Seewölfe - Piraten der Weltmeere 583. Fred McMason

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 583 - Fred McMason


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Seine roten Haare waren einer schwarzen Pracht gewichen. Mac Pellew hatte sie ihm und vielen anderen gefärbt.

      „Keine Sorge“, sagte er, „ich werde dein Holzbein umpolstern. Du kriegst ein paar prächtige Kürbishosen, lange weiße Strümpfe und vornehme Schnallenschuhe. Und unter den Stumpf des Holzbeines nageln wir einen Schnallenschuh drunter. Das fällt gar nicht auf.“

      „Aber eine große weiße Halskrause brauche ich auch. Das gehört zu einem vornehmen Adligen.“

      Will Thorne suchte ihm eine prachtvolle Halskrause heraus. Sie war so groß wie ein Mühlstein.

      „Die ist genau richtig“, meinte der alte Haudegen zufrieden.

      Eine knappe halbe Stunde später stand er voll ausstaffiert an Deck, und da kriegten sich die Kerle nicht mehr ein. Old Donegal wirkte keinesfalls lächerlich, er wirkte absolut echt, nur etwas ungewohnt für die Kerle, die ihn in dieser Rolle noch nicht gesehen hatten.

      Sein Holzbein war nicht mehr zu sehen. Es befand sich jetzt in einem vornehmen Schnallenschuh. Ferris Tucker hatte durch die Sohle einen Nagel getrieben, und der steckte jetzt im Holzbein. Eine einfache, aber wirkungsvolle Methode.

      Old O’Flynn trug die typischen Kürbishosen, aus denen weiße Beinkleider hervorlugten. Sein Oberkörper war mit einem dunklen, reich bestickten Gewand bekleidet, an dessen oberen Teil sich die weiße Halskrause scharf vom dunklen Untergrund abhob. Natürlich fehlte auch nicht der Zierdegen an der Seite.

      Will Thorne hatte ihm noch ein paar sehr protzige Ringe auf die Finger gesteckt und ihm eine goldene Halskette umgehängt. Er sah sehr würdevoll und gemessen aus und verstand es auch meisterhaft, diese Würde in seinem verwitterten Granitgesicht unterzubringen.

      Als er dann noch ein kantiges Gesicht zog, die Mundwinkel herabbog und den Blick fast verächtlich über die Arwenacks streifen ließ, konnte sich selbst Don Juan das Lachen nicht mehr verkneifen.

      „Ausgezeichnet!“ rief er. „Genau wie einer der überheblichen Kerle bei Hofe. In deinem Vornamen Donegal steckt ja schon der Don drin. Dann bist du jetzt eben Don Egalo Alvarez de Segovia.“

      „Hört sich verdammt gut an“, sagte Donegal unter dem tosenden Gelächter der Arwenacks.

      „Er sieht auch mit der Halskrause gar nicht wie ein Geier aus“, meinte der Profos. „Jetzt gleicht er mehr einem würdigen Kondor. Aber ich glaube, die gehören auch zur Familie der Geier.“

      „Warte nur, wie du nachher aussiehst“, brummte Old O’Flynn. „Dein Achtersteven paßt doch in keine Kürbishose. Da wird Will wahrscheinlich zwei Hosen zusammennähen müssen.“

      Nach und nach wurde jeder eingekleidet, und da nahm das Gelächter wieder einen schaurigen Anfang.

      Da der Profos schlecht als Adliger durchging, mußte er als Mann vom Schiffsvolk fungieren. Den Adligen hatte Hasard abgelehnt, grinsend natürlich, denn mit dem Amboßkinn, den vielen Narben und seiner gewaltigen Statur, wäre er bestenfalls als adliger Henker durchgegangen. Sein Benehmen war leider auch nicht so geziert oder vornehm, außerdem hätte kein spanischer Grande mit „Affenärschen“, „Rübenschweinen“ oder „was, wie?“ herumgeworfen.

      So trug der Profos denn über seiner Tonne von Brustkasten ein gewaltiges Wams, noch gewaltigere Kürbishosen und ein paar Kähne von Stiefeln, mit denen er bequem Waldbrände hätte austreten können.

      Und weil er jetzt so grinste, hatte ihn Mac Pellew schlicht und ergreifend als „freundliches Rübenschwein“ bezeichnet.

      Dabei sah Mac auch nicht viel besser aus. Seine Kürbishose hätte dem Profos bestenfalls als Handschuh gepaßt, und in den weißseidenen Strümpfen steckten ein paar recht dürre Beine.

      „Darf ein freundliches Rübenschwein mal bescheiden anfragen, ob du mit einem Storch gewürfelt hast, Mackileinchen?“ fragte der Profos.

