Seewölfe Paket 24. Roy Palmer

Seewölfe Paket 24 - Roy Palmer


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der Boden unter seinen Beinen gab ständig nach.

      Dieses lausige Gefühl des Fallens kannte er allerdings nur zu gut. Er hatte wieder mal seine „Rutsche“ beschworen, und jetzt war er selbst das Opfer geworden. So war das auch damals auf der Schlangen-Insel gewesen, als er sich im Geist mit dem Bau einer Kneipe beschäftigt hatte und auf die Suche nach einem idealen Plätzchen gegangen war. Damals hatte auch der Boden auf so ähnliche Art nachgegeben, und er hatte eine Höllenreise begonnen, von der er heute noch träumte.

      Sein gellender Schreckensschrei riß ab, denn jetzt begann für den geplagten Old O’Flynn ein neuerliches Martyrium, das er sich nicht hätte träumen lassen.

      Um ihn herum wurde es dunkel, gleich darauf stockfinster. Seine Gedanken überschlugen sich, denn es ging in höllischer Fahrt abwärts, und das war eine Art Schlittenfahrt, die er auf dem Hintern absolvierte.

      Er hatte ja schon einmal davon gehört, daß es geheimnisvolle Löcher in der Erde gab. Fiel man in die hinein, dann blieb man mitten in der Erde stecken. Es hatte aber auch schon Fälle gegeben, bei denen man auf der anderen Seite der Erde wieder herausfiel.

      Das nahm Old O’Flynn jetzt allen Ernstes an. Und ausgerechnet ihm mußte das passieren. Er hatte Angst davor, mitten in der Erde steckenzubleiben, aber noch mehr Angst hatte er davor, auf der anderen Seite wieder hinauszufliegen. Denn dann hatte er mit Sicherheit so ein Tempo drauf, daß er ohne weiteres bis zum Mond fliegen würde. Und dann konnte er da mutterseelenallein hocken, und kein Mensch wüßte, was mit ihm passiert war. Und überhaupt – wie sollten sie ihn auf dem Mond jemals finden? Nicht mal der Profos würde ihn da vermuten.

      „Ich will nicht zum Mond!“ brüllte er heiser vor Angst.

      Aber ob er wollte oder nicht – die Reise ging weiter, vielleicht doch dem geheimnisvollen Mittelpunkt der Erde entgegen, von dem er schon ein paarmal gehört hatte.

      Sicher würde er dort ersticken, oder die Erdmännchen würden ihn dabehalten und den Rest seines Lebens nach Herzenslust piesacken.

      Er bedauerte sich selbst, wieder völlig unschuldig in eine so mißliche Lage geraten zu sein. Hätte Mary ihm die Bratpfanne nicht auf den Schädel gedroschen, wäre er auch nicht von Bord gegangen.

      Jetzt war sie schon fast Witwe, und das bedauernswerte Söhnchen hatte keinen Vater, der es liebevoll aufzog. Logischerweise würde es dann genauso ein Rabauke werden wie der Profos, der ja nichts anderes zu tun haben würde, als ihm faule Sprüche beizubringen.

      In seinen Ohren sauste und brauste es. Er zog das Genick ein, streckte abwehrend die Hände vor – und schrie wieder.

      Die Fahrt in die Erde wurde noch schneller, noch verrückter. Kühle Luft pfiff jaulend an seinem Schädel vorbei. Er zog das Genick tiefer ein.

      Aber da war auch noch etwas anderes, was ihn mächtig plagte – nämlich ein wilder, heißer Schmerz. Der rührte daher, daß er auf dem, Hosenboden rutschte. Weil er höllisch schnell rutschte, erzeugte das auch eine höllische Reibung, und die setzte sich in Wärme um. Das wiederum merkte er an seinem Achtersteven, der offenbar in hellen Flammen zu stehen schien.

      Ah verflixt, war das eine Höllenfahrt!

      Er sauste wie eine Kanonenkugel durch rabenschwarze Finsternis. Kalte Luft flatterte ihm oben um die Ohren, und weiter südlich war es so heiß, daß er wieder laut losbrüllte. Das war ein Gefühl, als hocke er auf einem Faß glühenden Schießpulvers.

      Diese bestialische Sturzfahrt in eine unbekannte Tiefe nahm kein Ende. Old O’Flynn kam es so vor, als würde er schon jahrelang durch diese Vorkammer zur Hölle rasen.

      Hölle? Vorkammer zur Hölle?

      Ein neuer Gedanke plagte ihn. Mit Schaudern und Schrecken malte er sich aus, daß er auch in der Hölle landen konnte. Warum auch nicht! Sie befand sich ja bekanntlich unter der Erde, wo die geschwänzten Teufelchen ihre Feuersuppe kochten und die armen Seelen zwackten und plagten. Man mußte ja nicht unbedingt gestorben sein, um in die Hölle zu gelangen.

