Seewölfe - Piraten der Weltmeere 244. Roy Palmer

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 244 - Roy Palmer


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      Impressum

      © 1976/2016 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      ISBN: 978-3-95439-580-4

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

       Kapitel 10

      1.

      Bleigrau war der Himmel, der sich über der See wölbte. Der Tag ging zur Neige. Die „Isabella VIII.“ segelte von der Küste der Türkei her südwärts durch das östliche Mittelmeer und lief bei frischem Wind aus Nordwesten gute Fahrt.

      Blaßrot senkte sich an Steuerbord die Sonne ihrem Untergang entgegen; nicht mehr lange, dann würde sie hinter der dunstigen Linie der Kimm versinken und endgültig der Dunkelheit weichen, die wie ein träges Riesentier vom Morgenland her über die Fluten kroch.

      Dan O’Flynn enterte zum Wachwechsel aus dem Großmars ab. Sein Platz wurde von Bill eingenommen, der flink in den Luvhauptwanten hochkletterte und über die Umrandung der Plattform stieg.

      Es war schon einige Zeit her, daß Dan zum letztenmal den Posten als Ausguck im Großmars eingenommen hatte. Er gehörte zu den Achterdecksleuten, doch Philip Hasard Killigrew, der Seewolf, hatte es für erforderlich gehalten, ihn an diesem Nachmittag doch zum Dienst mit dem Kieker einzuteilen, und zwar aus einem triftigen Grund.

      Jemand schien die „Isabella“ zu verfolgen, und Dan, der die besten Augen von allen Männern der Besatzung hatte, konnte auch im Dämmerlicht nicht die geringste Kleinigkeit dessen entgehen, was sich weit hinter dem Kielwasser der Galeone im Norden tat.

      Hasard verließ das Achterdeck und schritt zu Dan. Sie trafen sich an der Nagelbank des Großmastes.

      „Nun?“ fragte der Seewolf. „Du hast die Mastspitzen also nicht wieder entdeckt?“

      „Nur noch einmal ganz kurz, dann blieben sie wieder zurück. Aber ich könnte nicht beschwören, daß sie zu denselben beiden Schiffen gehörten, die wir am frühen Nachmittag gesichtet hatten.“

      „Trotzdem wette ich eins zu tausend, daß sie es waren“, sagte Hasard. „Rekapitulieren wir doch mal. Plötzlich tauchen wie ein Blitz aus heiterem Himmel ein Zweimaster und ein Dreimaster auf, die offensichtlich als Fühlungshalter hinter uns bleiben – eine Schebecke mit Lateinersegeln und eine Ga-leone mit dunkel gelohtem Zeug, die ihrer Bauart nach von einer spanischen Werft stammen könnte. Liegt da nicht die Vermutung nahe, daß es sich um Selim und Lord Henry handelt?“

      Ben Brighton, Hasards Erster Offizier und Bootsmann, trat zu ihnen. „Aber es bleibt immer noch die Frage offen, wie es angehen kann, daß Henry sich mit Selim, dem türkischen Seeräuber, verbündet hat.“

      Hasard wandte sich ihm zu. „Das läßt sich in etwa nachvollziehen. Gehen wir von der Tatsache aus, daß es Henry war, der bei unserem Erlebnis in Pigadia auf Rhodos plötzlich im Morgengrauen vor der Küste auftauchte und das Feuer auf Selims Schiffe eröffnete.“

      „Nun ja“, sagte Ben und rieb sich nachdenklich das Kinn. „Wir haben das kurze Gefecht zwar nicht verfolgen können, aber auch ich könnte mir vorstellen, daß die Kanonenschüsse der Schebecke und der Ghanja Henry galten, der unerwartet aufkreuzte und Kurs auf Selims Ankerbucht oder auf die Bucht nahm, in der wir lagen.“

      Die anderen Männer näherten sich, um dem Gespräch zu lauschen – Edwin Carberry, der Profos der „Isabella“, Old O’Flynn, Shane, Ferris Tucker, Smoky, Blacky, Batuti und die übrigen, die gerade Deckswache hatten.

