffsräume ganze achtzig Silbertaler an diesen Aage Svensson bezahlt, der sich mir gegenüber glaubhaft als Beauftragter der Zollbehörde ausgewiesen hat. Das ist fürwahr ein stolzer Preis dafür, daß man den Öresund durchsegeln darf.“

      „Es tut mir leid, Kapitän“, sagte der Dicke, „aber dieses Geld ist nicht in die Kasse des Königs geflossen, sondern in die Hände eines Betrügers.“

      „Dann zwingen Sie bitte diesen Betrüger, das Geld an Sie abzuliefern! Ich weigere mich jedenfalls, den Sundzoll ein zweites Mal zu entrichten.“

      Der Hafenkapitän lächelte abermals sein süßliches Lächeln.

      „Ich bewundere Ihren Mut, Kapitän Killigrew. Immerhin stehen mir genug Schiffe zur Verfügung,


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