      In seiner krausen Vorstellung und seiner abstrusen Gedankenwelt sah Old Donegal alle Schrecknisse dieser Welt auf sich zukommen.

      Jetzt sah er schon Sterne, streifte einmal etwas und schrie wieder gellend laut.

      „Hilfe!“ brüllte er.

      Da war irgendwo ein Poltern und ein Krachen. Vielleicht war das schon der Satan, der mit einer Eisenstange das Feuer schürte. Ein weiteres Krachen ertönte, erneut streifte ihn etwas, diesmal hart am Arm.

      Seine Nerven flatterten, er bereute schnell noch alle seine Sünden und bat mit kreischender Stimme um Vergebung. Und man möge ihn doch, bitte sehr, lieber in Ruhe lassen, damit er sein armes Söhnchen versorgen könne.

      Es wurde immer heißer. Brüllend heiß war es, kaum noch zum Aushalten. Das Fleisch mußte ihm schon in Fetzen vom Körper hängen und total verbrannt sein.

      Old O’Flynn war so genervt wie noch nie in seinem Leben. Aber es sollte alles noch schlimmer werden.

      Da war irgendwo ein fahles, unheimliches Licht, das geisterhaft seine Umgebung erhellte. Er spürte auch, daß sich seine rasende Rutschfahrt ein wenig verlangsamt hatte.

      In dem diffusen Dämmerlicht erkannte er voller Entsetzen einen leuchtendgrünen, schenkelstarken Arm. Allerdings hatte der Arm keine Hand und keine Finger, aber er war auch so schaurig und unheimlich, besonders weil er in einem giftigen Grün leuchtete. Der Arm hing von irgendwo herab und wurde vor Old Donegals Gesicht immer größer.

      Außerdem war das monströse Gebilde mit kleinen, ebenfalls leuchtenden Warzen bedeckt, die in allen Farben schillerten.

      Old O’Flynn war so schaurig erschrocken, daß er fast vergaß, den Schädel einzuziehen, als der Arm direkt auf sein Gesicht zufuhr. Etliche Yards war das Monstrum lang, und da zog er doch ängstlich den Schädel ein und schrumpfte in sich zusammen.

      Er spürte eine eisige Berührung, wie ein Hauch aus einer eisigkalten Gruft. Feucht war es auch noch, und es roch so eigentümlich.

      Total verängstigt rutschte er weiter, immer noch umgeben von diffusem Halbdämmer, einem so fahlen Licht, daß er sich überhaupt nicht orientieren konnte.

      Da waren sehr seltsame Gebilde um ihn herum. Rotleuchtende Fackeln, grüne und blaue Schlangen, silberne und golden schimmernde Kerzen mit riesigen Dochten.

      Mehr oder minder führte er diese wundersamen Gebilde auf seine überreizte Phantasie zurück, denn so etwas gab es ja schließlich nicht. Oder doch?

      Sah es vielleicht in der Hölle so ähnlich aus?

      Mal schloß er krampfhaft die Augen, dann öffnete er sie wieder scheu und zaghaft, und immer wenn er diese farbigen Kegel und Stempel sah, überfiel ihn das nackte Entsetzen.

      Dämonen und Geister mußten das sein, Totengeister, die ihm die Haare zu Berge stehen ließen. Total verkrampft rutschte er weiter, nachdem er noch einen Einblick in diese grausige Welt erhalten hatte.

      Jetzt wurde es dämmriger, fast dunkel, und die Gebilde veränderten sich auf erschreckende Art und Weise. Sie wechselten ihre Farben, bis sie grau oder totenblaß wirkten.

      Wieder ging es schneller in die Tiefe. Die Rutsche war jetzt naß und schlüpfrig, und Old O’Flynn sah sich verängstigt nach weiteren Armen oder Fingern um, die aus der Finsternis wuchsen. Vielleicht hatte ihm der Satan nur mal kurz eine Fackel entzündet, damit er einen Einblick in das Höllenreich hatte.

      Er war allein, der einsamste Mensch auf der Welt, verlassen auf dem Weg zum Fürsten der Hölle, der ihn sicher gleich mit glühenden Gabeln empfangen würde.

      Er wußte auch nicht, wie lange er schon durch diese Finsternis rutschte, er hatte jegliches Zeitgefühl verloren.

      Über sein Granitgesicht rann der Schweiß in Strömen. Seine Augen waren zusammengekniffen, die Lippen hart aufeinandergepreßt, und sein Herz schlug wie ein großes Hammerwerk in seiner Brust.

      Er stieß gleichzeitig Gebete und Flüche aus, denn


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