Seewölfe Paket 24. Roy Palmer

Seewölfe Paket 24 - Roy Palmer


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und mit äußerster Härte durch, wie es ihm aufgetragen worden war. Unter dem Arm trug er zusammengerollt die Neunschwänzige.

      Er sorgte dafür, daß die anderen Leute, die von den Kriegsschiffen abkommandiert worden waren, sich sauber rasierten. Uniformiert waren sie bereits.

      Als das geschehen war, wurden die zehn Lotterkerle aus der Vorpiek getrieben. Da standen sie nun, manche so dösig, daß sie sich kaum auf den Beinen halten konnten. Da waren alle Gattungen vertreten, vom Besenbinder über den Scherenschneider bis hin zu den total abgefüllten Fischern. Sie mußten Aufstellung nehmen, auch wenn sie kaum stehen konnten.

      Der Profos ging die Reihe auf der Kuhl ab und sah sich die Kerle genau an. Sein tückischer Blick fixierte jeden einzelnen.

      „Ihr habt die Ehre“, sagte er hämisch, „Seiner Allerkatholischsten Majestät dienen zu dürfen. Wer das nicht zu schätzen weiß, der wird es sehr schnell lernen, auch wie man sich hier an Bord zu benehmen hat. Ich werde Kerle aus euch Gesindel formen, Kerle, die überall ihren Mann stehen!“

      Einer der Fischer rülpste laut und setzte sich an Deck. Er hatte noch total glasige Augen und kapierte kein Wort. Der Besenbinder gähnte laut und hatte die Unverschämtheit zu fragen, was man denn überhaupt von ihm wolle.

      Der Profos holte nur kurz und schnell mit der Peitsche aus und zog dem Besenbinder eins über, bis der kreischend in die Knie ging. Dann knöpfte er sich den Fischer vor und verfuhr in gleicher Weise.

      Der Mann schrie laut und gepeinigt auf und sprang mit einem wilden Schrei in die Höhe.

      „Ich werde euch den Schnaps schon aus den Knochen prügeln“, versprach er. „Wer nicht spurt, der wird Vater und Mutter und den Tag seiner Geburt lauthals verfluchen.“

      De Zavallo sah vom Achterdeck aus wohlwollend auf den Profos, der wahrhaftig kein zimperlicher Mann war. Hm, der brachte die Kerle gleich auf Trab und schenkte ihnen nichts. Recht so, die verlotterten Halunken mußten kräftig angefaßt werden, damit sie wußten, aus welcher Richtung der Wind wehte.

      Zusammen mit seinem Steckenknecht Pedro, der sich inzwischen auch rasiert hatte und jetzt wie ein Pfannkuchen glänzte, goß der Profos den zehn Lotterbuben pützweise das Wasser über die Körper, das die Kerle zuvor, in eine Waschbalje gehievt hatten.

      Das kalte Wasser ernüchterte sie ziemlich schnell, und wer immer noch nicht richtig durchblickte, dem zog Virgil kurzerhand eins über.

      Nach dem Waschen und Rasieren mußten sie ihre alten Plünnen über Bord werfen und wurden eingekleidet. Da standen sie nun händeknetend an Deck herum und hatten Angst, hündische Angst vor dem gewalttätigen Kerl, der sie bei jeder Kleinigkeit mit der Neunschwänzigen traktierte.

      Die Stunde war noch nicht um, als der Profos auf dem Achterdeck Vollzug meldete. Wieder salutierte er zackig.

      „Alle Mann wie befohlen gewaschen, rasiert und eingekleidet!“ meldete er brüllend, weil er das für besonders wirkungsvoll hielt.

      „Abtreten! Werde geruhen, mir das selbst anzusehen“, sagte der Capitán. „Sie übernehmen solange, Torres.“

      Mit angewiderten Blicken musterte der Capitán kurz darauf die zehn gepreßten Männer. Die wirkten schon jetzt reichlich eingeschüchtert, aber trotzdem versuchten sie, zu protestieren.

      Das Bürschchen mit dem verderbten Gesicht trat einen Schritt vor. In seinen Augen funkelte es. Es hatte auch noch nicht die Neunschwänzige zu spüren gekriegt. Vielleicht war es deshalb so mutig.

      „Ich bin mit Gewalt auf das Schiff gebracht worden, Señor. Ich will aber nicht dienen, schon gar nicht mit Gewalt. Ich bin ein freier Mensch.“

      De Zavallo blickte ihn blasiert an.

