Seewölfe - Piraten der Weltmeere 461. Fred McMason

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 461 - Fred McMason


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es sein, ähnlich wie jene auf der untergegangenen Schlangen-Insel, der er immer noch lebhaft nachtrauerte.

      Hm, allerdings war das hier ziemlich schlecht, überlegte er und räusperte sich ärgerlich. Am Nordufer war ja wohl nichts mit der Errichtung einer Rutsche, das hatten die anderen Kerle bereits mit der „Golden Hen“ vereinnahmt. Außerdem war es da ziemlich flach. Wie, zum Teufel, sollte man da eine Rutsche bauen?

      Der Alte hockte neben der Pantry, stierte auf die Planken und merkte nicht, daß sein Bootsmann Martin Correa schon die ganze Zeit über am Grinsen war. Heute spinnt O’Flynn wieder mal einen unsichtbaren Faden, dachte Martin. Da war er nicht ansprechbar, nicht einmal seine liebe Mary konnte ihm da ein Wort entlocken, obschon sie offenbar etwas auf dem Herzen hatte.

      Ein paar Male hatte sie schon zum Sprechen angesetzt, um Old O’Flynn mit leuchtenden Augen etwas zu verklaren. Doch der hockte da und stierte weiterhin Löcher in die Luft.

      „Wirklich herrlich hier“, sagte Martin, wobei er versuchte, den Alten ein wenig aus der Reserve zu locken.

      „Hm, ja“, war alles, was er zu hören kriegte.

      O’Flynn nahm ein Stückchen Holzkohle und zeichnete ein paar Striche auf die sauberen Planken. Nachdem er das Gekraxel ausgiebig betrachtet hatte, wischte er es wieder weg. Und weil die Holzkohle ein bißchen schmierte, gab es einen entsprechend dunklen Fleck auf den Planken.

      Wieder erschien die rothaarige Mary. Sie lächelte und blickte auf ihren alten Brummbär. Ihre Zähne blitzten, doch gerade als sie etwas sagen wollte, zog Old Donegal voller Andacht und Emsigkeit neue Striche.

      Auf Marys Stirn erschien eine steile Falte des Unmuts.

      „Was schmierst du da ständig auf den Planken herum?“ fragte sie. „Ist das eine neue Art, den Tag zu vertrödeln? He, ich habe dich etwas gefragt, Mister O’Flynn!“

      „Ja, herrlich hier“, knurrte der Alte, der überhaupt nicht zugehört hatte, „und auch schön warm.“

      Sie redeten aneinander vorbei, denn Old O’Flynn hörte wieder nicht zu. Er gab lediglich nichtssagende und banale Antworten, um seine Ruhe zu haben.

      „Herrlich hier und auch schön warm!“ fauchte Mary. „Was sind denn das für dämliche Antworten?“

      „Ja, genau“, brummte Old O’Flynn freundlich.

      Martin Correa feixte noch mehr, als Mary kopfschüttelnd mit dem Finger an die Stirn tippte. Aber es sah ganz so aus, als bahne sich bald ein handfester Ehekrach an, denn die resolute Mary ließ sich auf die Dauer nicht mit faulen Antworten abspeisen. Martin kannte das, denn die Snugglemouse konnte ziemlich heftig explodieren, und mitunter ging ihr Temperament mit ihr durch.

      Aber noch beherrschte sie sich, wenn auch kopfschüttelnd. Zähneknirschend enterte sie wieder in die Pantry ab, wo sie mit Pfannen und Töpfen hantierte.

      Old O’Flynn brabbelte etwas, wischte erneut die Striche aus und vergrößerte den Fleck zu einem schwarzen Gebilde. Nicht einmal die Sauerei auf den Planken störte ihn.

      Etwas später lehnte er sich ein wenig zurück, starrte zuerst geistesabwesend in den Himmel und kratzte sich dann ausgiebig das Kinn.

      Dann schien er aus einem Traum zu erwachen und sah sich um. Das tat er ziemlich lange und wirkte dabei erstaunt, als sei er total überrascht, in dieser Bucht zu liegen.

      „Sieht ja alles ganz anders aus“, murmelte er.

      „Wie meinst du das?“ fragte Martin verwirrt.

      „Na – diese komische Halbinsel.“

      „Aber – wir haben doch vor einer halben Stunde verholt.“

      „Ach ja, richtig“, brummte Old Donegal. „Hatte ich fast schon vergessen. Klar, wir haben zur Rutsche verholt.“

      „Zur Rutsche?“ fragte Martin fassungslos. Jetzt geht es bei Old Donegal wohl endgültig los, dachte er, jetzt fängt es im Gebälk an zu bröseln und zu bröckeln.

