Seewölfe - Piraten der Weltmeere 254. John Curtis

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 254 - John Curtis


Скачать книгу
wenn diese Kerle fressen“, sagte Ben zum Profos, „ich sage ganz bewußt fressen, denn sie essen nicht, dann sieht das Deck hinterher so aus wie ein lange nicht mehr ausgemisteter Saustall. Und dieser Kerl mit dem Rattenbart setzt sich jetzt auch noch genau mit dem Achtersteven in den Brei und drückt ihn platt. Du wirst es diesen Kerlen nachher beibiegen, Mister Profos, wie die Planken hinterher auszusehen haben.“

      „Darauf kannst du dich verlassen, Mister Brighton“, knurrte der Profos grimmig. „Ich kann sie auch einzeln mit der Visage in den Trog stecken, bis sie satt sind.“

      Der Fusselbärtige, der den Stunk angefangen hatte, sah Ben aus tückischen Augen an. Dann griff er mit einer Hand in den Hirsebrei, stopfte sich etwas davon in den Mund und ließ den Rest achtlos auf die Planken fallen. Wie unabsichtlich stützte er sich dann mit der Hand darauf.

      Der Profos griff zur Neunschwänzigen, aber Ben war näher an dem Fusselbärtigen dran, und so packte er mit der Hand dessen mageres Genick. Aus seiner Hockstellung drückte er den Grabräuber nieder, bis sich dessen Rückgrat wie ein Papyrusrohr durchbog und seine Zähne die Planken berührten.

      „Friß ruhig weiter“, sagte er trokken und griff mit der anderen Hand nach einem Tampen. „Ich habe es satt, mich von euch provozieren zu lassen. Damit du es dir besser merkst, werden wir jetzt mal das nubische Tampentänzchen spielen.“

      Diesmal staunte sogar der Profos, und er konnte es Ben nicht verübeln, daß der jetzt in Rage geriet. Ihn selbst juckte es auch schon lange in den Fäusten, und er bedauerte lebhaft, daß Ben ihm die Arbeit abnahm.

      Ben Brighton zog dem gehässigen Burschen blitzschnell hintereinander fünf Schläge mit dem Tampen über. Der Kerl schrie und winselte, und nach der Prozedur sah er nicht viel anders aus, als hätte ihn der Profos mit der Neunschwänzigen behandelt. Das nubische Tänzchen begann er anschließend, als Ben ihn losließ. Er hüpfte durch die Kuhl, rutschte in dem verschmierten Brei aus und landete mit dem Achtersteven in dem Hirsebreikessel.

      „Guten Appetit“, wünschte der Profos trocken. „Nachher werdet ihr oberägyptischen Kanalratten das Deck schrubben, das verspreche ich euch, und die Planken werden so weiß wie Mehl sein, ihr Rübenschweine, das verspreche ich euch ebenfalls.“

      „Laß die Kerle jetzt trinken, Ed“, sagte Ben, „und anschließend können sie auf den Abtritt gehen. Du achtest mir darauf, daß er sauber bleibt, Smoky, und daß die Burschen ihn nachher auch wieder reinigen.“

      Der Decksälteste fluchte leise und schickte drohende Blicke zu den geduckt dastehenden Grabräubern.

      „Mann“, sagte er entrüstet, „ich bin doch nicht der oberägyptische Fäkalien-Verwalter von diesen Halunken.“

      „Die Kerle reinigen alles selbst“, sagte Ben. „Du kannst ihnen ja die Ohren langziehen, wenn sie aufsässig werden.“

      Es war ein Kreuz mit diesen Kerlen, und sie hofften nur, sie so schnell wie möglich loszuwerden, doch das würde sicher noch eine Weile auf sich warten lassen.

      Trotz der Prügel ging der Ärger weiter, als Carberry die Kerle zum Wasserfaß dirigierte. Zwar hielt sich der Fusselbärtige jetzt etwas zurück, dafür wurde ein anderer aufsässig, ein Kerl, der so dreckig aussah wie die Gräber, in denen er nachts heimlich herumgebuddelt hatte.

      Carberry schöpfte das Trinkwasser mit der Kelle in einen Krug, der reihum gereicht werden sollte, denn an die Kelle sollte keine dieser „verlausten Grabräuberschnauzen“ gelangen, wie er verkündete.

      Der Dreckige verweigerte das Wasser, sah Ed tückisch an, beugte dann den Kopf vor und spie verächtlich in den Krug. Er hatte den Mund noch nicht richtig geschlossen, da sorgte Carberry dafür, daß er ihn schloß, und er tat es auf seine Weise. Er holte aus und verpaßte dem Drekkigen ein mächtiges Ding auf die Ohren.

