Die Botschaft der Bhagavadgita. Sri Aurobindo

Die Botschaft der Bhagavadgita - Sri Aurobindo


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von jenem, der sich um Vollkommenheit bemüht, mag materiell und physisch sein (dravyayajña, wie jene, die vom hingebungsvollen Verehrer seiner angebeteten Gottheit geweiht wird), oder sie mag die Strenge seiner Selbst-Disziplin und die Energie seiner Seele sein, womit er ein erhabenes Ziel zu erreichen sucht, tapoyajña, oder sie mag eine Methode des Yoga sein (wie das Pranayama der Raja-Yogins und der Hatha-Yogins oder irgendein anderes yogayajña); oder es ist die Darbringung des Lesens und Wissens.

      4.29

       Andere wiederum, die sich der Atemkontrolle widmen, gießen, nachdem sie Prana (den einströmenden Atem) und Apana (den ausströmenden Atem) zurückgehalten haben, Prana als Opfergabe in Apana und Apana in Prana.

      4.30

       Andere schränken die Nahrungsaufnahme ein und gießen als Opfer die vitale Kraft ihres Lebens-Atems in den (allumfassenden) Lebens-Atem. Sie alle sind Wissende des Opfers und haben durch das Opfer ihre Sünde zunichte gemacht.

      Sie alle erstreben die Reinigung des Wesens. Jedes Opfer ist ein Weg zum Erreichen des Höchsten. Das einzig Notwendige, das in all diesen Variationen konstante heilvolle Prinzip besteht darin, die niederen Aktivitäten unterzuordnen, die Herrschaft des Begehrens zu mindern und es durch eine höhere Kraft zu ersetzen. Das rein egoistische Genießen muss hingegeben werden, um jene göttlichere Freude zu erlangen, die aus dem Opfer, aus der Selbst-Darbringung und aus der Selbst-Beherrschung entsteht, wenn wir unsere niederen Antriebe um eines größeren und höheren Zieles willen aufgeben. (121-22)

      4.31

       Wer den Nektar der Unsterblichkeit genießt, das Übriggebliebene vom Opfer, gelangt zum ewigen Brahman. Diese Welt gehört nicht dem, der kein Opfer leistet. Wie sollte er andere Welten gewinnen?

      Opfern ist das Gesetz der Welt und nichts kann ohne es erlangt werden, weder Herrschaft hier, noch der Besitz der Himmel des Jenseits, noch der allerhöchste Besitz. (122)

      4.32

       Darum werden all diese und noch viele andere Arten von Opfern im Mund des Brahman dargebracht (im Schlund jenes Feuers, das alle Opfergaben empfängt). Nun musst du aber verstehen, dass all diese aus dem Wirken entstehen. Indem du dies verstehst, wirst du frei.

      Sie alle sind Mittel und Formen des einen großen Seins in Aktivität. Sie sind Mittel, durch die das Wirken des menschlichen Wesens Jenem dargebracht werden kann, von dem sein äußeres Sein ein Teil und mit dem sein inneres Selbst geeint ist. Sie alle entstehen aus der einen gewaltigen Energie des Göttlichen und werden durch sie geweiht, die sich selbst im universalen karma manifestiert. Sie macht alle kosmische Aktivität zu einer fortschreitenden Darbringung an das eine Selbst, und Herrn. Die letzte Stufe dieses Opferns ist für das menschliche Wesen die Erkenntnis des Selbstes und der Besitz des göttlichen Bewusstseins, des Brahman-Bewusstseins. In der Reihenfolge dieser verschiedenen Formen des Opfers gibt es aber Abstufungen, von denen die physische Darbringung die niederste, das Opfer der Erkenntnis die höchste ist. (122)

      4.33

       Das Opfer der Erkenntnis, O Parantapa, ist von höherem Wert als jegliches materielle Opfer. Denn es ist das Wissen, worin alles Handeln seinen Höhepunkt erreicht (nicht irgendein niederes Wissen sondern das höchste Wissen vom Selbst und das Wissen von Gott), O Partha.

      4.34

       Erlerne dies durch Ehrerbietung zu Füßen des Lehrers, durch Fragen und Dienen. Die Menschen des Wissens, die die wahren Prinzipien der Dinge gesehen haben (nicht jene, die nur durch den Verstand erkennen), werden dich im Wissen unterweisen.

      4.35

       Wenn du jenes Wissen erworben hast, O Pandava, sollst du nicht wieder in die Unwissenheit des Mentals zurückfallen. Denn dank diesem Wissen wirst du alle Wesen, ohne Ausnahme, im Selbst erkennen und dann in Mir.

