Seewölfe - Piraten der Weltmeere 584. Fred McMason
zuprosteten. Hasard mußte tief Luft holen.
Na warte, du alter Halunke, dachte er. Darüber werden wir noch einmal miteinander reden.
„Darf man erfahren, was Sie jetzt vorhaben, Don Alonso?“ erkundigte sich der Generalkapitän freundlich. „Ich möchte einen Sohn des überaus ehrenwerten Herzogs von Alba nicht länger aufhalten. Ihr ehrenwerter Señor Vater war Oberbefehlshaber der Heere Kaiser Karls. Ich habe ihn immer sehr bewundert.“
„Sehr richtig. Er war auch im Schmalkaldischen Krieg dabei und wurde später Generalkapitän in den Niederlanden. Er hat der Inquisition zur vollen Blüte verholfen“, sagte Old Donegal stolz. „Noch zwei Jahre vor seinem Tod hat er unser Heer siegreich gegen Portugal geführt.“
Hasard wunderte sich nur, woher Old Donegal das alles wußte. Vielleicht hatte er sich mit dem Kutscher beraten.
Eine ganze Weile wurde über Herzog Alba geredet. Die beiden Kerle schienen in Erinnerungen zu schwelgen. Nur manchmal trug Donegal so dick auf, daß es Hasard grauste. Aber für seine Sprüche und Übertreibungen war der Alte ja hinlänglich bekannt.
Er soff Don Miguel auch ganz ungeniert den Wein weg, den er über alle Maßen lobte. Don Miguel entschloß sich zu einer spontanen Geste.
„Ich werde Ihnen ein Arrangement einiger köstlicher Weinsorten an Bord Ihres Schiffes bringen lassen, wenn Sie gestatten, Don Alonso.“
Don Alonso war so großmütig, das Geschenk anzunehmen, was den Generalkapitän sichtlich erfreute.
„Auch ich weiß einen guten Tropfen zu schätzen, Don Miguel“, sagte er, „und das hier ist ein wirklich erlesener Wein. Ich nehme ein paar Kisten daher dankend an.“
„Da ist noch etwas“, sagte Old Donegal, als ein paar Augenblicke Ruhe herrschte. „Ich nehme ja nicht an, daß Sie Capitán Senona einem Verhör unterziehen wollen, wie es offenbar beabsichtigt war. Ich kann mich guten Gewissens für ihn verbürgen, das Wort eines Edelmannes dürfte wohl Garantie genug sein.“
„Selbstverständlich, Don Alonso, von einem Verhör kann keine Rede sein. Es gab da nur ein paar Unstimmigkeiten.“
Old Donegal sah Don Miguel in die Augen. Er hüstelte dezent, nahm das Tüchlein aus seinem Wams und tupfte sich dann über den Mund.
„Die Unstimmigkeiten dürften wohl bei diesem – äh – Staatsfeind gelegen haben“, meinte er. „Dieser Mann hat sich unter einem falschen Namen eingeschlichen und uns alle getäuscht. Er war nicht der, für den er sich ausgegeben hat. Wir nahmen ihn in Frankreich an Bord.“
„Er hat aber behauptet …“
„Er lügt, um seine Haut zu retten“, unterbrach Old Donegal knapp. „Daß er die Unwahrheit spricht, liegt auf der Hand. Er gab seinen richtigen Namen auch erst dann preis, als er keinen Ausweg mehr wußte.“
„Sehr richtig, er hat sich bereits etliche Male in Widersprüche verwickelt.“
Old Donegal lehnte sich etwas zurück und legte die ringgeschmückten Hände auf den Tisch.
„Ich überlege ernsthaft, ob wir diesen Kerl nicht einfach mitnehmen sollten, um ihn dem Gericht zu überstellen“, sagte er nachdenklich. „Natürlich können Sie ihn in Eisen legen, Capitán Senona.“
So dämlich kann Don Miguel nicht sein, dachte Hasard. Das wäre der, Gipfel der Unverschämtheit und der Dummheit.
Don Miguel lächelte gequält. Er war von dieser Überlegung keinesfalls begeistert, denn die Lorbeeren gedachte er allein einzuheimsen.
„Dieser Mann ist zu gefährlich“, sagte er. „Ich möchte Ihnen diese Verantwortung keinesfalls aufbürden. Außerdem haben wir de Alcazar bereits in Eisen schließen lassen. Hier kann ihn niemand mehr befreien, das ist ausgeschlossen. Wir werden ihn an den spanischen Hof bringen.“
„Doch nicht jetzt etwa?“ fragte Old Donegal entsetzt. „Das wäre der unpassendste Augenblick, Don Miguel.“
„Ich verstehe Sie nicht, Don Alonso.“
„Ja, wissen Sie denn nicht, daß Seine Allerkatholischste Majestät schwer erkrankt ist? Der König hat von seinen Beratern gerade erfahren, daß die Krone eine Staatsverschuldung in Höhe von fast hundert Millionen Dukaten hat. Diese Nachricht hat Seine Majestät sehr erregt und seine Krankheit noch verschlimmert, fast beschleunigt.“
„Das wußte ich nicht“, sagte Don Miguel betroffen. „Der Gesundheitszustand Seiner Majestät ist nicht der Beste, das erfuhr ich, aber daß es so schlimm steht …“
„Und dann wird ihm dieser Staatsfeind präsentiert“, sagte Old Donegal. „Ein angeblicher oder wirklicher Kollaborateur, Renegat, Hochverräter. Das alles wird Seine Majestät erfahren, und es wird ganz sicher nicht zu seiner Gesundheit beitragen.“
„Aber ich muß ihn ausliefern, Don Alonso.“
„Mein seliger Vater hätte ihn vor ein Inquisitionsgericht gestellt und abgeurteilt“, sagte Old Donegal, und seine Augen funkelten dabei. „Aber vorher hätte er ihn noch in einem Verlies schmachten lassen, damit Kerle wie er über ihr ruchloses Leben nachdenken können. Sie sollten sich das gründlich überlegen, Don Miguel.“
Don Miguel nickte gedankenschwer. Er nahm einen Schluck Rotwein, spitzte die Lippen und schluckte ihn herunter.
„Es steht in meiner Macht, wohin ich ihn bringe“, sagte er schließlich. „Ich kann ihn nach Madrid ausliefern, ich kann ihn aber auch nach Sevilla oder Cádiz überstellen. Aber erst muß ich ihm noch ein paar Fragen stellen. Wenn Sie seine Anwesenheit nicht stört, können Sie gern dabei sein. Ich werde ihn vorführen lassen.“
„Es stört uns nicht“, sagte Old Donegal. „Schließlich haben wir mit dem Mann sozusagen zusammengelebt. Er hat sich uns gegenüber immer sehr anständig benommen, nicht wahr, Capitán Senona?“
„In der Tat“, sagte Hasard. „Er hat sich nichts zuschulden kommen lassen.“
Der Generalkapitän rief nach der Ordonnanz.
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