Seewölfe Paket 28. Roy Palmer

Seewölfe Paket 28 - Roy Palmer


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von der Existenz dieses Höhlenloches wissen.

      „Unser Brunnen mündet also ins Meer“, sagte der Seewolf. „Und von hier aus kann man mühelos Masquat zu Fuß erreichen.“

      Plymmie schwamm ein Stück ins Meer hinaus. Sie kehrte zum Ufer zurück, kletterte an Land und sprang auf den Felsen herum. Ihr Knurren und Kläffen klang ärgerlich. Sie hatte die Spur verloren.

      Die Wächter trafen ein. Sie stiegen vom Höhlenloch in die Felsen. Einer von ihnen rutschte ab und klatschte schwer ins Wasser. Hasard half ihm wieder an Land. Er wetterte und begab sich zu seinen Kameraden. Aber so sehr die Araber auch suchten – von dem unheimlichen Mörder fanden auch sie keine Fährte mehr.

      Hasard kletterte auf einen etwas höheren Felsen und blickte nach Masquat. Er konnte alles erkennen, auch die „Santa Barbara“, die im Hafen vor Anker lag. Es mochten etwa sieben-, achthundert Yards bis zur Stadt sein.

      „Was tun wir, Dad?“ fragte Philip junior. „Gehen wir zum Hafen? Es könnte ja sein, daß Plymmie die Spur dort wieder aufnimmt.“

      „Das bezweifle ich“, erwiderte der Seewolf. „Außerdem müssen wir damit rechnen, daß der Mörder uns beobachtet – falls er in Masquat ist. Vielleicht hockt er auch irgendwo zwischen den Felsen weiter oben und lacht sich ins Fäustchen.“

      „Was unternehmen wir also?“ fragte nun auch Hasard junior. Die Wachtposten blickten den Seewolf ebenfalls teils erwartungsvoll, teils ratlos an.

      „Ich gehe von der Annahme aus, daß der Mörder in Masquat ist und sich versteckt“, sagte Hasard. „Noch weiß er nicht, daß wir seinen Geheimgang gefunden haben. Das ist unser Trumpf. Wir stellen ihm eine Falle. Ich schätze, daß er nach Anbruch der Dunkelheit zurückkehren wird. Bevor wir aber etwas unternehmen, möchte ich mit dem Sultan sprechen. Ich will nichts ohne sein Einverständnis tun.“

      Die Männer kehrten durch den Gang zum Palast zurück. Plymmie folgte ihnen. Hin und wieder blieb sie stehen und beschnupperte die Höhlenwände. Sie war unruhig. Es paßte ihr nicht, daß sie den Gesuchten nicht gefunden hatte. Nach und nach begriff aber auch sie, daß sich an den Gegebenheiten vorläufig nichts ändern ließ.

      6.

      Der erste Mann, dem der Suchtrupp im Innenhof des Palastes begegnete, war Mac Pellew. Mac hatte sich auf eine halbhohe Mauer gesetzt, die einen Säulengang abschirmte, und stellte eine tieftraurige Miene zur Schau. Als er die drei Killigrews erblickte, stieß er einen abgrundtiefen Seufzer aus.

      Hasard und die Zwillinge traten zu ihm. Die Wächter verschwanden im Palast, sie wollten ihrem Herrn schleunigst Bericht erstatten.

      „Es hat also nicht geklappt?“ fragte der Seewolf. „War der Frau nicht mehr zu helfen?“

      „Wer hat das gesagt?“ stieß Mac verdutzt aus.

      „Na, bei deinem Gesicht“, sagte Philip junior. „Dir scheint ja die Petersilie total verhagelt zu sein.“

      „Ach, Unsinn“, entgegnete Mac. „Es ist alles in Butter. Der Kutscher hat hervorragend gearbeitet. Die Frau hatte innere Verletzungen. Hätte er sie nicht operiert, wäre sie langsam verblutet. Nur, beim Wassermann, mich hat die Sache ziemlich mitgenommen.“

      „Weiß der Sultan schon vom Erfolg des Eingriffs?“ wollte der Seewolf wissen.

      „Nein, ich glaube nicht.“

      „Wo ist er?“ fragte Hasard.

      „Hat sich in seine Gemächer zurückgezogen“, erwiderte Mac. „Mustafa ist bei ihm, soweit ich’s mitgekriegt habe.“

      In diesem Moment trat auch der Kutscher aus dem Gebäude und gesellte sich zu ihnen.

