Seewölfe - Piraten der Weltmeere 191. Fred McMason

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 191 - Fred McMason


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      Ziemlich verwirrt sah er sich um.

      „Was ist los?“ fragte er grob und rauhbauzig. „Was starrt ihr mich so an, und wovon faselt ihr eigentlich?“

      „Du sagtest eben etwas von den Inseln“, erinnerte ihn Hasard.

      „Ich – von den Inseln?“ fragte Old O’Flynn verblüfft. „Von welchen Inseln denn?“

      Hasard warf dem Kutscher einen hilfesuchenden Blick zu, aber der stand nur da und zuckte verlegen mit den Schultern.

      „Na ja, vielleicht haben wir das nur falsch verstanden“, sagte der Seewolf, um Old O’Flynn nicht mehr daran zu erinnern. „Wir nehmen bald wieder Trinkwasser an Bord, denn bei dieser Hitze hält sich das Wasser immer nur einige Tage, und ich will keinem zumuten, das vergammelte warme Zeug zu trinken, wenn es hier genügend Frischwasser gibt. Deshalb laufen wir eine der nächsten Inseln an.“

      Er wartete auf eine Reaktion, aber O’Flynn nickte gleichmütig.

      „Eine gute Idee, Sir“, sagte er. „Vor uns liegen ja auch prächtige Inseln.“

      Hasard und der Kutscher warfen sich einen Blick zu. Old O’Flynn konnte sich ganz offensichtlich nicht mehr an seine düstere Prophezeiung erinnern, das bewies sein erstauntes Gesicht.

      Hasard fragte sich beklommen, was wohl in Donegal vorgehen mochte und ob auch diesmal wieder etwas Wahres daran sei.

      Er ließ die Angelegenheit auf sich beruhen, nickte den beiden noch einmal zu und wollte wieder aufs Achterdeck gehen, als er plötzlich stehenblieb.

      Eigenartig, fand er. Erst jetzt wurde ihm klar und deutlich bewußt, daß alles ganz anders war als sonst.

      Die „Isabella“ segelte in einer lauwarmen Brise. Der Himmel war teils blau, zum Horizont hin leicht dunstig, und vom Wasser stieg brühwarme Luft auf.

      Er griff sich an die Stirn und fand, daß seine Haare feucht waren. Die Luft um ihn herum war wie von einem unbekannten Gift gesättigt, und er wurde das Gefühl nicht los, daß etwas Schreckliches in dieser merkwürdigen Atmosphäre lag.

      Er blickte zu den weit am dunstigen Horizont verstreuten Inseln und fand sie schrecklich und schön zugleich. Visionen von Fieber, Gift, Pest und Krankheiten zogen an ihm vorbei.

      „Unsinn“, murmelte er. „Alles Einbildung!“

      Gewaltsam versuchte er, diesen Gedanken zu verdrängen, aber er kehrte immer wieder. Er blickte nach rechts und nach links und fragte sich, was denn eigentlich anders sei als sonst. Doch er vermochte nicht, es zu definieren, es war eben anders.

      Kopfschüttelnd enterte er den Niedergang auf, und warf dabei noch einen Blick auf die Kuhl und das Quarterdeck.

      Carberry stand lustlos herum, der Zimmermann Ferris Tucker hatte sein Werkzeug auf die Planken gelegt und gähnte. Gary Andrews lümmelte am Schanzkleid, Smoky starrte auf die Fregattvögel, und der Moses reckte seine Glieder. Niemand hatte Lust, etwas zu tun, und das schien zu seiner großen Verwunderung nicht einmal den Profos und Zuchtmeister Carberry zu stören, denn der hatte nicht einmal Lust, irgendwelche Befehle zu geben.

      Nun, es gab nicht viel zu tun, jedenfalls im Augenblick nicht, überlegte der Seewolf, außer den kleinen, unumgänglichen Arbeiten, die dazu dienten, das Schiff immer in Ordnung zu halten, damit nichts vergammelte und verkam. Dazu gehörte das Auslüften der Kammern und Räume, das Überprüfen von Tauwerk, dem gesamten Gut, dem Erhalten des Holzes und vielen kleinen Dingen.

      Matt Davies betrachtete angelegentlich seine Hakenprothese, als hätte er sie noch nie gesehen. Stenmark hockte auf einer Taurolle, und der Gambianeger Batuti lehnte mit schweißglänzendem Oberkörper neben dem Kombüsenschott und trank einen Schluck Wasser.

