Mörder sind keine Engel: 7 Strand Krimis. Cedric Balmore

Mörder sind keine Engel: 7 Strand Krimis - Cedric Balmore


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tabakbraunen, erneuerungsbedürftigen Zähnen herum. „Na, endlich“, sagte er. „Was hat Sie bloß so lange aufgehalten?“

      Bount trat über die Schwelle und bereute im nächsten Moment, diesen spontanen Schritt getan zu haben. Hinter ihm rührte sich etwas. Kein Zweifel, ein zweiter Mann hatte neben der Tür gelauert.

      Wo war June?

      Bount schaute sich nicht um. Er war unbewaffnet. Joyce Finchs Pistole befand sich inzwischen bei den von der Mordkommission sichergestellten Beweisstücken.

      „Wer sind Sie. was tun Sie hier?“, stieß Bount hervor. Der Mann am Schreibtisch stand auf. Er war fast so groß wie Bount und mit den Muskelpaketen eines Proficatchers bepackt. Diese Kraft machte ihn auf dümmliche Weise selbstsicher, er kam spöttisch hinter dem Schreibtisch hervor, leicht geduckt und mit bösartig funkelnden, braunen Augen, die dicht beieinanderstanden und erkennen ließen, dass er keineswegs hergekommen war, um Bounts berufliche Hilfe in Anspruch nehmen zu können.

      Bount warf einen kurzen Blick über seine Schulter. Auch der zweite Typ machte nicht den Eindruck, als ob man sich mit ihm gütlich einigen könnte. Er war knapp über die 30 und hatte die platte Nase eines Mannes, der stolz darauf ist, als Schlägertyp eingestuft zu werden.

      Bount machte einen raschen Schritt zur Seite und kehrte seinen Rücken zur Wand. Die beiden Männer grinsten. Der Plattnasige baute sich vor der Tür auf und schnitt Bount den Fluchtweg ab. aber Bount hatte keineswegs die Absicht, vor den Männern zu türmen.

      „Wir sind Ihre Freunde, Meister“, sagte der Mann, der den Schreibtisch verlassen hatte. Er war ebenfalls um die 30 und hatte ein schmales Gesicht mit einem Menjoubärtchen. Seine fadenscheinige Eleganz und die Art, wie er sich bewegte, ließen ihn noch unsympathischer erscheinen als den Mann mit der Schlägernase.

      „Das höre ich gern“, sagte Bount und spannte die Muskeln. Er wusste, dass es Ärger geben würde, sogar großen Ärger, und war entschlossen, daraus die Konsequenzen zu ziehen. Gegen Gangster dieses Schlages empfahl es sich nicht, die Regeln der Fairness zu achten. Hier ging es um Sieg oder Vernichtung, und gewinnen konnte nur derjenige, der schneller, härter und brutaler handelte als der Gegner.

      Der Mann blieb stehen, auf wippenden Füßen. „Zur Freundschaft gehört es auch, einprägsame Lektionen zu erteilen – schließlich sind sie das beste Mittel, die beabsichtigte Wirkung zu erzielen“, höhnte der Mann, „es ist wie mit einem Vater, der den Sohn schlägt – gewissermaßen aus Liebe“, fügte er hinzu.

      „Mir kommen gleich die Tränen“, sagte Bount und schnellte nach vorn. Seine Faust explodierte wie ein Schuss aus der Hüfte. Sie traf den Solarplexus seines Gegners. Der ging in die Knie. Bount wirbelte herum, gerade rechtzeitig, denn der Schlägertyp hatte sich nicht damit aufgehalten, eine Schrecksekunde zu vergeuden. Er griff mit beiden Fäusten an.

      Bount traf sofort ins Schwarze, aber der Plattnasige zeigte keine Wirkung, allenfalls die, dass er wütend schnaufte und die Wucht seiner Schläge steigerte. Es kam, wie Bount es erwartet hatte. Bevorzugtes Ziel der Schlägerfäuste war die Zone unterhalb der Gürtellinie.

      Bount blockte die Attacken seines Gegners ab, so gut es ging und schaffte es binnen weniger Sekunden, aus der Defensive in die Offensive zu gehen. Jetzt war der Plattnasige gezwungen, sich zu verteidigen, sichtlich verblüfft, denn er war es offenbar gewohnt, in einer solchen Situation das Geschehen zu diktieren.

      Bount setzte ihm erneut die Rechte auf den Punkt. Der Mann mit der flachen Nase wankte, aber seine Fäuste hörten nicht auf, zu wirbeln. Es schien fast so, als könnte ihn nichts und niemand von den Beinen holen. Seine Treffer blieben brandgefährlich und verloren nur wenig von ihrer Brisanz.

      Der Gangster mit dem Menjoubärtchen quälte sich auf die Beine. Er ächzte laut, rieb sich den Magen und lehnte sich gegen die Wand. Bount kämpfte weiter, beinahe verzweifelt. Er hatte gehofft, den Plattnasigen erledigen zu können, ehe dessen Komplize erneut in den Kampf einzugreifen vermochte, aber es sah nicht so aus, als ob diese Rechnung aufgehen würde.

