Seewölfe - Piraten der Weltmeere 188. Roy Palmer

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 188 - Roy Palmer


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mal“, sagte Dan plötzlich. „Als wir vorhin hier auf dem Strand eingetroffen sind, habe ich im Büchsenlicht noch eine Planke in der Brandung liegen sehen. Vielleicht finde ich sie wieder.“

      Er lief los, um danach zu suchen, und versuchte angestrengt, sich daran zu erinnern, an welcher Stelle er die Planke erblickt hatte. Er glaubte es zu wissen und steuerte auf den Platz zu, aber nach zehn, zwölf Schritten gab er es auf, in dem schäumenden, vor- und zurückgleitenden Wasser nach dem Stück Holz zu forschen.

      Dan drehte sich um und sah Shane, Blacky und Al, die auf ihn zugingen.

      „Laß es bleiben“, sagte Shane. „Ich schätze, das ablaufende Wasser hat die Planke mit in die Bucht hinausgenommen.“

      Weder er noch die anderen ahnten, daß es sich bei dieser Planke, die tatsächlich mit dem Ebbstrom immer weiter in die offene See trieb, um das Hilfsmittel handelte, das Kapitän Don Mariano José de Larra bei seiner Flucht von der „Hernán Cortés“ zur Insel benutzt hatte.

      Al Conroy schob sich näher an Dan heran und meinte: „Außerdem würde uns der Schweinehund von einem Don mit einem Stück Holz und unseren darauf festgezurrten Waffen im Wasser entdecken, sobald wir an der wracken Galeone vorbei wären und auf die ‚Isabella‘ zusteuerten. Mit anderen Worten, er würde uns auf jeden Fall abknallen, und wir könnten uns unserer Schußwaffen nicht bedienen, solange wir schwimmen oder tauchen müssen.“

      Blacky stemmte die Fäuste in die Seiten. „Aber, Mann, wir könnten wenigstens eine Flaschenbombe zur ‚Isabella‘ rüberschleudern.“

      „Vom Wasser aus?“

      „Zum Teufel, ja.“

      „Der Don läßt uns nicht auf Wurfweite heran, meine ich.“ Conroy warf einen prüfenden Blick an der sinkenden Galeone der Spanier vorbei auf die „Isabella“. „Im übrigen würden wir nicht unser eigenes Schiff zerbomben, sondern auch unsere Kameraden gefährden, hast du das vergessen?“

      „Nein, aber ich habe gedacht, wir könnten die Höllenflasche auf die Galion schmeißen“, sagte Blacky, dem selbst einleuchtete, daß sein Vorschlag nicht der glücklichste war.

      „Mein Gott“, stieß Dan hervor. „Wir stehen hier herum und quatschen sinnloses Zeug zusammen, und drüben spitzt sich die Lage wahrscheinlich immer mehr zu.“

      „Ich hab’s“, sagte Big Old Shane. „Wir müssen uns trennen. Ich weiß, wir sind nicht genug Männer, um zwei Gruppen zu bilden, aber wir müssen es trotzdem versuchen. Wir holen den Profos und Gary Andrews als Verstärkung, dann stellen wir zwei Trupps von je drei Mann zusammen. Der eine Haufen lenkt den Don auf der ‚Isabella‘ ab, während der andere sich anschleicht.“

      Dan fuhr plötzlich herum und brachte seine Muskete zum Inseldikkicht hin in Anschlag.

      „Da ist jemand“, raunte er den Kameraden zu. „Vorsicht.“

      Tatsächlich: Unter den verhalten im Wind raschelnden Wipfeln der Palmen hervor traten sechs Gestalten auf den Strand. Um wen es sich handelte, blieb allerdings nicht lange ungelöst, denn eine wohlbekannte Stimme dröhnte los: „He, nehmt die Finger von euren Kanonen, ihr Schnarchhähne! Ich sehe euch zwar nur undeutlich, aber ich könnte schwören, daß ihr uns für ein paar Buschungeheuer oder so was haltet und schon auf uns zielt.“

      „Ed“, sagte Big Old Shane. „Reiß jetzt keine Witze. Es ist nicht der richtige Augenblick dafür.“

      „Was hatten die zwei Schüsse zu bedeuten, die wir gehört haben?“ wollte Gary Andrews wissen, der sich rechts neben der wuchtigen Gestalt Carberrys befand.