      „Zwölf Hiebe für diesen Kerl, Profos! Die Strafe ist sofort auszuführen. Wenn der Kerl danach noch das Maul aufreißt, verabreichen Sie ihm zwölf weitere. Er weigert sich, in die Dienste des Königs von Spanien zu treten! Das ist ja unglaublich!“

      Diese Bestrafung schockierte die anderen, die immer kleinlauter wurden, denn schon griffen Profos und Steckenknecht hart zu, rissen ihm die Jacke vom Körper und banden ihn an den Mast.

      „Noch jemand mit Gewalt auf das Schiff gebracht worden?“ fragte de Zavallo höhnisch. „Oder hat jemand Beschwerden vorzubringen? Er kann es nach der Auspeitschung tun.“

      Augenblicklich hatte niemand Beschwerden vorzubringen. Es entsann sich auch keiner, mit Gewalt auf das Schiff gebracht worden zu sein, denn das hätte ihm nur ein Dutzend Hiebe eingebracht. Sie senkten schweigend die Köpfe und starrten auf die Planken.

      Unterdessen schlug der Profos zu.

      Das Bürschchen zuckte hart zusammen. Nach dem dritten Schlag schrie es, und nach dem sechsten kreischte es in höchster Pein. Beim neunten Schlag brach es wimmernd zusammen. Die letzten drei Hiebe spürte der Junge nicht mehr. Er war bewußtlos.

      Die übliche Prozedur mit dem Eimer Seewasser begann. Nach ein paar Minuten war der Junge wieder bei sich.

      „Jetzt zwölf weitere, falls er immer noch behauptet, gewaltsam an Bord gebracht worden zu sein. Vielleicht hat er aber auch seine Meinung inzwischen geändert.“

      O ja, das Bürschchen hatte seine Meinung gründlich geändert. Sein Körper brannte, als sei er in giftige Nesselquallen gefallen. Er konnte nicht mehr sitzen, nicht stehen und nicht liegen.

      „Ich habe gelogen“, murmelte er halberstickt und spie Blut aus, weil er sich auf die Zunge gebissen hatte. „Ich bin freiwillig an Bord gegangen.“

      „Ein Lügner also“, stellte de Zavallo erstaunt fest. „Er lügt in schamloser Weise seinen Kommandanten an und hetzt die anderen dadurch auf. Lassen Sie es bei drei weiteren Hieben bewenden, Profos.“

      Keiner der anderen muckte auf. Sie zuckten nur zusammen, als erneut die Peitsche zu tanzen begann. Das Bürschchen sackte zusammen.

      De Zavallo nickte dem Profos zu und kehrte wieder auf das Achterdeck zurück, durchaus zufrieden mit dem Ergebnis. Dieses Früchtchen würde sich die Lektion gut merken.

      Er sah in das Gesicht seines Ersten Offiziers, das etwas abfällig verzogen war, als empfände er das als nicht gerecht.

      „Paßt Ihnen etwas nicht, Torres?“

      „Sie sind der Capitán“, sagte Torres. „Aber aus einer Handvoll verluderter Kerle kann man nicht innerhalb einer Stunde oder zwei perfekte Seeleute hervorzaubern.“

      „Ach ja? Mir scheint, Sie haben in Ihrer dreißigjährigen Dienstzeit nicht allzu viele Erfahrungen sammeln können, Torres. Das ist bedauerlich. Ich bin sicher, daß Sie diese Erfahrungen unter meinem Kommando wesentlich schneller sammeln werden.“

      „Um Erfahrungen zu sammeln, braucht man eine gewisse Zeit, und das sind meist lange Jahre.“

      „Dann wundert es mich, daß Sie es aufgrund Ihrer Erfahrungen noch nicht bis zum Capitán gebracht haben. Soviel ich weiß, ist das Ihre erste Reise als Erster Offizier. Vorher waren Sie jahrelang Bootsmann. Eigenartig, nicht wahr?“

      Torres lief fast die Galle über, aber er beherrschte sich. Er war ein ruhiger Mann und ließ sich von diesem unerfahrenen Schnösel auch nicht provozieren. Der würde in seiner großkotzigen Manier früher oder später hart auflaufen, und dann war er ebenfalls um eine Erfahrung reicher.

      „Ich habe es nie fertiggebracht, zu dienern oder zu kriechen“, sagte er daher. „Und ich habe auch meine Ansichten nicht immer für mich behalten. Vielleicht ist das ein Grund, weshalb ich bei Beförderungen übergangen wurde. Ich bin nicht der naßforsche Typ.“

      „Was wollen Sie mir damit unterstellen?“ fragte de Zavallo scharf.

      „Ich wüßte nicht, daß ich von Ihnen gesprochen habe, Señor Capitán.“

      „Das hörte sich aber verdammt so an.“

      „Tut mir leid, wenn Sie es so aufgefaßt haben. Ich sprach nur ganz allgemein darüber.“


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