      Der Mann mit dem Menjoubärtchen stieß sich von der Wand ab, torkelte zum Schreibtisch, riss die dort befestigte Schwenklampe ab und kam zurück, sichtlich entschlossen, das Stahlgerüst mit dem scharfkantigen Kopf als Schlagwaffe zu benutzen.

      Bount landete einen Karateschlag. Der brachte endlich die erwünschte Wirkung. Der Plattnasige fiel um, kam aber gleich wieder auf die Beine. Noch ehe er erneut in den Kampf eingreifen konnte, zischte der Lampenkopf durch die Luft. Bount wich mit einem Sidestep aus und konterte mit einem linken Haken. Der Gangster nahm ihn hin und holte erneut aus.

      Obwohl es in dieser Situation keine Zeit für Überlegungen gab, wunderte sich Bount, dass seine Besucher darauf verzichteten, mit wirkungsvolleren Waffen zu operieren. Sie sahen nicht aus wie Männer, die nur ihre Fäuste zu handhaben wussten.

      Bount setzte nach, konnte aber nicht vermeiden, dass die Lampe ihn plötzlich am Kopf traf. Es tat höllisch weh.

      ..Stop!“, sagte der Plattnasige.

      Er hielt eine Pistole in der Hand, sie war auf Bount gerichtet. Der holte tief Luft und fragte sich, warum die Gangster erst jetzt von dieser Möglichkeit Gebrauch machten. Offenbar waren sie der Ansicht gewesen, auch ohne Handfeuerwaffen zum Ziel zu kommen, doch diese Meinung hatten sie revidieren müssen.

      „Setz dich, Schnüffler“, herrschte der Plattnasige ihn an.

      Bount gehorchte. Es war sinnlos, gegen eine tödliche Waffe kämpfen zu wollen, eine Einladung zum Selbstmord. Der Plattnasige grinste. „Das ist schön“, höhnte er. „Wirklich brav! Gib ihm die Massage, Bud. Er hat sie bitter nötig.“

      Der Mann mit dem Menjoubärtchen ließ die Lampe aus der Hand fallen und baute sich neben Bount auf. Dann schlug er zu, hart und gezielt. Bount schloss die Augen. Er hatte keine Wahl. Er musste hinnehmen, was der Gangster abfeuerte, und das war nicht wenig.

      Der Gangster legte seine ganze Kraft in die Schläge. Es bereitete ihm ein sadistisches Vergnügen, zuzuschlagen, ohne mit Gegenwehr rechnen zu müssen. Bounts Kopf flog hin und her. Es schmeckte Blut und spürte, wie seine Haut riss. Die Schmerzen nahmen zu, er drohte an seinem Zorn fast zu ersticken, aber gleichzeitig dachte er an June und daran, was sie in diesem Moment wohl tun mochte. War sie von den Gangstern gekidnappt worden, oder hatten sie sich damit zufriedengegeben, das Mädchen gefesselt in dem angrenzenden Apartment abzulegen?

      Aber möglicherweise war June auch längst zu Hause und wusste nicht, was hier gespielt wurde. Wamm! Vor Bounts Augen tanzten Sterne. Er kämpfte gegen den Hass, den Schmerz und die aufkommende Bewusstlosigkeit, er wollte nicht ohnmächtig werden, selbst wenn diese Entwicklung eine vorübergehende Pause bedeutete, ein Abschiednehmen von Qual, Schmerzen und Demütigung.

      Der Mann stoppte. Er rieb sich die weiß und spitz hervorstehenden Knöchel seiner Faust. An einigen klebte Blut. „Du hättest dich nicht wehren sollen, Schnüffler“, sagte er. „Nicht gegen uns. Wir sind ein Team. Hart und unschlagbar. Das weißt du jetzt. Sag, dass du es weißt!“

      Bount schwieg.

      Der Mann mit dem Menjoubärtchen schlug so hart zu, dass Bounts Ohren zu summen begannen und er Mühe hatte, die nächsten Worte seines Peinigers zu verstehen.

      „Wir hätten dein Flittchen mitgehen lassen können, Miss March, aber wir wollen vorerst auf einschneidendere Maßnahmen verzichten. Wir wollen dich nur warnen. Es wird schlimmer, sehr viel schlimmer kommen, wenn du nicht aufhörst, dich um den Fall Thorpe zu kümmern. Mit allem, was so dazu gehört. Verstehen wir uns?“

      Bount starrte ins Leere. Er hatte Angst davor, in den Spiegel zu blicken. Vermutlich war sein Kopf auf dem besten Weg, das Aussehen einer Kartoffel anzunehmen. Einer Kartoffel mit Ketchupsoße.

      „Du wirst spuren, nicht wahr?“, fragte der Mann mit dem Menjoubärtchen.

      „Komm“, sagte der andere und steckte seine Pistole ein. „Der hat begriffen.“

      „Wenn nicht, kommen wir wieder, aber dann geht’s weniger harmlos zu“,


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