Big Ideas. Das Klassische-Musik-Buch. Hall George
1675 Erstaufführung von Alessandro Stradellas Sonata di viole Nr. 25, die einem Solisten ein Ensemble gegenüberstellt. Corelli hörte sie wahrscheinlich in Rom.
SPÄTER
1721 J. S. Bach stellt seine Sammlung Brandenburgische Konzerte zusammen, in denen er mit Elementen des Concerto grosso und des Solokonzerts experimentiert.
1741 Händels zwölf Concerti grossi op. 6 werden veröffentlicht, eine direkte Hommage an Corellis Concerti grossi.
Der italienische Begriff concerto bezeichnete ursprünglich jede Art von Musik für Sänger und Begleitinstrumente. Im frühen 17. Jahrhundert kam die Unterscheidung zwischen Concerti ecclesiastici (Kirchenmusik) und Concerti di camera (Kammermusik) auf. Bis zum späten 18. Jahrhundert entwickelte das Konzert die Virtuosität, für die es heute bekannt ist. Doch seine Wurzeln liegen in der bescheidenen Besetzung, bestehend aus einer kleinen Gruppe von Solisten und Streichensemble mit Continuo (Generalbass), für die der italienische Komponist Arcangelo Corelli zu Beginn des 18 Jahrhunderts komponierte. Corellis meisterhafte Concerti grossi op. 6, posthum als Sammlung von zwölf Stücken veröffentlicht, sind der Inbegriff dieser Musikform.
Corellis frühe Concerti grossi wurden im römischen Palazzo Pamphili uraufgeführt, einem schillernden Beispiel italienischer Barockarchitektur, das die Verspieltheit der Musik widerspiegelt.
»Es ist wundervoll, wie verrückt alle nach Corelli sind – nichts gefällt mehr als Corelli.«
Roger North Schriftsteller und Musiker (1653–1734)
Jedes von Corellis Konzerten besteht aus drei bis fünf Sätzen, gespielt von einem Concertino, das heißt drei Solisten (zwei Violinen und ein Cello), sowie von einem Ripieno, einem größeren Streichensemble mit Cembalobegleitung. Corelli vergrößerte die Concertino-Abteilung oft auf vier Musiker. Der Basso continuo (Cello und Cembalo) liefert einen durchgehenden musikalischen Rahmen, auf welchem sich die Melodien und Harmonien der Solisten und der Begleitgruppe, des Ripienos, aufbauen.
Dynamischer Ausdruck
Durch die kontrastierende Anordnung der Instrumente erforschte Corelli Möglichkeiten des dynamischen Ausdrucks und belebte den Austausch zwischen den Abteilungen durch dramatische Gegenüberstellung, vor allem wenn das Concertino-Ensemble bei den Ripieno-Abschnitten mit einstimmt. Der Charakter der Musik reicht von ruhigen Adagios mit herrlichen Vorhalten bis hin zu schnellen Allegros, gespickt mit rasantem Austausch zwischen großem und kleinem Ensemble. Die Harmonik in Corellis Concerti folgte einem allgemeineren Trend in der italienischen Barockmusik: weg von der vielstimmigen Polyphonie der Renaissance und hin zu Akkordfolgen und Kadenzen, um ein stabiles tonales Zentrum zu schaffen.
Corellis Schaffen erntete sofort Bewunderung von Gönnern und Musikerkollegen. Von den Concerti grossi op. 6 wurde die als Weihnachtskonzert bekannte und beliebte Nr. 8 in g-Moll mit dem Untertitel »fatto per la notte di Natale« von seinem Mäzen, Kardinal Pietro Ottoboni, um 1690 in Auftrag gegeben.
Harmonie und Balance
Obwohl Corelli zuvor seine 48 Triosonaten für die Concertino-Instrumentalgruppe geschrieben hatte, kann man die Concerti grossi nicht als bloße Steigerung dieser kleinen Kammermusikwerke abtun. Einige Aufführungen umfassten 80 Musiker, eine gewaltige Zahl, besonders zu Corellis Zeiten, als Orchester meistens nur 20 Mitglieder zählten.
Im Jahr 1789, mehr als 70 Jahre nach Corellis Tod, schrieb der englische Musiker, Komponist und Musikhistoriker Dr. Charles Burney über die Concerti grossi: »Die Wirkung des Ganzen … [ist] so majestätisch, feierlich und erhaben, dass sie jede Kritik ausschließen.« Auch heute noch finden ihre Melodien großen Anklang.
Arcangelo Corelli
1653 in eine wohlhabende Familie in der italienischen Kleinstadt Fusignano geboren, wurde Corelli im Alter von 17 Jahren in das Orchester der Accademia Filarmonica von Bologna aufgenommen. Seine meisterhafte Beherrschung der Violine, gepaart mit seinen strengen Lehrmethoden und seinen vielen Schüler, darunter Antonio Vivaldi und Francesco Geminiani, ließen sein Ansehen wachsen.
Um 1670 zog Corelli nach Rom, wo er in die Dienste Königin Christinas von Schweden eintrat, die ein Haus in Rom besaß. Später wurde er Musikdirektor des Kardinals Pamphili. Sein letzter Gönner war Kardinal Pietro Ottoboni, der selbst Musiker und Librettist war. Corelli starb 1713. Er komponierte den Großteil seiner relativ wenigen Werke Anfang des 18. Jahrhunderts zu einer Zeit, als das Verlegen von Musikwerken boomte. Infolgedessen verbreitete sich sein Einfluss noch zu Lebzeiten in ganz Europa.
Weitere Hauptwerke
1694 12 Triosonaten op. 4
1700 12 Violinsonaten op. 5
DIE VEREINIGUNG DES FRANZÖSISCHEN UND ITALIENISCHEN GESCHMACKS KANN DIE MUSIK ZUR VOLLKOMMENHEIT FÜHREN
PIÈCES DE CLAVECIN (1713), FRANÇOIS COUPERIN
IM KONTEXT
SCHWERPUNKT
Französische Cembalomusik
FRÜHER
1670 Jacques Champion de Chambonnières veröffentlicht Les pièces de clavessin (»Stücke für Cembalo«), das erste große französische Werk für Cembalo.
1677 Nicholas-Antoine Lebègue schreibt Les pièces de clavessin, die ersten französischen Tanzsuiten.
SPÄTER
1725 J. S. Bach nimmt Les Bergeries (aus Sixième Ordre 1717) in sein Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach unter dem Titel Rondeau auf.
1753 C. P. E. Bach schreibt Band 1 von Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen, ein Lehrwerk, beeinflusst von Couperins L’art de toucher le clavecin (»Die Kunst des Cembalospiels«).
Bis zu François Couperins vierbändigen Pièces de clavecin gab es Musik für Tasteninstrumente in Frankreich vor allem in Form populärer Tänze, wie Allemande, Courante und Sarabande. Couperin war jedoch auch mit italienischer Musik vertraut, darunter mit der Sonate, einem mehrsätzigen Stück für kleine Instrumentengruppen, bei dem weder getanzt noch gesungen wurde.
Sonaten bestanden damals für gewöhnlich aus zwei Teilen, die beide wiederholt wurden. Wie sich anhand der über 500 Sonaten von Domenico Scarlatti zeigt, konzentrierten sie sich eher auf technische Virtuosität und formale Modulation der Melodien als auf Wechsel in Stimmung und Gefühl.
»Ich liebe das, was mich berührt, mehr als das, was mich überrascht.«
François Couperin Pièces de clavecin (1713)
Ornamentale Verzierung
Obwohl Couperin für seine Musik das