Seewölfe - Piraten der Weltmeere 64. Fred McMason
es noch einmal versuchen will, kann es gleich tun“, sagte er ruhig.
Don Ravella schob sich vor. Niemand wußte, wie er wirklich hieß. Den Namen hatte er sich selbst zugelegt. Er wurde von vielen Hafenbehörden gesucht, seit er die spanische Galeone beraubt hatte, auf der er desertiert war. Einmal hatten die Spanier ihn erwischt und bei der anschließenden Folterung das rechte Auge ausgestochen. Seitdem trug Ravella in der leeren Augenhöhle einen großen funkelnden Diamanten, der ihm, zusammen mit seinem schwarzen Vollbart, ein dämonisches Aussehen verlieh.
Sein linkes dunkles Auge funkelte den Seewolf an. Drohend war es auf Hasard gerichtet.
„Tu das nicht noch einmal, Mann!“ sagte er hitzig. „Dieses verdammte Indianerweib gehört weder dir noch einem anderen. Und …“
„Halt die Schnauze, Schwarzbart“, erklang Carberrys unbeteiligt wirkende Stimme, „sonst fehlt dir das andere Auge auch gleich!“
„Aber dann schaut er dich nie mehr an“, sagte Tucker grimmig.
Hasard ging auf den Schwarzbart zu. Ganz dicht blieb er vor ihm stehen und musterte ihn von oben bis unten.
Er konnte es sich nicht leisten, ständig von diesen verlausten Piraten, Schnapphähnen und Galgenvögeln angepöbelt zu werden. Das heizte nur die Stimmung auf, schuf weiteres Mißtrauen und verschärfte die ganze Lage. Deshalb griff er drastisch durch, egal, ob die Rote Korsarin damit einverstanden war oder nicht.
Sein Blick wanderte zu Carberry, der verstehend grinste, noch bevor Hasard auch nur ein Wort gesagt hatte.
„Profos!“ Die Stimme des Seewolfes klang kühl.
„Sir?“
„Dieser Mann erhält nach der Rückkehr zehn Schläge mit der Neunschwänzigen wegen Disziplinlosigkeit. Der andere Mann erhält ebenfalls zehn Schläge. Verstanden, Profos?“
„Aye, aye, Sir, verstanden!“
Ein paar Sekunden lang herrschte eine unnatürliche Ruhe in dem Schlangentempel.
Siri-Tong wandte den Kopf und starrte Hasard an. Er sah, wie sie schluckte. Er sah aber auch den bewundernden Blick, den sie ihm zuwarf.
Ja, das war ein Kerl, dachte sie. Ein Mann aus Eisen, der hart durchgriff, wenn es nötig war, der sich nicht scheute …
Ein Schrei klang auf. Sidi Mansur stand wieder und wollte sich auf Hasard stürzen. Don Ravella sprang den Seewolf an. Sein Gesicht glühte vor Zorn, mit geballten Händen ging er Hasard an, der ihn sofort hart und erbarmungslos in die Mangel nahm.
Tucker schnappte sich Sidi Mansur und beförderte ihn mit einem Tritt in den Hintern erneut an die Wand.
Hasard schlug dem Spanier die Fäuste in den Leib, bis dem Schwarzbart die Luft ausging und er stöhnend am Boden hockte.
„Fünfzehn Schläge für diesen Mann, Profos!“ sagte er dann.
„Aye, aye, Sir, fünfzehn Schläge!“ wiederholte Carberry.
Damit hatte sich ihr Mütchen gekühlt. Unbeteiligt stand der Boston-Mann dabei, die Hände über der Brust verschränkt. Er tat so, als ginge ihn das alles nichts an.
Ravella sah ein, daß er gegen die Crew des Seewolfes nichts ausrichten konnte. Die Kerle waren zu hart und zu wild. Sie würden ihn zusammenprügeln, bis er nicht mehr laufen konnte.
Ein höhnisches Grinsen lag in seinem Gesicht, er warf Sidi Mansur einen schnellen Blick zu.
Ja, sie beide würden sich rächen, und wenn der Seewolf sie wirklich auspeitschen ließ, sollte er es tun. Die ganze Crew würde dann ihr blaues Wunder erleben, nahm der rachsüchtige Mann sich vor.
Sidi Mansur kochte vor Wut. Er dachte ebenfalls nicht daran, diese Schmach auf sich sitzen zu lassen. Dieser hergelaufene schwarzhaarige Teufel würde es noch bereuen, sich mit ihm angelegt zu haben.
Hasard registrierte die Blicke, die die beiden tauschten. Er wußte, daß er sich zwei neue Todfeinde geschaffen hatte, die ihn von nun an aufmerksam belauern würden. Und er war überrascht, als der verschlagene Mansur auf ihn zutrat und falsch lächelte. In seinen Augen aber glomm böser Haß.
„Nichts für ungut, Sir“, sagte er heuchlerisch. „Begraben wir den Streit. Uns sind nur die Nerven durchgegangen.“
Hasard wandte sich wortlos ab. Er hatte die beiden hinterhältigen Kerle längst durchschaut.
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