Seewölfe - Piraten der Weltmeere 343. Davis J.Harbord

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 343 - Davis J.Harbord


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und sie knicksten, wenn sie sich ein Omelette vom Holzteller nahmen. Und sehr manierlich hielten sie gleich eine Hand unter die andere, damit kein Fett auf die Planken tropfte.

      Daß sie ihn anhimmelten, übersah er keineswegs, auch wenn ihm das nicht so ganz geheuer war. Einen Kapitän, dachte er, himmeln die immer an, das ist nun mal so. Er wußte zu wenig von sich selbst, um zu erkennen, daß die sechs Ladys in diesem Fall bei ihm auf etwas ganz anderes reagierten. Er hätte auch ein Bettler sein können, kein Kapitän oder Admiral oder gar König. Nein, es waren schlicht sein Charme, die Anmut seiner Ungezwungenheit, die Geradheit seiner Haltung, die so stark auf die Ladys wirkten.

      Das ist ein Mann! dachten sie alle. Ein Mann ohne Fehl und Tadel – ein Herr. Daß er dabei auch noch gut aussah mit seinem verwegenem, scharfgeschnittenem Gesicht und den Augen von diesem intensiven Blau, das durch das Tiefbraun der Haut noch gesteigert wurde, das verwirrte die Ladys noch mehr, zumal ihnen Männer dieser Art auf der Pirateninsel oder früher im heimatlichen Spanien noch nicht begegnet waren.

      „Ich wünsche allerseits guten Appetit“, sagte Hasard lächelnd und verneigte sich leicht.

      Die Ladys verneigten sich ebenfalls und knicksten wieder. Das bißchen Rot auf ihren Gesichtern vertiefte sich. Auch der Glanz in ihren Augen wurde stärker.

      Auf dem Achterdeck murmelte Ben Brighton, der das alles beobachtete: „Sie schmelzen dahin wie Schnee in der Sonne.“

      „Du sagst es“, bestätigte Old O’Flynn und grinste vor sich hin. Das war schon ein Kerl, sein Schwiegersohn. Aber er würde sich eher die Zunge abbeißen, als das laut zu verkünden.

      Vorn auf der Back sagte indessen Hasard: „Nun eßt schon, Kinder, und laßt die Dinger nicht kalt werden.“ Er nahm sich selbst ein Omelette und biß hinein, weil er gemerkt hatte, daß sich die Ladys zierten, in seiner Gegenwart zu futtern.

      So wurde denn geschmaust, und das Eis war gebrochen. Jetzt auch konnte er das Problem ansprechen, das durch die Anwesenheit der Ladys an Bord entstanden war und irgendwie gelöst werden mußte.

      Er blieb bei der Anrede „Kinder“, die nicht so förmlich klang und auch mit Kichern quittiert worden war. Im übrigen unterstrich das seinen Status als „Vater“, um nicht von vornherein als Liebhaber betrachtet zu werden. Das war Diplomatie.

      „Sagt mal, Kinder“, eröffnete er das Gespräch, „habt ihr schon über eure Zukunft nachgedacht? Ich meine, ihr seid ja keine Seeleute, sonst könnten wir euch in die Crew übernehmen, nicht wahr?“

      Erneutes Kichern bei den Ladys. Die Vorstellung, künftig als Seemann an Bord zu fahren, erregte Heiterkeit.

      Juanita rief begeistert: „Oh, ich bleibe gern an Bord!“ Und Kapitän Killigrew wurde mit Glutblicken von ihr bedacht.

      Ilaria, der das nicht entging, fuhr sie an: „Dumme Gans! Wie stellst du dir das vor, he? Willst du da oben in den Masten herumturnen oder hier unten die schweren Kanonen bedienen?“

      „Sehr richtig“, sagte Hasard bedächtig. „So sehe ich das auch. Kommt hinzu, daß eure spanischen Landsleute nicht gut auf uns zu sprechen sind. Um ehrlich zu sein: sie sind hinter uns her wie der Hund hinter der Wurst. Warum das so ist, mag ich jetzt nicht näher erläutern. Nun gut, die ‚Isabella‘ ist ein schnelles und wendiges Schiff, so daß wir meistens ausreißen können. Aber wenn sie uns mal erwischen – damit müssen wir rechnen –, dann hauen sie drauf und werden keine Rücksicht darauf nehmen, daß ihr hier an Bord seid. Ich kann ihnen ja leider auch nicht sagen, sie sollten darauf verzichten, auf uns zu schießen, weil sie euch treffen könnten. Gleiches gilt für den Fall, wenn wir wieder Schnapphähnen wie Mardengo begegnen sollten. Da würdet ihr vom Regen in die Traufe geraten. Und ich schätze, ihr habt von solchen Kerlen die Nase voll.“