      „Wir haben Glück gehabt“, erklärte er. „Hätten wir noch eine Stunde länger gewartet, wäre es für die arme Frau das Ende gewesen.“

      „Ich bin dir zu Dank verpflichtet“, sagte der Seewolf. „Laß uns jetzt zum Sultan gehen.“ Er sah zu Mac und den Zwillingen. „Begleitet ihr uns?“

      „Nein, wir warten hier auf euch“, erwiderte Hasard junior. Philip junior und Mac nickten dazu.

      Kurz darauf standen Hasard und der Kutscher vor dem Sultan. Hasard berichtete über den Verlauf der Suche, dann setzte er Quabus bin Said genau auseinander, welche Art von Eingriff der Kutscher an der Haremsdame Nabila vorgenommen hatte.

      „Ich weiß nicht, wie ich euch danken soll“, sagte Quabus bin Said nach einigem Schweigen. „Aber ich werde den Leibarzt auspeitschen lassen. Und auch die Eunuchen und die Wächter erhalten ihre verdiente Strafe. Warum passen die Kerle nicht besser auf? Warum ist keiner darauf gestoßen, daß der Mörder durch den alten Brunnen eingedrungen ist? Und wie soll das weitergehen? Jetzt erscheint diese Bestie schon am hellichten Tag.“

      „Laß deine Leute in Ruhe“, sagte der Seewolf. „Sie tun alle ihre Pflicht, niemand kann ihnen etwas vorwerfen. Laß deine Wut nicht an ihnen aus. Keiner trägt die Schuld an dem, was hier vorgeht.“

      „Was schlägst du dann vor, Kapitän Killigrew?“

      „Wir stellen dem Mörder eine Falle“, entgegnete der Seewolf. „Ich bin überzeugt, daß er wieder erscheint.“

      „Heute nacht?“

      „Ja.

      „So wahnsinnig ist er?“ murmelte Mustafa.

      „Ich glaube, daß er normal ist“, entgegnete der Seewolf. „Sein Haß blendet ihn, aber er ist gerissen. Er wird immer wieder eindringen und über die Frauen herfallen. Wenn wir ihm aber den Zugang verwehren und ihn fassen, hat der Spuk ein Ende.“

      „Ich bin einverstanden“, sagte Quabus bin Said. „Laß mich sofort wissen, welchen Plan du hast, Kapitän Killigrew.“

      Hasard erklärte ihm, wie er sich den Hinterhalt vorstellte. Der Plan war simpel, dafür aber sehr wirksam – falls der Unheimliche wirklich wieder auftauchte.

      „Ich habe nichts dagegen einzuwenden“, sagte der Sultan. „Laßt uns sofort mit den Vorbereitungen beginnen. Ich weiß immer noch nicht, wie ich mich erkenntlich zeigen kann, daß ihr Nabila das Leben gerettet habt.“

      Hasard lächelte. „Wenn alles vorbei ist, werden wir ein paar Waren an Bord nehmen, Hoheit. Du wirst sie uns verkaufen.“

      „Schenken werde ich sie euch.“

      „Das können wir nicht annehmen.“

      „Ich denke, ihr werdet einen arabischen Herrscher nicht beleidigen wollen“, sagte Quabus bin Said. „Also werdet ihr diese Gegenleistung von mir annehmen. Doch zurück zu den Portugiesen, die im Hafen ihr Unwesen treiben. Ich glaube, es ist zu spät, jetzt noch etwas gegen sie in die Wege zu leiten. Morgen aber werde ich mir diesen Moravia vornehmen. Ist morgen eurer Ansicht nach früh genug?“

      „Ja“, erwiderte Hasard schlicht. „Die Jagd nach dem Mörder hat jetzt Vorrang.“

      Etwas später gingen sie in das Krankenzimmer. Nabila war jetzt wieder bei Bewußtsein. Sie war blaß und schwach, aber sie konnte schon wieder ein wenig lächeln.

      „Ein Wunder ist geschehen“, sagte sie leise. „Ich dachte, ich müsse sterben. Aber ich lebe.“

      „Sind die Schmerzen zu ertragen?“ fragte der Kutscher. Mustafa übersetzte seine Worte.

      „Sie lassen immer mehr nach“, erwiderte die Frau.

      „Du wirst von neuem erblühen wie eine Orchidee“, sagte der Sultan. Er gab ihr einen sanften Kuß auf die Wange.

      „Ist ihr etwas Besonderes an dem Mörder aufgefallen?“ fragte Hasard.

      Wieder diente der Berater als Dolmetscher. „Er ist mager, aber sehr kräftig“, antwortete Nabila. „Ein Mann, ja, sicherlich ein Mann. Er ist böse. Ein Tier. Warum sticht er uns? Was haben wir ihm getan? Wir sind friedliche Menschen


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