      Blacky hatte sich geduckt und leicht vorgebeugt. Er blickte aus schmalen Augen zu den Ankömmlingen und rief ihnen zu: „Halt! Wer ist bei euch?“

      Carberry wies mit dem Radschloß-Drehling des Seewolfs, den er von der Lichtung der Insel aufgelesen hatte, auf die Rücken der beiden vor ihm und Gary schreitenden Männer. „Serafin und Joaquin, die beiden spanischen Decksleute“, erwiderte er auf spanisch. „Und hinter uns marschieren Maguro, der Häuptling der Eingeborenen, und unser Freund Otalu, der uns als erster auf dem gastlichen Eiland empfangen hat. Nein, keine Angst, die Dons entwischen uns nicht. Sie werden sich hüten, auszukneifen, denn sie wissen genau, daß es ihr sicheres Ende wäre.“

      „Wir sind nicht wie Capitán de Larra“, stieß der schwarzbärtige Serafin gepreßt hervor. „Und wir haben mit seinen Teufeleien nichts zu tun. Er ist vor uns geflohen, weil wir ihm angedroht hatten, wir würden ihn töten.“

      „Sei still“, sagte der Profos barsch. „Du kannst deine Verse später noch herunterbeten. Shane, Al, Dan, Blakky, was ist auf der ‚Isabella‘ los? Nun redet schon!“

      Big Old Shane trat vor den Profos und Gary Andrews hin, die jetzt mit ihren Gefangenen auf dem weißkörnigen Sandstrand stehenblieben. Er gab einen kurzen Bericht der Lage, soweit es ihm aufgrund ihrer Beobachtungen möglich war.

      Carberrys und Garys Mienen wurden lang und länger. Als der graubärtige Riese seine Schilderung beendet hatte, erkundigte sich der Spanier Serafin: „Könnten wir vielleicht auch erfahren, was geschehen ist?“

      „Meinetwegen“, entgegnete der Profos.

      Gary Andrews übersetzte ihnen, was Shane auf englisch erzählt hatte, und auch die beiden Spanier zeigten plötzlich betroffene Mienen.

      „So ist das also“, sagte Joaquin. „De Larra hat zuerst Domingo getötet, dann hat er dem Seewolf, der hinter Domingo her war, aufgelauert. Er hat ihn als Geisel genommen und hat auf diese Weise euer Schiff in seinen Besitz gebracht. Satanás – wir haben ihm den richtigen Beinamen gegeben …“

      „Wohin will der Hund?“ fragte Blacky. „Welches Ziel hat er vor Augen? Und warum segelte eure Galeone überhaupt so durch die Weltgeschichte? Willst du uns das endlich erklären?“

      „Ich sage es euch“, erwiderte Serafin. „Vor gut zwei Monaten verließen wir mit einem Sonderauftrag des spanischen Gouverneurs auf den Philippinen Manila. Don Mariano José de Larra sollte auf einer einsamen Expedition nach dem Südland suchen. Wir hofften, durch ruhige Wasser zu segeln, aber wir verloren in etlichen Stürmen jegliche Orientierung, litten unter Erschöpfung und schließlich auch noch unter Skorbut und Gelbfieber. Unsere Mannschaft wurde arg dezimiert. Irgendwie gelangten wir bis hierher, zu dieser Insel – und hier, in dieser Bucht, bestatteten wir am Nachmittag unseren Kameraden Esteban. Sein Leichnam ruht jetzt auf dem Grund der Bucht.“

      „Und dann habt ihr gegen de Larra gemeutert?“ wollte Shane wissen.

      „Ja. Ich selbst forderte ihn heraus und kämpfte mit ihm.“

      „Das waren also die Schüsse, die wir hörten, als wir uns Tutuila näherten?“ fragte Dan O’Flynn.

      Serafin nickte. „Das müssen sie gewesen sein. Der Capitán floh, und wir jagten ihm noch ein paar Kugeln nach, trafen ihn aber nicht. Ich glaube, er hat nur einen Streifschuß am Bein.“

      „Anschließend habt ihr ihn im Urwald gesucht“, schlußfolgerte Al Conroy. „Ihr fandet aber nicht ihn, sondern die beiden Polynesier, die dieser Hurensohn umgebracht hatte.“

      „Ja, so ist es“, stieß Joaquin erregt hervor. „Dann erschient ihr und dachtet, wir hätten das getan.“

      „De Larra will weitersegeln“, sagte Serafin. „Nach Süden. Er hat seinen Plan, den rätselhaften Kontinent zu entdecken, immer noch nicht aufgegeben. Er war ein guter Seefahrer und Navigator, dieser Capitán, deshalb wurde er in Manila als der richtige Mann für dieses Unternehmen ausgewählt. Aber er hatte großes Pech und beging eine Reihe von Fehlern. Am Ende unserer Reise mit der ‚Hernán Cortés‘ muß ihn der Wahnsinn gepackt haben.“

      „Wahnsinn?“ Carberry ließ einen ächzenden Laut vernehmen. „Das heißt, er ist zu allem fähig …“

      Maguro und Otalu, die Polynesier, hatten kein Wort von der Unterhaltung verstanden, aber sie schienen aus den Mienen der weißen


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