      Denn das Selbst ist jene eine unveränderliche, alles durchdringende, alles in sich enthaltende, selbst-seiende Wirklichkeit oder Brahman, der verborgen ist hinter unserem mentalen Wesen. Dort hinein weitet sich unser Bewusstsein aus, wenn es vom Ego befreit ist. Wir können dann alle Wesen als Werde-Gestaltungen, bhūtāni, innerhalb dieses einzigen Selbst-Seins schauen. Aber wir sehen dieses Selbst oder unwandelbare Brahman auch, wie es sich unserem wesenhaften psychologischen Bewusstsein von einem höchsten Wesen darstellt, das der Ursprung unseres Daseins und von dem alles Veränderliche und Unwandelbare geoffenbart ist. Er ist Gott, das Göttliche, der Purushottama. Ihm bringen wir alles als Opfer dar. In Seine Hand geben wir unsere Handlungen hin. In Seinem Dasein leben wir und bewegen wir uns. Geeint mit Ihm in unserer Natur und mit dem ganzen Dasein in Ihm, werden wir zu einer einzigen Seele, zu einer einzigen Macht des Wesens mit Ihm und mit allen Wesen. Mit Seiner erhabenen Wirklichkeit identifizieren wir und einen wir unser Selbst-Sein. Durch Werke, die wir als Opfer leisten, schalten wir das Begehren aus und gelangen wir zum Wissen und zum Selbstbesitz der Seele. Durch das Wirken, das in der Selbst-Erkenntnis und in der Gott-Erkenntnis ausgeübt wird, werden wir in dieses Einssein mit Ihm und in den Frieden und die Freude des göttlichen Daseins befreit. (122-23)

      4.36

       Wärst du auch ein größerer Sünder als alle anderen, sollst du doch im Boot des Wissens über alle Verworfenheit des Übels hinweggetragen werden.

      4.37

       So wie ein loderndes Feuer seinen Brennstoff in Asche verwandelt, O Arjuna, verwandelt auch das Feuer des Wissens alle Werke in Asche.

      4.38

       Nichts in der Welt ist an Reinheit dem Wissen gleich. Der Mensch, der im Yoga zur Vollkommenheit gelangt ist, findet es im Verlauf der Zeit von selbst im Selbst.

      In diesem anfänglichen Teil der Lehre der Gita sind Yoga und Wissen die beiden Flügel des Höhenflugs der Seele. Unter Yoga versteht sie die Einung durch göttliche, ohne Begehren, mit Gleichmut der Seele allen Dingen und Menschen gegenüber ausgeführte Werke, die dem Höchsten als ein Opfer dargebracht werden. Das Wissen ist das, worauf sich das Freisein vom Verlangen, die Gelassenheit, die Macht des Opfers gründet. Diese beiden Flügel helfen tatsächlich einander beim Fliegen. Indem sie zusammenwirken, jedoch mit fein abgestimmtem Wechsel gegenseitiger Hilfe, so wie die beiden Augen im Menschen zusammen sehen, weil sie abwechselnd schauen, verstärken sie einander durch Austausch von Sehkraft. Je mehr das Wirken frei wird vom Begehren, gleichmütig ein Opfer im Geiste, um so mehr wächst das Wissen. Mit der Mehrung des Wissens wird die Seele stärker in der von Begehren freien opferbereiten Gelassenheit ihres Wirkens. (200)

      "Der Mensch, der im Yoga zur Vollkommenheit gelangt ist, findet es im Verlauf der Zeit von selbst im Selbst." Das Wissen wächst sozusagen in seinem Inneren: Er wächst in es hinein in dem Maße, in dem er weiter zunimmt an Freisein von Verlangen, an Gelassenheit und Hingabe an das Göttliche. So etwas kann man überhaupt nur von der höchsten Erkenntnis sagen. Das Wissen, das der Intellekt des Menschen anhäuft, wird mühevoll durch die Sinne und die Vernunft von außen her zusammengetragen. Um jenes andere Wissen zu erlangen, das im Selbst, intuitiv ist, das Selbst erfährt und offenbart, müssen wir unser Mental und die Sinne besiegen und unter Kontrolle gebracht haben, saṁyatendriyaḥ, so dass wir nicht mehr ihren Täuschungen unterworfen sind, vielmehr Mental und Sinne zum reinen Spiegel dieses Wissens werden. Wir müssen unser ganzes bewusstes Wesen fest auf die Wahrheit jener höchsten Wirklichkeit gegründet haben, in der alles ist, tat-paraḥ, so dass sie ihr lichtvolles Selbst-Sein in uns entfalten kann. (204)

      4.39

       Wer Glauben hat, wer Mental und Sinne bezwungen und unter Kontrolle gebracht hat, wer sein ganzes bewusstes Wesen fest in der erhabenen Wirklichkeit gegründet hat, der erlangt Wissen. Und hat er Wissen erlangt, geht er rasch in den erhabenen Frieden ein.

      4.40

       Der Unwissende, der keinen Glauben hat, die von Zweifeln zerrissene Seele, geht in das Verderben. Weder diese Welt hier, noch jene höchste Welt, noch irgendein Glück ist der Seele bereitet, die erfüllt ist von Zweifeln.

      Wir


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