      „Ich – mit einem Storch?“ fragte Mac mißmutig. „Was soll die blöde Frage?“

      „Ich dächte nur, du hättest seine Beine gewonnen“, erwiderte der Profos genüßlich. „Du siehst mit deinen Kackstelzen tatsächlich wie ein krummer Storch aus. Oder wie ein eingeschnappter Marabu.“

      „Pah!“ sagte Mac verächtlich. „Seit wann kann mich denn ein andalusischer Kürbisbauer beleidigen? Wenn mich jetzt eine feurige Señorita sehen könnte, dann würde sie …“

      „… mit einem Schrei auf den Lippen entfleuchen“, vollendete der Profos trocken.

      Es dauerte gar nicht lange, dann stolzierten etliche Arwenacks wie aufgeplusterte Gockel an Deck herum. Aber sie gefielen sich in der Rolle ausnehmend gut und lachten über sich selbst.

      Am besten allerdings gefiel sich Old Donegal – Don Egalo Alvarez de Segovia. Geziert wie ein Pfau wirkte er unnahbar und sehr hochmütig, wenn er naserümpfend über das „gemeine Schiffsvolk“ hinwegsah. Der weiße Mühlstein um den Hals behinderte ihn zwar ein wenig, wenn er sich umdrehte, aber das focht den Alten nicht an. Er wirkte über alles erhaben.

      „Kein Don würde merken, daß hier etwas nicht stimmt“, sagte Don Juan im Brustton der Überzeugung. „Außerdem sprechen die meisten ein ausgezeichnetes Spanisch, und falls da irgendwelche Schwierigkeiten auftreten sollten, dann können wir uns immer noch damit herausreden, daß einige von uns aus Asturien stammen. Die Sprache versteht hier im Süden ohnehin keiner. Die meisten wissen nicht einmal, wo Asturien überhaupt liegt.“

      „Einen Bordgeistlichen brauchen wir noch“, meinte der Profos. „Der gehört auf spanischen Schiffen dazu. Ich hätte ja gern die Rolle übernommen, aber …“

      „Ja, ja, geschenkt“, sagte der Kutscher. „Bei deinen Sprüchen würden die Dons geschlossen ausrücken. Das können wir uns nicht leisten, so aufzufallen.“

      „Dann übernimmst du den Salbaderer“, schlug der Profos vor, „du sabbelst sowieso lateinisch von morgens bis abends und hast immer das kluge Maul vorn. Dir würde das stehen.“

      Der Kutscher wehrte ab, ein salbadernder Geistlicher lag ihm nicht.

      Big Old Shane war auch nicht dafür zu haben, als der Profos ihn vorschlug.

      „Auch nichts für mich“, sagte er lachend. „Oder hast du schon mal einen Prediger mit solchen Pranken gesehen?“ Dabei hielt er dem Profos seine gewaltigen Fäuste unter die Nase.

      Der Profos mußte verneinen, als er die schwieligen und verarbeiteten Hände sah.

      Er blickte sich hoffnungsvoll nach weiteren Würdenträgern um, und schließlich blieb sein Blick auf dem etwas beleibten Paddy Rogers hängen, der freundlich und knubbelnasig in die Gegend grinste.

      „Du bist genau der Richtige“, entschied Carberry. „Du brauchst nur hin und wieder einen Bibelspruch abzulassen, und schon ist alles geritzt. Du kennst doch genügend Bibelsprüche?“

      „Ich soll Geistlicher werden?“ fragte Paddy verlegen. „Aber ich habe doch gar nicht studiert.“

      „Himmel noch mal! Du sollst doch nur so tun als ob. Vielleicht ist es gar nicht nötig, daß du die Futterluke öffnest, aber wir wollen das alles perfekt spielen. Sieh mal, Paddy: Wir gehen in Denia an Land und kaufen zwei Anker, aber die Dons sollen nicht merken, daß wir Engländer sind.“

      „Aber ich bin doch Engländer.“

      „Heiliger Antonius“, murmelte der, „natürlich bist du Engländer, aber du hast inzwischen gut Spanisch gelernt. Ist das so schwer zu kapieren?“

      „Dann soll ich spanischer Bordgeistlicher werden?“

      „Ja, genau. Ein spanischsprechender Geistlicher, eine Padre. Du hast nur herumzustehen, weiter nichts.“

      „Aber du sagtest doch, ich soll Bibelsprüche ablassen.“

      „Ja“, erwiderte der Profos mit weinerlicher Stimme, „aber nur, wenn es nötig ist.“

      „Ist es denn nötig?“


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