Seewölfe - Piraten der Weltmeere 127. Roy Palmer

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 127 - Roy Palmer


Скачать книгу

      Impressum

      © 1976/2015 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      ISBN: 978-3-95439-451-7

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

      Inhalt

       1. Kapitel

       2. Kapitel

       3. Kapitel

       4. Kapitel

       5. Kapitel

       6. Kapitel

       7. Kapitel

       8. Kapitel

       9. Kapitel

       10. Kapitel

      1.

      In der lauen Spätnachmittagsbrise huschte eine blasse Wolke hinter der „Isabella VIII.“ her. Bill, der Schiffsjunge, ging gerade als Ausguck und meldete das Auftauchen der Erscheinung natürlich von seinem Posten im Großmars, sobald er den feinen Nebel durch sein Spektiv über der nördlichen Kimm erkannte.

      Der Seewolf vernahm die Rufe des Jungen auf dem Achterdeck. Er spähte vom Schanzkleid aus mit dem Fernrohr ebenfalls Steuerbord achteraus und betrachtete die Wolke, die sich im Wind zu kräuseln schien und ständig die Form wechselte.

      Schließlich sagte er: „Ein merkwürdiges Gebilde ist das, auffallend beweglich und dicht über der Wasseroberfläche — was hältst du davon, Ben?“

      Ben Brighton, der erste Offizier und Bootsmann der Galeone, war mit Ferris Tucker, Big Old Shane und den beiden O’Flynns hinter Philip Hasard Killigrew getreten. Zunächst beobachtete auch er das Phänomen, das sich sehr deutlich vor dem tiefblauen, sonst wolkenfreien Himmel abhob.

      „Vielleicht das erste Anzeichen eines aufziehenden Schlechtwetters“, meinte er dann. „So was soll sich gerade in dieser Gegend sehr schnell entwickeln, habe ich mir sagen lassen.“

      „Mal’ nicht den Teufel an die Wand“, entgegnete Shane. „Ich schätze eher, es handelt sich um eine Nebelbank. Möglich, daß wir die ganze Nacht über durch die dickste Suppe segeln müssen.“

      „Wie bei Bengkalis in der Malakkastraße?“ sagte Ferris Tucker. „Hölle, hoffen wir, daß es hier keine Riffe oder Sandbänke gibt, auf die wir brummen könnten.“

      Hasard hatte sich zu ihnen umgedreht und musterte ernst ihre Gesichter. „Wir müssen wirklich auf der Hut sein. Falls die Berechnungen, die ich angestellt habe, stimmen und wir uns auf unsere Karten verlassen können, befinden wir uns in der Nähe eines ziemlich großen, aus vielen kleinen, zersplittert wirkenden Inseln bestehenden Archipels. Lieber halte ich rechtzeitig nach einer geschützten Bucht Ausschau, in die wir uns verholen können, als das Risiko einzugehen, irgendwo aufzulaufen.“

      Der alte Donegal Daniel O’Flynn schnitt mal wieder eine gallebittere Grimasse.

      „Wir werden weder das eine noch das andere fertigbringen“, verkündete er. „Und ihr liegt mit eurer Meinung alle schief. Seit gestern hat der elende Monsun, vor dem wir platt wie eine Flunder segeln konnten, von Nordost auf Nord gedreht und ist schwach und schwächer geworden. Ich schwöre euch, der Wind schläft ganz ein, und wir bleiben in einer Kalmenzone liegen, aus der wir nur noch ’rauskommen, wenn wir auf sämtlichen Backen blasen.“

      „Auch auf den achteren?“ fragte Shane.

      Old O’Flynn hob überrascht die Augenbrauen. „Den was?“

      „Du hast doch von Backen gesprochen.“

      „Dir werden deine blöden Witze noch im Hals steckenbleiben“, murrte der Alte ärgerlich.