      „Äh, zur Bucht natürlich. Laß mich Joch mit deinem Scheiß in Ruhe, ich habe zu tun.“

      „Ich habe ja auch nichts gesagt“, brummte Martin, der mit den Schrullen und Marotten des Alten bestens vertraut war. Aber heute schien er im Kopf nicht ganz richtig zu sein.

      Old Donegal sah sich jetzt aufmerksam um. Klar, sie hatten verholt, er hatte gar nicht mehr daran gedacht. Er dachte nur noch an seine Rutsche und wo und wie man sie am besten bauen konnte. Denn es war klar, daß eine Pinte her mußte. Schließlich ging es um das Wohl aller, und da durfte eine Pinte nicht fehlen. Das hatte er ja auch schon mit Hasard besprochen.

      Er stierte zu der Kiefer hinüber und schrak heftig zusammen, als sich in der Krone etwas bewegte. Da tauchte eine Hand aus dem Gast auf und verschwand gleich wieder. Dann bewegten sich die Zweige, gleich darauf war alles wieder still und bewegungslos. Sekundenlang vergaß er die Rutsche.

      „Wir werden beobachtet“, sagte er heiser zu Martin. „Offenbar hockt dort ein Kerl in der Kiefer. Bring mir mal die Muskete! Den knall’ ich da runter wie einen faulen Fisch.“

      Martin Correa seufzte. Heute war das schon ein ganz besonderes Kreuz mit dem Alten, der blickte überhaupt nicht mehr durch und sah wieder mal Gespenster.

      „Erstens einmal“, sagte er, „pflegen Fische nur in Ausnahmefällen auf Bäumen zu hocken und faule Fische schon gar nicht. Und zweitens ist das unser Ausguck, der Franzose Roger Lutz, den Jean an Land geschickt hat.“

      „Und wenn es einer von den Schnapphähnen ist, der vielleicht überlebt hat?“ fragte Old O’Flynn beharrlich weiter.

      „Es hat aber niemand überlebt, und ich weiß genau, daß es Roger ist, der da hockt.“

      „Na schön“, brummte Old O’Flynn, „und jetzt laß mich gefälligst in Ruhe und frage mir nicht dauernd Löcher in den Bauch. Ich hab’ schwerwiegende Entscheidungen zu treffen.“

      „Na, dann gut Treff, Admiral“, sagte Martin ergeben. Der Alte ging ihm heute langsam, aber sicher auf den Geist, und das wollte bei einem Mann wie Martin Correa schon viel heißen.

      Old O’Flynn war wieder bei seiner Pinte, und diesen Gedanken spann er jetzt gründlich und sehr ausgiebig weiter. Erneut versank die Welt um ihn herum. Die Gesichter verblaßten zu Schemen, nur der Strand rückte klar und scharf heran.

      Hm, der Südhang dieser Bucht, der kam schon eher in Frage. Sieht gar nicht so übel aus, überlegte er. Der Strand war steiler. Da bot sich eine Rutsche schon eher an.

      Klar, da könnte man ein festes Pfahlhaus ins Wasser bauen, ein schönes Ding mit starken Pfählen, die man in den Grund rammen müßte.

      Natürlich müßte es eine getarnte Luke im Boden haben, falls jemand wieder Stunk anfing, Carberry zum Beispiel oder der Wikinger, die schon durch die alte Rutsche auf der Schlangen-Insel gesaust waren.

      Ha, da würden die Krakeeler – schwuppdiwupp – mit einem Affentempo ins Wasser sausen und konnten sich abkühlen!

      Old O’Flynn lachte laut auf und rieb sich die Hände. Diese Vorstellung amüsierte ihn köstlich. Sollte der Profos nur anfangen, überlegte er, dem würde er schon zeigen, wo es langging. Wie ein Amboß würde der ins Wasser fliegen.

      Er lachte so laut und meckernd, daß Martin verstört zusammenfuhr und ihm einen besorgten Blick zuwarf.

      „Der wird sich noch wundern“, sagte Old Donegal laut.

      Im Geiste sah er bereits einen nach dem anderen von den Banausen durch die Rutsche flitzen.

      „Wer wird sich wundern?“ fragte Martin.

      „Na, der Profos. Ganz große Klüsen wird der kriegen.“

      Martin hatte nicht die geringste Ahnung, warum sich der Profos wundern und vor allem weshalb er „ganz große Klüsen“ kriegen würde, aber er hakte nicht mehr nach. Außerdem war der Profos auch gar nicht hier, sondern


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