      Sie nickten, und Ilaria sagte seufzend: „So wohl wir uns bei euch fühlen – ich glaube, es ist besser, wenn ihr uns an Land setzt.“

      Hasard atmete im stillen auf. Genau das war seine Absicht gewesen, nur hatte er nicht mit der Tür ins Haus fallen wollen. Die elegantere Lösung war, die Ladys dahin zu bringen, daß sie das selbst vorschlugen – und das hatte er geschafft.

      Jetzt konnte er so tun, als erwäge er den Vorschlag Ilarias.

      „Hm-hm“, sagte er und mimte vollendet den Nachdenklichen, „wenn ich mir das so überlege, wäre das wirklich besser, bevor was Unvorhergesehenes passiert und wir in ein Gefecht schlittern, daß uns aufgezwungen wird. An und für sich sind wir nämlich friedliche Pilger …“ Hasard verstummte, weil er sich dabei erwischte, die berühmte Redewendung Ed Carberrys zu benutzen, die er stets anzuwenden pflegte, wenn er einen Landgang in irgendeinem Hafen anpeilte. Da redete der gute Ed auch immer von „friedlichen“ oder „frommen Pilgern“, die kein Wässerchen trüben könnten und jedem Streit aus dem Wege gingen, obwohl dann stets das genaue Gegenteil eintrat.

      Hasard seufzte, und die Ladys seufzten mit, weil sie dachten, der Kapitän werde bereits von Abschiedsschmerz geplagt. Sie selbst trennten sich ja auch höchst ungern von ihm und seinen so vortrefflichen Mannen, die alle so höflich und zuvorkommend waren, ganz anders als diese rüden und versoffenen Rabauken Mardengos. Aber eine Trennung mußte wohl sein, wahrhaftig, denn das Seemannshandwerk war nicht ihr Metier, beileibe nicht, obwohl sie ja viel mit den Männern vom Meer zu tun hatten, nicht wahr? Aber das war eine andere Art von Tätigkeit.

      „An und für sich“, sagte Hasard mit einem Ton in der Stimme, der sein tiefstes Bedauern ausdrückte, „wäre es meine Pflicht, euch wohlbehalten nach Spanien zurückzubringen, aber eine solche Reise hatten wir nicht geplant, zumal wir hier in der Neuen Welt Handelsbeziehungen anknüpfen wollen. Da erhebt sich nun die Frage, wo wir euch an Land, setzen sollen.“ Er rieb sich die Nase. „Wüßtet ihr einen Platz? Eine Hafenstadt oder so etwas? In dieser Ecke der Welt sind wir nämlich noch nie gewesen.“

      Die Ladys sahen sich ratlos an. Da waren sie ebenfalls überfragt. Im Grunde genommen hatten sie keinen blassen Schimmer, wo sie sich befanden. Mardengos Piraten hatten sich wohlweislich gehütet, ihnen die genaue Lage der Pirateninsel zu erklären, von der aus sie relativ leicht auf das Festland von Florida hätten fliehen können – oder südwärts nach Habana auf Kuba, was tatsächlich ursprünglich ihr eigentliches Ziel gewesen war, als sie in die Neue Welt aufgebrochen waren.

      Hinzu kam außerdem, daß sie insgesamt nur sehr verschwommene Vorstellungen von diesem Teil der Erde hatten. Wer hätte ihnen das – schon in Spanien – auch erklären können! Und, wie gesagt, sie waren ja keine Seefahrer, die sich von Berufs wegen mit den fremden Ländern beschäftigen mußten. Und wenn sie ehrlich waren, mußten sie bekennen, daß ihnen die Lehre über die Gestalt der Erde und ihrer Länder herzlich gleichgültig war – Hauptsache, daß dort, wo sie tätig wurden, die Kasse stimmte. Das in der Neuen Welt schnell zu verdienende Geld hatte sie gelockt, sonst gar nichts.

      Ja, da war guter Rat teuer.

      Hasard schnippte mit den Fingern, weil er eine Idee hatte.

      Little Ross mußte her! Der hatte ja ständig, seit er an Bord war, herumgetönt, wie gut er sich dank seines früheren Kapitäns Wilbur Fogg in dieser Ecke auskenne.

      „Little Ross zu mir!“ befahl Hasard zur Kuhl hinunter.

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