      „Und dir die Unkerei“, sagte Big Old Shane. „Zugegeben, wir laufen zur Zeit nur noch zwei bis drei Knoten Fahrt, was ein müder Törn ist. Aber der Wind kann auch wieder auffrischen, oder? Der Monsun ist unberechenbar.“

      Old Donegal grinste geradezu faunisch. „Ja, das ist er. Hey, Ben, das stimmt doch, oder?“

      Ben Brighton zuckte nur mit den Schultern und blickte wieder Steuerbord achteraus. Hasard widmete sich der nach wie vor vorhandenen Wolkenerscheinung. Ferris Tucker und Big Old Shane hüllten sich in verdrossenes Schweigen.

      Der junge O’Flynn, der bislang nichts geäußert hatte, legte seinem Vater die Hand auf den Unterarm und raunte ihm zu: „Dad, hör bloß auf mit der Stichelei, sonst fange ich an, ernsthaft um deine Krücken zu bangen.“

      Der Alte blickte ihn so mißbilligend von der Seite an, als bereue er zutiefst, einen solchen Sproß gezeugt zu haben. „Sag mal, auf wessen Seite stehst du eigentlich?“

      „Auf deiner natürlich“, erwiderte Dan lachend. „Wenn Shane deine Krücken über Bord schmeißt, zimmert Ferris dir bestimmt keine neuen. Und dann stehst du ganz schön dumm da.“

      Old Donegal sah mit verkniffener Miene zu Tucker und dem graubärtigen Riesen, der einmal der Schmied und Waffenmeister auf Arwenack Castle gewesen war. Und er befand, daß Dans Aussage zutreffen konnte. Deswegen drehte der Alte sich um, humpelte auf seinen Holzkrücken davon und suchte das Quarterdeck auf, um seine Sprüche bei dem Rudergänger Pete Ballie an den Mann zu bringen.

      Auf der Kuhl der „Isabella“ fand die Wolke zunächst kaum Beachtung. Apathisch saßen und standen die Männer herum, ihre Bewegungen waren träge. Selbst Edwin Carberry saß auf dem vorderen Rand der Kuhlgräting und schaute so niedergeschlagen drein, daß man fürchten mußte, er würde nie wieder einen seiner entsetzlichen Flüche vom Stapel lassen.

      Sir John, der karmesinrote Aracanga, hockte auf der linken, breiten Profosschulter und ließ den Kopf hängen. Auf diese Weise bezeugte er Solidarität, obwohl er genau wie Arwenack, der Bordaffe, keine Ahnung hatte, was das Gemüt der Crew so sehr beeinflußte.

      Dumpf war die Stimmung. Schwül und beinah klebrig lastete die Luft auf dem Schiff und schien aufs Herz zu drücken. Dezember 1585 schrieb man, aber die „Isabella“ hatte vor kurzem erst den Äquator passiert, und das Klima war so feucht, warm, stickig, daß der Kutscher mit einem seiner Kombüsenlöffel darin rühren zu können glaubte.

      Aber das war es nicht, was am Geist und an den Nerven der Seewölfe nagte. Sie hatten schon ganz andere klimatische Bedingungen ertragen und die Tropenhölle in allen Spielarten kennengelernt. Nein, das war es nicht. Es war die Langeweile, die ihnen zusetzte.

      „Auf Südwestkurs quer durch den Indischen Ozean“, murmelte Profos Carberry. „Und seit Ceylon haben wir nichts mehr erlebt. O Mann, wie lange dauert das noch? Kein einziger müder Don, dem man die Jacke vollhauen kann, kein Piratenüberfall, nicht mal ein Wetter, das wir abzureiten haben, nur dieser Scheißtörn, der keine Ende nimmt. Hölle, Sir John, du kannst Gift darauf nehmen, ich lasse dich mit einer Kanonenkugel an den Beinen von der Rah fallen, wenn nicht bald was passiert. Sieh bloß zu, daß du Land gewinnst, du triefäugiger Geier.“

      Sir John, den ja nun wirklich keine Schuld an dieser Misere traf, wandte den Kopf und knabberte zärtlich an Carberrys Ohrläppchen herum.

      „Deck!“ rief Bill plötzlich aus dem Großmars. „Ich glaube, das ist gar keine richtige Wolke!“

      Carberry


Скачать книгу