      Auf dem Achterdeck war die Atmosphäre ähnlich. Ben Brighton lehnte an der Balustrade und fixierte einen imaginären Punkt auf den Planken. Der junge O’Flynn blickte auf seinen wieder unbeweglich dastehenden Vater, und selbst Pete Ballie schien die Lust am Steuern des Schiffes verloren zu haben.

      Verdammt, hier war doch alles anders als sonst, überlegte Hasard. Diese Inseln waren anders. Weit vor ihnen lagen sie da, und über allem war ein Hauch, der jegliches Leben erstarren ließ. Es schien, als würden sie tausendjährig im Schlaf liegen und müßten erst geweckt werden.

      „Verdammt!“ schrie er laut. „Was ist denn auf diesem Schiff los? Liegt hier alles im Schlaf, oder habt ihr Kerle heimlich ein Rumfaß leer gesoffen?“

      In die erschlafften Gestalten kam augenblicklich Bewegung. Carberry reckte sich und schob sein Rammkinn vor.

      „Was sollen wir tun, Sir?“

      „Das müßtest du als Profos doch am besten wissen, Mister Carberry. Du stehst da wie ein altes Weib. Gleich schlafen wir alle ein, und dann hängen wir auf irgendeinem Korallenriff.“

      „Aye, aye, Sir“, sagte Ed lahm. „Es muß an der Luft liegen. Das ist eine richtig warme Brühe, die einen einschläfert.“

      Hasard ertappte sich dabei, daß er selbst gähnte, es aber gerade noch unterdrücken konnte und nur das Gesicht verzog.

      „Ja, wahrscheinlich hast du recht“, meinte er. „Kann sein, daß ein Wetterumschwung bevorsteht, das haben wir ja nicht zum ersten Mal erlebt.“

      „Aye, aye, Sir“, entgegnete Ed.

      Trotzdem schlug die Stimmung nicht um. Es war nicht so, daß sie jetzt alle mißmutig oder griesgrämig waren oder die Stimmung auf den Nullpunkt sank, es war eine andere Sache, die auf die Gemüter drückte, eine Art gewisser Wetterfühligkeit, die in diesem Teil der Südsee ganz besonders stark ausgeprägt war. Eine andere Erklärung hatte niemand.

      Die Inseln, die aus dem Dunst des Horizonts auftauchten, wurden größer und traten klarer hervor.

      Hasard deutete auf eine von dichten Palmengruppen umsäumte Insel, die in ihrer Mitte einen gekrümmten Buckel aufwies und aussah wie ein zum Sprung bereites Raubtier.

      „Zwei Strich Backbord, Pete. Wir laufen die Insel an, die den großen Hügel hat. Sie scheint unbewohnt zu sein.“

      „Zwei Strich Backbord“, wiederholte Pete Ballie und legte Ruder.

      Für den Profos war das ein Signal.

      „Brassen!“ brüllte er. „An die Brassen und rum mit den Zahnstochern, ihr triefäugigen Kakerlaken. Steht nicht rum wie verpennte Stockfische, ihr kalfaterten Miesmuscheln!“

      Sein Brüllen riß die Männer auf Stationen, und jetzt endlich kehrte wieder Leben in sie, und damit es auch so blieb, hatte Ed noch ein paar ganz besonders zarte Ausdrücke auf Lager, die bei seinem berühmten Affenarschspruch begannen und sich fortsetzten bis zu wesentlich größeren Körperteilen gewisser Dickhäuter.

      Die „Isabella“ nahm Kurs auf die Buckelinsel.

      2.

      Der Insel, die sie jetzt anliefen, schloß sich weiter nördlich eine weitere an. Bei Ebbe, wie sie jetzt herrschte, konnte man zu Fuß über die leicht herausragenden Korallenriffe von einer Insel zur anderen wandern.

      Die Luft war unnatürlich stickig und heiß. Die leichte Brise, die wehte, führte brühwarme Luftmassen mit sich.

      „Dort vorn – ein Auslegerboot“, sagte Ben Brighton. „Also ist die Insel doch bewohnt.“

      Hasard sah sich das Boot an. Es war ein Stück auf einen reichlich unzugänglichen Strand hinaufgezogen worden und sah genauso aus wie die Boote, die von den Eingeborenen der anderen Inseln benutzt wurden.

      „Tatsächlich, dort vorn bewegt sich auch etwas.“

      Gleich darauf sahen sie es deutlicher, und was dort geschah, versetzte die Seewölfe in Erstaunen.

      Vier braunhäutige, kleinere Männer hackten wie wilde Teufel auf einem länglichen Gegenstand herum. Sie schienen


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