      Für den aufsässigen Grabräuber wurde die Welt in Watte gepackt. Das Rauschen der Bugwelle hörte schlagartig auf, jedes noch so laute oder leise Geräusch erstarb, und die anderen bewegten nur noch die Lippen, ohne daß er einen Ton hörte. Gleichzeitig wurde es auch dunkel um ihn, denn die Maulschelle setzte seinen Körper blitzschnell in Bewegung, und er segelte schneller als die „Isabella“ unter vollem Preß. Am Schanzkleid blieb er benommen liegen.

      „Dieses Rübenschwein“, sagte Ed zu Smoky, „wird nachher den Abtritt säubern. Nimm ihn dir ganz besonders gut vor, Smoky.“

      „Dafür wird bestens gesorgt, Ed.“

      Da die meisten der Kerle Nilwasser verlangten, gab es keine weiteren Probleme mehr, denn davon hatten sie genug.

      Carberry warf immer wieder dem hünenhaften Nubier einen Blick zu, doch der verhielt sich ausgesprochen still und fast sittsam.

      Und er scheuerte auch mit einem Fleiß zusammen mit den anderen die Planken, daß Ed nicht mehr so richtig wußte, wie er mit dem Kerl dran war.

      Das war jedoch nur die Ruhe vor dem Sturm, denn mit den Kerlen sollte es noch viel mehr Ärger geben.

      2.

      Am nächsten Morgen schob eine ganz sanfte lauwarme Brise die „Isabella“ ein klein wenig schneller den Strom hinauf. Alle nahmen es erleichtert zur Kenntnis, denn mitunter quälten sie sich nur noch mühsam nilaufwärts.

      Die Freude über das etwas schnellere Fortbewegen wurde jedoch gleich darauf wieder durch die Grabräuber getrübt. Sie veranstalteten ihren morgendlichen Höllenlärm, und der Krach aus der Vorpiek war bis aufs Achterdeck zu hören.

      „Ich weiß nicht“, sagte Hasard zu Ed, „ob wir die Kerle nicht einfach in der Piek lassen sollen, bis wir den Katarakt erreicht haben. Zum Teufel mit aller Humanitätsduselei, aber diese Burschen legen es nur darauf an, uns ständig zu provozieren, das Deck zu versauen und uns Ärger zu bereiten. Jetzt geht der verdammte Krach schon wieder los.“

      Der Profos nickte. Sein Gesicht sah düster aus, und er stemmte die mächtigen Fäuste in die Hüften.

      „Ich habe schon mit Ben gestern darüber gesprochen, aber die Hitze da unten ist eine Zumutung. Da erstickt man fast. Ich schlage vor, wir sollten ein Exempel stationieren und …“

      „Statuieren“, sagte der Seewolf lächelnd.

      „Wie? Ach so. Jedenfalls meine ich, daß wir uns zwei oder drei dieser Buschklepper herauspicken, die ganz besonders aufsässig sind, sie an den Mast binden und so lange durchpeitschen, bis selbst den anderen das Wasser in die Augen tritt. Vielleicht merken sie es sich dann leichter, daß an Bord Disziplin und Sauberkeit herrschen.“

      „Ja, ich weiß“, sagte Hasard. „In der Piek ist es kaum zum Aushalten, da erstickt man wirklich noch, und ich möchte da unten keinesfalls übernachten. Dein Vorschlag geht in Ordnung, Ed. Wenn die Kerle sich heute wieder so benehmen wie gestern, dann suchst du dir die Stänkerer heraus und ziehst jedem zehn Hiebe über. Du brauchst dabei nicht zimperlich zu sein. Nimm dir vor allem diesen Halef vor, denn er ist der Anführer der Bande.“

      „Gestern hat er sich sehr gesittet benommen“, sagte Ed, „wenn man das so ausdrücken will. Aber er ist trotzdem die treibende Kraft. Ich werde ihn im Auge behalten.“

      Carberry beugte den Oberkörper leicht vor und lauschte.

      „Himmel, ist das ein Krach“, meinte er dann, „das hört sich ja an, als hätten sie das ganze Vorschiff zertrümmert. Vielleicht lasse ich doch noch ein paar der Halunken in Eisen legen.“

      Ohne ein weiteres Wort verließ er das Achterdeck, durchquerte die Kuhl und war entsetzt über den Radau, der aus dem Vorschiff drang. Big Old Shane folgte dem Profos, der Gambianeger Batuti schloß sich an, und vorn lauerte Smoky mit einer Spake in der Hand und einem wütend verzogenen Gesicht.

      „Die sind nicht mehr normal, diese lausigen Hurenböcke“, sagte er. „Denen hat die Hitze das Gehirn eingetrocknet.“

      „Die werden gleich ihr blaues Wunder erleben“, versprach der Profos grimmig. Die Neunschwänzige


Скачать книгу