Seewölfe Paket 24. Roy Palmer

Seewölfe Paket 24 - Roy Palmer


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der Kiefer hinüber und schrak heftig zusammen, als sich in der Krone etwas bewegte. Da tauchte eine Hand aus dem Gast auf und verschwand gleich wieder. Dann bewegten sich die Zweige, gleich darauf war alles wieder still und bewegungslos. Sekundenlang vergaß er die Rutsche.

      „Wir werden beobachtet“, sagte er heiser zu Martin. „Offenbar hockt dort ein Kerl in der Kiefer. Bring mir mal die Muskete! Den knall’ ich da runter wie einen faulen Fisch.“

      Martin Correa seufzte. Heute war das schon ein ganz besonderes Kreuz mit dem Alten, der blickte überhaupt nicht mehr durch und sah wieder mal Gespenster.

      „Erstens einmal“, sagte er, „pflegen Fische nur in Ausnahmefällen auf Bäumen zu hocken und faule Fische schon gar nicht. Und zweitens ist das unser Ausguck, der Franzose Roger Lutz, den Jean an Land geschickt hat.“

      „Und wenn es einer von den Schnapphähnen ist, der vielleicht überlebt hat?“ fragte Old O’Flynn beharrlich weiter.

      „Es hat aber niemand überlebt, und ich weiß genau, daß es Roger ist, der da hockt.“

      „Na schön“, brummte Old O’Flynn, „und jetzt laß mich gefälligst in Ruhe und frage mir nicht dauernd Löcher in den Bauch. Ich hab’ schwerwiegende Entscheidungen zu treffen.“

      „Na, dann gut Treff, Admiral“, sagte Martin ergeben. Der Alte ging ihm heute langsam, aber sicher auf den Geist, und das wollte bei einem Mann wie Martin Correa schon viel heißen.

      Old O’Flynn war wieder bei seiner Pinte, und diesen Gedanken spann er jetzt gründlich und sehr ausgiebig weiter. Erneut versank die Welt um ihn herum. Die Gesichter verblaßten zu Schemen, nur der Strand rückte klar und scharf heran.

      Hm, der Südhang dieser Bucht, der kam schon eher in Frage. Sieht gar nicht so übel aus, überlegte er. Der Strand war steiler. Da bot sich eine Rutsche schon eher an.

      Klar, da könnte man ein festes Pfahlhaus ins Wasser bauen, ein schönes Ding mit starken Pfählen, die man in den Grund rammen müßte.

      Natürlich müßte es eine getarnte Luke im Boden haben, falls jemand wieder Stunk anfing, Carberry zum Beispiel oder der Wikinger, die schon durch die alte Rutsche auf der Schlangen-Insel gesaust waren.

      Ha, da würden die Krakeeler – schwuppdiwupp – mit einem Affentempo ins Wasser sausen und konnten sich abkühlen!

      Old O’Flynn lachte laut auf und rieb sich die Hände. Diese Vorstellung amüsierte ihn köstlich. Sollte der Profos nur anfangen, überlegte er, dem würde er schon zeigen, wo es langging. Wie ein Amboß würde der ins Wasser fliegen.

      Er lachte so laut und meckernd, daß Martin verstört zusammenfuhr und ihm einen besorgten Blick zuwarf.

      „Der wird sich noch wundern“, sagte Old Donegal laut.

      Im Geiste sah er bereits einen nach dem anderen von den Banausen durch die Rutsche flitzen.

      „Wer wird sich wundern?“ fragte Martin.

      „Na, der Profos. Ganz große Klüsen wird der kriegen.“

      Martin hatte nicht die geringste Ahnung, warum sich der Profos wundern und vor allem weshalb er „ganz große Klüsen“ kriegen würde, aber er hakte nicht mehr nach. Außerdem war der Profos auch gar nicht hier, sondern auf der „Isabella“, und die war noch unterwegs und nicht einmal in Sicht.

      Er sah Old O’Flynn lange und sehr nachdenklich an.

      Ist wohl besser, ihm heute aus dem Weg zu gehen, dachte er. Reden konnte man mit ihm nur Unsinn, und vielleicht kriegte er bei seinen krausen Gedankengängen etwas in den falschen Hals.

      „Jaja, der Profos wird sich noch wundern“, sagte Martin beschwichtigend und verzog sich weiter nach vorn.

      „Der Wikinger auch!“ brüllte Old O’Flynn und ließ wieder dieses schreckliche meckernde Lachen vom Stapel.

      „Jaja, der auch“, murmelte Martin.

