Seewölfe - Piraten der Weltmeere 244. Roy Palmer

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 244 - Roy Palmer


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Henry einen Kampfgefährten dazugewonnen, weil er befürchtet, uns allein nicht gewachsen zu sein.“

      „Dalida und Mechmed“, sagte Carberry ärgerlich. „Die hätten wir am besten gleich im Hafenwasser von Neapel ersäuft, das wäre besser gewesen.“

      „Richtig, richtig!“ rief Smoky. „Die Dame Dalida hat ja auch noch ein Hühnchen mit dir zu rupfen, Ed! Paß bloß auf, daß sie dir nicht mit ihrem Messer nahe gerät, wenn ihr euch noch mal begegnet!“

      „Was sollte sie schon ausrichten“, brummte der Profos. „Es wäre ja wohl das allerletzte, wenn ich mich von dieser verdammten Ägypterin erdolchen lassen würde.“

      „Aber sie könnte zumindest das tun, was Abu Al-Hassan und dessen Eunuchen in Marokko nicht fertiggebracht haben“, sagte Dan O’Flynn ganz gelassen.

      Carberry fuhr zu ihm und Smoky herum. „Ihr triefäugigen Aale, daran könnt ihr euch so richtig hochziehen, was? Aber ich will euch was sagen. Wenn ihr mich noch weiter mit dieser Sache anstänkert, geht es euch dreckig. Dann stolpert ihr bei Nacht über eine Taurolle und rennt mit der Nase gegen ein verriegeltes Schott, daß sie so platt wird wie die einer Flunder.“

      „Mister Carberry, Sir“, sagte Philip junior, der sich mit seinem Bruder jetzt ebenfalls zu der Gruppe gesellt hatte. „Aber eine Flunder hat doch gar keine richtige Nase.“

      Der Profos blickte ihn an. Alle warteten schon auf ein Donnerwetter, aber der Narbenmann nahm den Einwand des Jungen eher verständnisvoll auf.

      „Stimmt genau“, sagte er. „Eben deswegen. Dieser Mister O’Flynn und dieser Mister Smoky hier sind in meinen Augen nämlich gesichtslose Stinte, und es wäre gut, wenn jeder, der sie nicht kennt, dies auf Anhieb begreift.“

      Die Jungen lachten. Dan und Smoky wollten aufbegehren, aber Hasard hob jetzt die Hand und sagte: „Schluß jetzt. Es fehlte noch, daß ihr euch streitet. Wir haben Wichtigeres zu tun. Um noch einmal auf Rhodos zurückzukommen: Nach der mutmaßlichen Einigung nahmen Selim und Henry wohl auch noch Jella und die anderen Frauen zu sich an Bord, die wir freigelassen hatten, dann begannen sie, unsere ‚Isabella‘ zu suchen, die Henry sicherlich von Selim hinreichend beschrieben wurde.“

      „Also kehrten sie zu unserer Ankerbucht zurück“, meinte Ben Brighton. „Aber wir waren längst fort. Wahrscheinlich gingen sie auch noch einmal ins Dorf Pigadia hinauf …“

      „… und es war gut, daß sich die Bewohner ins Innere der Insel zurückgezogen hatten“, ergänzte Hasard. „Sonst hätten die Piraten sie dieses Mal alle umgebracht. Ich nehme an, daß Henry die Südseite der Insel sehr gründlich absuchte, ehe er endgültig davon überzeugt war, daß wir uns verzogen hatten. Jetzt begann er, im Seegebiet zwischen Rhodos und Zypern nach uns zu fahnden, in der Hoffnung, irgendwann doch noch auf uns zu stoßen.“

      „Aber er kennt unser Ziel nicht“, wandte Ferris Tucker ein. „Er weiß nicht, daß wir zur Mündung des Nils wollen.“

      Hasard zuckte mit den Schultern. „Möglich auch, daß er etwas ahnt. Aber bestimmt hat er uns nicht an der Südküste der Türkei gesucht. Er dürfte eine Zeitlang ziemlich planlos umhergestreift sein, und dann, ganz plötzlich, entdeckte er uns wieder.“

      „Und er ist wieder darauf aus, was auf die Jacke zu kriegen?“ sagte der alte O’Flynn. „Ho, Kerls, dann nur zu, er wird sich wundern, was für einen herzlichen Empfang wir ihm bereiten.“

      „Unterschätze ihn nicht“, mahnte Smoky. „Er ist jetzt nicht mehr allein, und Selim ist ebenfalls ein äußerst gefährlicher Gegner für uns – gefährlicher als beispielsweise dieser Don Gennaro in Neapel. Selim haßt uns wie die Pest, er hat die Niederlage auf Rhodos bestimmt nicht verwunden.“

      „Soll das heißen, daß du vor ihm kneifen würdest?“ brummte der Alte.

