Seewölfe - Piraten der Weltmeere 91. Roy Palmer

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 91 - Roy Palmer


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ausheckt“, sagte Flanagan. Er hob das Messer. Die lange, scharfe Klinge blinkte matt.

      Cookie sah ihn anrücken und stieß einen entsetzten Laut aus. „Das kannst du doch nicht tun! Bist du des Teufels?“ Mit der Rechten tastete er dabei schon nach einem seiner großen Küchenmesser.

      „Laß den Unsinn“, mahnte Juan, der Bootsmann. Er war plötzlich stokkernst. „Du weißt, daß du Ärger kriegst, Flanagan.“

      „Mit dir, Juan?“

      „Nein, nicht mit mir.“

      „Dann geh aus dem Weg.“

      Juan zauderte noch, da wehte vom Achterdeck eine helle, scharfe Stimme herüber.

      „Flanagan!“

      Der Ausruf seines Namens genügte, Flanagan zuckte wie unter einem Peitschenhieb zusammen. Er verhielt. Noch hatte er sein Messer stoßbereit erhoben, doch in seinem Geist arbeitete es heftig. In diesem Moment gelang es ihm plötzlich doch, sich zu bezwingen und für und wider der Sache abzuwägen.

      „Flanagan, steck das Messer weg und setz dich hin!“

      Siri-Tong stand an der Querbalustrade des Achterdecks, hielt die Arme vor der roten Bluse verschränkt und sandte zornige Blicke zu dem Engländer hinüber. Ihr schönes, rassiges Gesicht hatte sich zu einer frostigen, starren Miene verzogen. Sie konnte weich sein, aber sie verstand es auch, mit eiserner Hand durchzugreifen und auf ihrem Schiff für Ordnung zu sorgen. Sie war eine Frau, die eine Meute wüster Kerle an der Kandare hielt und zu bändigen wußte – eine erstaunliche Frau, mit der sich keiner anlegen wollte.

      Auch Flanagan nicht. Er dachte an die Vorpiek, dieses finstere und stinkende Loch, dachte auch an die Neunschwänzige, ans Kielholen und an die Rahnock, an der man gelegentlich Aufmüpfige aufzuhängen pflegte. Er drehte sich um, schob das Messer in den Gurt und ging zu seinem Platz zurück.

      Für Siri-Tong war der Fall damit erledigt. Nur Thorfin Njal, Miteigner und Steuermann des schwarzen Seglers, war in der Zwischenzeit über die Kuhl zum Vordeck geschritten und trat jetzt zu Cookie in das offene Kombüsenschott.

      Cookie rappelte sich auf und hielt das fladengroße Stück Glubber anklagend vor sich hin.

      „Was ist denn das?“ fragte der Wikinger.

      Cookie schüttelte nur den Kopf, aber Juan antwortete: „Ein Stück von dem Riesenseetang, den wir gestern aufgefischt haben.“

      „Tang?“ sagte Thorfin Njal nachdenklich. „Wie konnte der in den Eintopf geraten? Wir hatten ihn doch gleich wieder in die See zurückbefördert.“

      „Keiner hat ihn in die Kübel schmeißen können“, beteuerte Cookie. „Ich hab aufgepaßt. Ich schwör’s dir, Wikinger.“

      „Schon gut. Jemand muß ein Stück abgeschnitten und in Flanagans Napf geworfen haben, ohne daß der es merkte. Als dann der Brei dazugetan wurde, schwamm das Ding plötzlich oben.“

      „Ja, so muß es gewesen sein“, sagte Juan.

      Thorfin Njal blickte zu den Männern, die sich zur Essensausgabe um den großen Kübel geschart hatten. Er sagte kein Wort, nur seine Augen drückten aus, was er verlangte.

      Und so war es denn Mike Kaibuk, der ein Stück vortrat. „Ich bin’s gewesen. Ich hab Flanagan, diesem ewig gereizten Stier, mal einen Streich spielen wollen.“

      „Auf Cookies Kosten“, erwiderte der Wikinger grimmig. „Wobei jeder weiß, daß ein Streit zwischen Flanagan und unserem Koch tödlich enden kann.“ Er schob sich aus dem Schott und stellte sich ganz dicht vor Mike Kaibuk hin.

      Mike war ein dunkelhaariger Typ mit braunen Augen, schmächtig, flink und verschlagen. Er prahlte gern, riß das Maul auf und heckte allerlei bedenklichen Schabernack aus, aber immer auf Kosten anderer.