      Old O’Flynn spann seine Überlegungen weiter. Er war gerade dabei, auszurechnen, wie tief die Pfähle seiner Pinte ins Wasser gerammt werden mußten, damit die Kneipe nicht umfiel. Natürlich durfte sie bei Hochwasser auch nicht unter Wasser stehen. Da war verdammt viel zu überlegen und zu berücksichtigen.

      Wenn er dort vorn die Pfähle …

      Ein Schatten fiel über die Planken und deckte gnädig den Schmierfleck zu, den Old Donegal auf den hellen Planken hinterlassen hatte.

      „Donegal!“ flötete Mary leise. Diesmal klang ihre Stimme gar nicht so wie ein Reibeisen, sie klang eher samtig und weich. „Du hörst heute überhaupt nicht zu. Aber ich muß dir etwas ganz Wichtiges sagen, ja, ich muß dir etwas verkünden.“

      Erwartungsvoll sah sie ihn an. Sie stand neben der Pantry und lächelte geheimnisvoll.

      Wenn er dort vorn die Pfähle – mindestens sechs mußten es sein – ins Wasser rammte …

      „Ich muß dir etwas ganz Wichtiges sagen“, wiederholte Mary. Ein ganz klein bißchen Reibeisen war jetzt wieder in der Stimme und auch ein wenig Ungeduld.

      „Wie?“ fragte Donegal zerstreut. „Ist was?“

      Mary hatte jetzt die Arme in die Hüften gestemmt. Ihre Augen blitzten, ihre Lippen wurden etwas schmaler.

      Dieser Kerl hört nicht einmal zu, dachte sie erbost, der nimmt mich überhaupt nicht zur Kenntnis. Dabei hatte sie ihm wirklich etwas Wichtiges zu sagen. Da half kein Gurren, kein zartes Wort und auch kein Säuseln. Old O’Flynn mußte man auf den Amboß legen und ihm den Scheitel mit dem Vorschlaghammer nachziehen. Diese rauhe Tour verstand er vielleicht.

      Er hockte immer noch desinteressiert und scheinbar dröselig herum und war am Rechnen. Ja, mindestens sechs Pfähle mußten dort ins Wasser …

      „Du wirst Vater!“ brüllte Mary.

      Vorn am Bug der „Empress“ zuckte Martin Correa verstört zusammen. Er zog das Genick ein und schluckte.

      „Jaja, bin ich schon“, sagte Old O’Flynn lakonisch. „Sechs Pfähle“, fügte er geistesabwesend hinzu, „ich meine, achtmal bin ich schon Vater. Sieben Söhne, eine Tochter, aber die …“

      Der ansonsten liebevollen Snugglemouse ging fast der Gaul durch. Dieser sture Bock! Sie hätte sich die Haare raufen können über sein verdammtes Desinteresse. Jetzt wurde ihre Stimme schrill und lauter, denn sie hatte sich vorgestellt, daß Donegal sie ob dieser erfreulichen Nachricht liebevoll in die Arme nehmen würde. Statt dessen hockte er da und faselte Unsinn.

      „Jetzt wirst du zum neunten Male Vater!“ schrie sie, außer sich vor Ärger.

      „Du meinst, neun Pfähle?“ fragte Donegal. „Es muß aber immer eine gerade Zahl sein, sonst kann der Bau nicht stehen.“

      „Himmel noch mal!“ schrie Mary fuchtig. „Ich rede davon, daß du Vater wirst, Mister O’Flynn. Geht das nicht in deinen verdammten Holzkopf hinein?“

      „Was werd’ ich?“

      „Vater!“ brüllte Mary. „Du wirst Vater, Mister O’Flynn, und zwar zum neunten Male!“

      Old O’Flynn merkte, daß in seinem Schädel etwas klickerte.

      „Vater, was?“ brabbelte er. Erst jetzt sah er Mary an, und nun ging ihm offenbar auch ein Licht auf. Aber statt ihr um den Hals zu fallen, begann dieser sture Bock doch wahrhaftig zu rechnen, wobei er die Finger zu Hilfe nahm.

      „Was soll das?“ fauchte sie gereizt.

      „Ich rechne gerade nach.“

      Martin Correa hockte ganz vorn am Bug und grinste still vor sich hin. Er kapierte nicht so genau, um was es ging, aber die beiden hatten sich offenbar ganz schön in der Wolle. Schien sich zu einem handfesten Krach zu entwickeln, wenn Old O’Flynn nicht bald einlenkte. Aber der war noch weit davon entfernt.

      „Was, bei allen O’Flynnschen Geistern,


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