      „Ach, Unsinn.“

      „Kneifen will auch ich nicht“, sagte Hasard. „Aber ich will Henry und Selim doch meiden, um unnötige Verluste zu verhindern. Es wäre sinnlos, ihn abzuwarten, mehr noch, es wäre unverantwortlich von mir. Einen Denkzettel haben wir ihm mehrfach verpaßt, das sollte uns genügen.“

      „Mit anderen Worten?“ fragte Shane.

      „Wir sind quitt mit ihm“, entgegnete Hasard. „Ich werde versuchen, ihn endgültig abzuhängen, indem ich die Insel Zypern an ihrer Westseite runde.“

      Er wollte noch etwas hinzufügen, aber in diesem Moment meldete sich Bill mit heller Stimme aus dem Großmars. „Deck! Boot Backbord voraus – ein Einmaster!“

      Die Männer drehten sich um und spähten voraus, vermochten im verblassenden Büchsenlicht jedoch nichts zu erkennen. Hasard holte sein Spektiv aus dem Wams, stieg auf die Back und eilte nach vorn. An der Querbalustrade über der Galionsplattform verharrte er, zog das Rohr auseinander und hob es ans Auge.

      Durch das Okular konnte er schwach die Umrisse des von Bill entdeckten Einmasters erkennen.

      „Offenbar ist es eine Tartane“, sagte er zu Ben, Shane, Ferris und den O’Flynns, die ihm gefolgt waren. „Ich kann keinen Menschen an Bord sehen.“

      „Das Boot scheint herrenlos zu sein!“ meldete nun auch Bill.

      „Trotzdem ist es unsere Pflicht, uns davon zu vergewissern“, sagte der Seewolf. „Wir nehmen Kurs darauf und sehen es uns aus der Nähe an.“

      Die Tartane war ein typisches Fahrzeug des Mittelmeerraumes, das als Frachtensegler oder als Fischerboot benutzt wurde. Das Boot, auf das die „Isabella“ zuhielt, war mit einem Pfahlmast versehen. Das große Lateinersegel hing aufgegeit an der langen Gaffelrute, und auch die Fock war geborgen worden. So, wie es da ohne Fahrt auf den Wellen dümpelte, erweckte es von weitem den Anschein eines geisterhaften Schiffchens, dessen Besatzung schon vor Stunden von Bord gegangen war. In den Gedanken der Männer der „Isabella“ wurde so manche Erinnerung an die unheimlichen Begegnungen wach, die sie im Laufe der Jahre auf den Weltmeeren gehabt hatten.

      „Das ist ein Spukschiff“, sagte Old O’Flynn denn auch prompt. „Es bringt uns Unheil. Am besten weichen wir in einem großen Bogen aus.“

      Der Seewolf blickte unausgesetzt durch sein Spektiv, doch von der Tartane war in der zunehmenden Dunkelheit jetzt kaum noch etwas zu erkennen.

      „Fang nicht mit deinen Unkereien an, Donegal“, sagte er. „Es wird schon keinen Dämon an Bord haben, auch nicht die Pest, vielleicht aber jemanden, der unsere Hilfe braucht.“

      „Winkt dieser Jemand uns etwa zu?“ fragte der Alte.

      „Nein. Es regt sich nach wie vor nichts.“

      „Na bitte. Wahrscheinlich ist es gar kein richtiges Boot.“

      „Kein richtiges Boot?“ wiederholte Ferris Tucker verdutzt. „Ja, was denn wohl sonst?“

      „Ein Schemen, ein Trugbild. Etwas, das uns die Mächte der Finsternis vorgaukeln, um uns auf ein Riff zu locken“, erwiderte Old Donegal Daniel O’Flynn grantig.

      Ferris kratzte sich nachdenklich am Kopf.

      Big Old Shane schnitt eine Grimasse und sagte: „Phantasie hast du ja genug, das muß man dir lassen, Donegal. Kannst du das Riff, von dem du sprichst, vielleicht schon im Wasser leuchten sehen, he? Oder siehst du irgendwo deine Gespenster und Spukgeister in der Dunkelheit grinsen?“

      „Rede du nur“, brummte der Alte. „Deine Ansichten kenne ich ja zur Genüge. Dich holt eines Tages der Teufel höchstpersönlich.“

      „Dich nimmt er bestimmt eher als mich auf die Schippe.“

      „Das werden wir ja sehen“, sagte Old O’Flynn giftig.

      „Beidrehen!“ rief der Seewolf. „Wir sind nah genug heran! Geit auf die Segel! Ben, die Männer sollen in Lee ein Beiboot abfieren!“

      „Aye, Sir.“ Ben Brighton zeigte klar und ging fort. Er stieg auf die Kuhl hinunter und gab den Befehl an Carberry weiter, der sich daraufhin zur Crew


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