Seewölfe - Piraten der Weltmeere 343. Davis J.Harbord

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Bettdecke zerren wollte, he?“

      Nils Larsen peilte zum Großsegel hoch, das unverändert gut stand, und sagte: „Sir, ich werde dir ewig dankbar sein, daß du mich davor bewahrt hast. Aber bei diesen Ladys von der Pirateninsel bin ich mir nicht ganz so sicher, ob du das noch einmal schaffen würdest, sollte eine von ihnen die gleichen Absichten wie Greta Elvström haben.“

      Hasard starrte ihn an. Dann feuerte er die rechte Faust in die linke Handfläche, daß es wie ein Pistolenschuß krachte, fuhr zu Ben herum und blaffte: „Da hast du es! Hast du’s gehört, was dieser Ochse sagte?“

      Ben Brighton verbiß sich ein Grinsen und sagte: „Klar hab ich’s gehört – und versteh’s sogar, wenn ich an Greta Elvström denke. An der war doch nun wirklich nichts dran. Sei mal ehrlich. Da würde ich auch jedes dieser sechs Mädchen der hageren Bohnenstange Greta vorziehen.“ Er spähte voraus zur Back. „Sind doch hübsch anzusehen, diese sechs Ladys – vor allem Ilaria!“

      Hasard zuckte zusammen und bedachte seinen Ersten Offizier mit einem vernichtenden Blick. „Fängst du auch schon an, Mister Brighton?“

      Ben Brighton schaute betont harmlos drein. „Mit was soll ich anfangen, Sir?“ Er zog dabei ein bißchen die linke Augenbraue hoch.

      „Tu bloß nicht so, du alter Schurke!“ knurrte Hasard. „Du weißt genau, was ich meine. Wenn wir hier vom Achterdeck anfangen, wegen dieser sechs Grazien herumzuturteln, dann können wir uns einsargen lassen und vergessen, daß es mal eine ‚Isabella‘-Crew gab.“

      „Ah ja“, sagte Ben Brighton und kratzte sich am rechten Ohr.

      „Ah ja!“ höhnte Hasard. „Und was noch?“

      Ben Brighton verschluckte eine Antwort, weil Old O’Flynn aufs Achterdeck stiefelte, sich an der Querbalustrade aufbaute, nach vorn zur Back spähte, die Augen zusammenkniff, sich räusperte und sagte: „Ein erfreulicher Anblick heute morgen, das läßt einen gleich zehn Jahre jünger werden!“ Und er atmete tief durch und reckte den Brustkorb.

      „Zehn Jahre!“ sagte Hasard erbittert. „Bei dir doch mindestens vierzig Jahre!“

      „Wie?“ Old O’Flynn drehte sich zu ihm um. „Was meintest du?“ Er schob den Kopf etwas vor und beäugte Hasard. „Wohl mit dem verkehrten Bein aufgestanden, wie? Oder hat dir Ilaria einen Korb gegeben?“

      Hasard schaffte es, nicht zu platzen, auch wenn’s ihm schwerfiel. Er schnaufte nur ein bißchen und erwiderte: „Weder – noch, Mister O’Flynn. Ich bin mit beiden Beinen aufgestanden, wie ich das immer tue. Und deine Bemerkung mit dem Korb war geschmacklos, wenn ich bedenke, daß du der Vater meiner Frau Gwendolyn bist. Du solltest mir einen besseren Geschmack zutrauen, verehrter Schwiegervater, jedenfalls an Gwen gemessen!“

      Da kriegte es der Alte mal wieder Vierkant zwischen die Hörner. Dementsprechend lief er auch rot an und schnappte nach Luft. Als er sie hatte, donnerte er: „Da hört sich doch alles auf!“

      „Ja“, sagte Hasard, „da hast du recht. Der Spaß hat genau dort ein Ende, wo ein alter Kerl wie du anfängt, dummes Zeug zu reden und taktlos zu werden. Nimm bitte zur Kenntnis, daß dein Schwiegersohn Philip Hasard Killigrew noch nie hinter Huren hergestiegen ist. Infolgedessen kann ihm eine gewisse Ilaria auch keinen Korb gegeben haben.“ Erst jetzt wurde Hasards Stimme scharf. „Noch so eine Bemerkung, Mister O’Flynn, und du darfst dir dort drüben an Land die Füße vertreten und bis ans Ende deines Lebens darüber nachdenken, ob es nicht besser gewesen wäre, das Maul zu halten. Auch als Vater von Gwendolyn Bernice O’Flynn hast du nicht das Recht, mich zu beleidigen!“

      Hasard reagierte selten so scharf, und dieses Mal zog Old Donegal den Kopf ein. Er begriff, daß er zu weit gegangen war.