      „Mike“, sagte Thorfin Njal, „such dir einen anderen für deine Streiche aus, ja? Laß Flanagan in Ruhe. Wir wollen keine Messerstechereien, keinen Mord und Totschlag. Wenn du’s nicht kapierst, ramme ich dir ein bißchen Vernunft in den Schädel – hiermit.“ Er hob seine rechte Faust. Sie war so groß wie eine Ankerklüse, und man sagte von ihr, daß Thorfin Njal, dieser Koloß von einem Kerl, damit unzweifelhaft jemanden ungespitzt durch die Decksplanken hämmern könne.

      „Kapiert“, sagte Mike Kaibuk rasch. „In Ordnung, Sir.“

      Der Wikinger gab einen grollenden Laut von sich. Er nahm das Stück Tang aus Cookies Hand und schleuderte es in hohem Bogen außenbords.

      „Auf treibenden Tang achten“, sagte Hasard zu dem jungen Dan O’Flynn. „In diesem Meeresbereich wimmelt es geradezu davon.“

      „Wie in der Sargasso-See?“ fragte Dan zurück. „Teufel, das hat uns gerade noch gefehlt. Wir wollen doch endlich um Kap Horn herum und nicht dauernd aufgehalten werden. Fehlt bloß noch, daß wir in eine Kalme geraten.“

      „Halt die Luft an und mal den Teufel nicht an die Wand.“ Hasard blickte zu den Segeln hoch, überprüfte den Stand der Flögel. „Noch haben wir den steifen Nordwest, und ich hoffe, er dauert noch eine Weile an. Der bläst von Afrikas Küsten herüber, mußt du wissen.“

      Dan schaute seinen Kapitän zweifelnd an. „Wie kann denn der aus Afrika stammen, wenn er aus Nordwesten kommt?“

      „Ganz einfach. Er drückt nördlich des Wendekreises als Südost-Passat quer über den Atlantik gegen den neuen Kontinent an, beschreibt an der Gebirgsbarriere eine Wende und dreht so, aus Nordwesten blasend, wieder aufs Meer ab. Auf diese Weise umkreist er ein Schönwettergebiet, das um diese Jahreszeit über dem Atlantik stehen dürfte.“

      „Mann“, sagte Dan. „Das habe ich nicht gewußt. Aber der Wind kann auch in den Pampero umschlagen, oder?“

      „Hier doch nicht mehr“, sagte Hasard verärgert. „Los, schieb ab in den Großmars.“

      Dan, der kurz aufs Hauptdeck abgeentert war, um Hasards Anweisungen entgegenzunehmen und Essen zu fassen, enterte wieder in den Leewanten auf und setzte sich zu dem Schimpansen Arwenack auf seinen luftigen Posten zurück. Von hier aus würde er jedes fremde Schiff, jede bedrohliche Wetterfront, jede Veränderung rechtzeitig melden, denn bekanntlich hatte er ja die schärfsten Augen an Bord der „Isabella“.

      Hasard ging ins Ruderhaus, sprach kurz mit dem Rudergänger Pete Ballie, kontrollierte den Kompaß und beschäftigte sich mit seinen Navigationsinstrumenten.

      Kurz darauf hielt er mit Ben Brighton, Ferris Tucker, Big Old Shane, Old O’Flynn, Edwin Carberry und Smoky eine Lagebesprechung auf dem Achterdeck ab. Der kühle Wind zerzauste seine schwarzen Haare, als er sich ganz achtern an die Heckreling stellte und zum schwarzen Segler hinüberschaute. Er konnte Siri-Tong nirgends auf Oberdeck entdecken, wahrscheinlich hatte sie ihre Kapitänskammer im Achterkastell aufgesucht.

      Neben dem Rudergänger stand drüben Thorfin Njal am Kolderstock und paßte auf, daß der Kurs und die Parallel-Position zur „Isabella“ beibehalten wurden. So rauschten beide Schiffe nebeneinander durch die bewegte See und nutzten den Wind, der von raumschots einfiel.

      „Drüben hat es wieder Streit gegeben“, sagte der alte O’Flynn. „Flanagan wollte mal wieder tobsüchtig werden, wenn mich nicht alles täuscht.“

      „Immer dieser Flanagan“, sagte der Profos. „So einer würde sich bei mir nicht lange halten – oder er würde kuschen.“

      „Stimmt“, sagte Hasard. „Was war denn dieses Mal los?“

      „Nichts Ernstes“, erwiderte Dans Vater. „Es ging um’s Essen, und dann hat der Wikinger was über die Bordwand gefeuert. Sah aus wie ein Stück Tang.“

      „Wir müssen uns vor diesem Zeug höllisch in acht nehmen.“ Hasard wies mit einer ausschweifenden Gebärde auf die See. „Wir befinden uns jetzt auf dem Scheitelpunkt zwischen dem 45. und 50. Grad südlicher Breite – das ist auf dieser Seite der Welt die Hauptzone des treibenden Tangs.“

      „Wird


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