      „Selims Späher hatten uns beobachtet“, spann der Seewolf den Faden weiter. „Selim schickte einen Boten zur Schebecke und zur Ghanja – Dobran und die anderen Kerle an Bord der beiden Schiffe sollten sich an uns heranpirschen und die ‚Isabella‘ zusammenschießen, während Jella und die Türkinnen unseren Landtrupp ablenkten und ins Dorf Pigadia lockten.“

      „Richtig“, bestätigte Big Old Shane. „So und nicht anders muß es gewesen sein. Also gingen die Schebekke und die Ghanja ankerauf und verließen die Bucht. Warum aber ließ Dobran die Musketenschüsse abgeben?“

      „Wie, das weißt du nicht?“ fragte Old O’Flynn überrascht. „Die galten doch den Fischerbooten, die von Lagios’ Freunden unbemannt gegen die Piratenschiffe vorgeschickt wurden. Dobran glaubte an einen Überfall und verlor die Nerven.“

      „Ja“, sagte Ferris Tucker und lachte. „Und die Schüsse warnten Ben, der sich sofort auf ein mögliches Gefecht vorbereitete.“

      „Ein Überraschungsangriff auf unsere alte Lady wäre den Türken also nicht mehr gelungen“, sagte Ben. „Aber auch Lord Henry hatte die Musketenschüsse vernommen, denn er steuerte offenbar auf Selims Ankerbucht zu.“

      Dan O’Flynn grinste. „Und nun der große Clou – Dobran, der die ‚Isabella‘ bislang ja noch nicht gesehen hatte, verwechselte sie mit der ‚Cruel Jane‘ Lord Henrys und eröffnete sofort das Feuer. Henry schoß erbost zurück.“

      „Henry versenkte die Ghanja“, fuhr Hasard fort. „Die Schiffbrüchigen retteten sich an Bord der Schebecke, die Schebecke drehte ab und ergriff vor der ‚Cruel Jane‘ die Flucht. Selim und seine Restmeute aus dem Dorf hatten unterdessen die Bucht erreicht und sich an Bord der Fischerboote retten können, mit denen sie auf die offene See hinauspullten.“

      „Die Schebecke nahm auch sie auf, wie wir durch Lagios noch erfahren haben“, sagte Ben Brighton. „Henry ließ jedoch nicht von den Türken ab, er jagte sie an der Luvseite von Rhodos entlang, mit Kurs nach Norden. Aber noch einmal, Dan, bist du ganz sicher, daß es wirklich die ‚Cruel Jane‘ war, die hinter Selims Zweimaster her war?“

      „Von dem Aussichtspunkt, auf den ich stieg, konnte ich nur noch die dunkel gelohten Segel der Galeone erkennen, nicht sehr viel mehr.“

      „Und die schwarze Flagge mit den gekreuzten Säbeln?“ fragte Ferris Tucker.

      „Die natürlich nicht“, erwiderte Dan. „Sonst wäre ich völlig sicher gewesen.“

      „Ich leide ganz bestimmt nicht an Halluzinationen“, meinte Hasard mit einem Blick zu Old O’Flynn. „Ich bin fest davon überzeugt, daß es Lord Henry war und wir ihn auch nach wie vor am Hals haben. Er läßt nicht locker. Er will sich rächen und den Schatz der Medici, den wir ihm entrissen haben, wieder an sich bringen.“

      „Und warum hat er die Schebecke nicht auch versenkt?“ wollte Blacky wissen. „Es will mir nicht in den Kopf, daß er mit einem Kerl wie diesem Selim gemeinsame Sache macht.“

      „Warum denn nicht?“ sagte der Seewolf. „Der Zweck heiligt die Mittel, vergiß das nicht. Henry ist jeder Weg recht, um uns zu stellen und erneut anzugreifen. Und er ist gerissen. Er hat es geschafft, sich in Neapel aus der Affäre zu ziehen, obwohl Don Gennaro eine Stinkwut auf ihn hatte. Er nutzt jede


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