      Darum sagte er: „Entschuldigung, ich hatte es nicht so gemeint und auch nicht die Absicht, dich zu beleidigen. Es ist mir eben so rausgerutscht. Aber daß du schlechte Laune hast, wirst du ja wohl nicht ableugnen.“

      „Schon gut“, brummte Hasard, „vergessen wir’s. Was mich interessieren würde: hattet ihr auf eurer ‚Empress of Sea‘ mal Frauen an Bord?“

      „So was gab’s bei uns nicht!“ erwiderte der Alte fast empört. „Weiber an Bord bringen Unglück …“ Er verstummte abrupt, schielte zur Back und murmelte: „Ach so.“

      „Genau“, sagte Hasard und hatte sein Gleichgewicht wiedergefunden. „Das ist nämlich mein Problem – eures allerdings auch. Nur begnügt ihr euch damit, herumzubalzen oder den Anblick dieser Ladys erfreulich zu finden, während ich darüber nachdenke, wie ich diese sechs Pulverfässer wieder loswerden kann. Denn das sind Pulverfässer, hol’s der Teufel!“

      „Hm, da hast du recht“, sagte Old O’Flynn und legte die Stirn in Falten, so daß sein Gesicht mit den vielen Runzeln noch zerknitterter wirkte. Wie ein zu groß geratener Wurzelzwerg sah er aus. „Ich hab’s!“ rief er dann und verkündete: „Wir nehmen sie mit zur Schlangen-Insel. Ganz einfach.“

      „Und die ganze Zeit bleiben sie hier an Bord, wie?“ fragte Hasard. „Dabei wissen wir noch gar nicht, wann wir wieder zur Schlangen-Insel zurücksegeln werden. Jedenfalls wird das erst dann sein, wenn wir Tamaos und Asiagas Stamm gefunden haben. Da steht uns sowieso noch allerlei bevor. Aber ganz davon abgesehen: ich persönlich bin nicht dafür, diesen sechs Frauenzimmern auf der Schlangen-Insel ein neues – äh – Tätigkeitsfeld zu bieten. Soll da vielleicht ein Bordell eröffnet werden?“

      Old O’Flynn kratzte sich am Hinterkopf und sagte ein zweites Mal: „Ach so!“ Und dann grinste der alte Knochen und meinte: „Warum eigentlich nicht?“

      Hasard schickte einen gottergebenen Blick in den blauen Himmel.

      Dafür sagte Ben Brighton zu Old O’Flynn: „Und du übernimmst die Oberaufsicht in dem Etablissement, wie?“

      „Ich bin zu allen Opfern bereit“, erklärte Old O’Flynn mit Würde. Dieser Heuchler!

      Inzwischen waren auch Hasards Söhne auf dem Achterdeck erschienen und lauschten mit großen Ohren.

      Hasard bemerkte sie erst jetzt und sagte prompt: „Ab in die Kombüse, ihr beiden!“

      Sie trollten sich und waren dabei am Maulen, weil sie zu gerne noch mehr gehört hätten. Offenbar wurde über Ladys ganz allgemein, aber auch im besonderen gesprochen, wobei von einem Etablissement die Rede gewesen war.

      Mac Pellew, inzwischen wieder beim Kutscher in der Kombüse, wurde das Opfer ihrer Fragerei.

      „Was ist ein Etablissement, Mister Pellew?“ erkundigte sich Hasard junior.

      „Äh …“, sagte Mac Pellew und verstummte wieder, weil sich der Kutscher laut räusperte. „Ist was?“ fragte er.

      „Nein“, sagte der Kutscher etwas barsch. „Sieh zu, daß die fertigen Omelettes warm gehalten werden. Ich bin noch nicht ganz durch mit den Dingern.“ Er klatschte einen Teig in eine Pfanne, in der bereits Speckwürfel gebraten wurden. Es zischte und dampfte. Und es duftete angenehm.

      Hasard junior blieb hartnäckig, eine Eigenschaft, die auch Philip junior auszeichnete.

      „Mister Pellew“, sagte also Hasard junior, „was ist ein Etablissement?“

      Der Kutscher zog beide Augenbrauen hoch und schob die Pfanne über dem Holzkohlenfeuer hin und her.

      Mac Pellew registrierte das und sagte etwas tückisch: „Was das sein soll, weiß ich nicht. Fragt doch mal den Kutscher!“

      „Ich brate jetzt Omeletten“, sagte der Kutscher – in der Hoffnung, die Fragerei damit beenden zu können.

      Nichts da! Philip junior fragte: „Weißt du, was ein Etablissement ist, Mister Kutscher, Sir?“

      Der Kutscher schwuppte die Pfanne hoch, das Omelette überschlug sich in der Luft und klatschte in die Pfanne zurück. Dann verlegte er sich auf die alte Taktik, eine Frage mit einer Gegenfrage zu beantworten.

      „Könnt ihr mir mal verraten, warum ihr das


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