Drei Historische Liebesromane: Das 1500 Seiten Roman-Paket Sommer 2021. Alfred Bekker
sich alle schon wünschen, er wäre bereits gegangen.“
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Die Mahlzeit, die der Novize Andreas auf den Tisch gestellt hatte, war einfach, aber schmackhaft. Sie bestand aus Brot, Schmalz und frischem Wasser. Arnulf nahm einen kräftigen Schluck und biss in das Brot, das sogar noch warm war.
„Ihr solltet ein Badehaus aufsuchen, Arnulf“, fand Fra Branaguorno. „Und ich bin überzeugt, dass sich für Euch auch ein paar neue Beinkleider und ein standesgemäßer Umhang besorgen lassen...“
Dieses Haus diente immerhin als Teil der Gesandtschaft des Kaisers in Magdeburg und da durfte es eigentlich keine Schwierigkeit sein, so viel Geld aufzubringen, wie man brauchte, um sich für die Heimreis neu auszurüsten.
Fra Branaguornos neugieriger Blick hatte immer wieder dem Schwert des Ritters gegolten, was Arnulf durchaus aufgefallen war. Zweifellos war es den aufmerksamen, falkenhaften Augen des gelehrten Mönchs nicht entgangen, dass dies nicht jene Waffe sein konnte, die Arnulf sonst an der Seite getragen hatte. Schon an der etwas unterschiedlichen Form des Handschutzes und am Griff war das deutlich erkennbar. Dazu brauchte Arnulf die Waffe auch nicht erst hervor zu ziehen. Zudem war auch nicht zu übersehen, dass die Klinge nicht so exakt in die Lederscheide passte, die er am Gürtel trug, wie es bei seiner alten Klinge der Fall gewesen war.
Arnulf legte seine Hand an den Griff des Schwertes und sagte: „Es ist ein Beutestück, für das mir bereits ein Kapitän aus Chrysopolis einen guten Preis machen wollte, den ich aber abgelehnt habe, weil ich weiß, dass es für mich unbezahlbar ist!“
Die beiden Männer wechselten einen kurzen Blick. Ein Lächeln erschien um Fra Branaguornos dünnlippigen Mund.
„Ich verstehe“, sagte er.
„Ich gab ihm stattdessen meine Sporen, um das thracische Ufer zu erreichen!“
„So seid Ihr nicht mit leeren Händen aus den Bergen jenseits von Samarkand zurückgekehrt!“
„So ist es!“
Näheres wollte Fra Branaguorno dazu im Augenblick offenbar auch gar nicht erfahren. Es würde sich schon noch eine Gelegenheit ergeben, bei der sie allein miteinander sprechen konnten. Aber fürs erste reichte dem Mönch diese Information. Er wirkte jetzt etwas entspannter und lehnte sich etwas auf seinem Stuhl zurück.
„So war unser beider lange und beschwerliche Reise vielleicht letztlich doch nicht umsonst!“, fand Arnulf, der dann auch gleich das Gespräch auf ein anderes Gebiet lenkte, obwohl Bruder Markus anscheinend wohl noch gerne ein paar zusätzliche Einzelheiten erfahren hätte, wie seinem enttäuschten Gesichtsausdruck anzusehen war. „Wie steht es denn um die Hochzeitsmission unseres verehrten Gesandten Johannes Philagathos?“, fragte Arnulf. „Werden wir bald wieder eine Kaiserin aus Byzanz an der Seite unseres obersten Lehnsherrn haben?“
„Im Moment stehen die Möglichkeiten einer schnellen Einigung schlechter, als noch vor einem halben Jahr, in der Zeit, da ich Euch zum ersten Mal die Straßen dieser Stadt entlang geführt habe, Arnulf!“, sagte Fra Branaguorno.
„So? Berichtet mir! Ich wäre gerne auf dem neuesten Stand, was die Beziehungen zwischen den beiden Kaisern und ihren Reichen angeht!“
„Lasst es mich so zusammenfassen, werter Arnulf: Diese Beziehungen sind zurzeit nicht von vordringlicher Wichtigkeit. Ihr erinnert Euch, dass wir eine ziemlich informelle Audienz bei Basileios bekamen, der ja ohnehin dafür bekannt ist, dass er das Protokoll gerne mal umgeht. Aber zurzeit wäre so etwas wohl undenkbar. Die Verhandlungen von Johannes Philagathos steckten anscheinend im Morast der oströmischen Hofdiplomatie fest. Ich habe noch vor kurzem mit ihm gesprochen. Es ist monatelang her, dass er mit dem Kaiser sprechen konnte. Stattdessen musste er immer wieder mit wechselnden Logotheten als Gesprächspartner vorlieb nehmen.“
„Das ist bedauerlich“, meinte Arnulf. „Ich hatte eigentlich gehofft, eine frohe Botschaft mit nach Magdeburg nehmen zu können, wenn es denn an die Heimreise geht...“
„Die Bulgaren sind auf dem Kriegszug. Sie sind nach Thracien eingefallen und es ist nur eine Frage der Zeit, wann sie vor den Mauern der Stadt stehen werden“, berichtete Fra Branaguorno.
„Aber das wird seit langem erwartet und es sollte uns auch nicht allzu viel Sorgen machen“, mischte sich nun Bruder Markus in das Gespräch ein. „Die Mauer der Stadt sind unüberwindlich! Es mag den Bulgaren gelingen. Thracien ist schnell zu erobern, aber sie werden sich an den Schutzmauern genauso die Zähne ausbeißen wie die Goten. Und dann wird Basileios zurückschlagen und sich rächen!“
„Der Strom der Flüchtlinge, die in die Stadt kommt, hält jedenfalls unvermindert an“, stellte Fra Branaguorno fest. „Es werden jeden Tag mehr und die verbreiten nicht unbedingt die beste Stimmung gegenüber dem Kaiser. Schließlich scheint es ihm nahezu gleichgültig zu sein, dass die Bulgaren Thracien verwüsten. Er verlässt sich auf den Schutz seiner dicken Stadtmauern!“
„Und auf die Rückkehr eines großen Teils seiner Truppen, die derzeit an der Ostgrenze kämpfen, wo sich die Muslime gegenseitig töten!“, stellte Arnulf fest. „Ich hatte alle Mühe, nicht in diese Auseinandersetzungen hinein zu geraten und war gezwungen weite Umwege zu gehen.“
Nachdem sich Arnulf so satt gegessen hatte, dass ihm der Magen gut gefüllt war, ließ Bruder Markus vom Novizen Andreas Wein einschenken. Fra Branaguorno allerdings lehnte dankend ab, während Arnulf dies jedoch gerne annahm. „Ein guter Tropfen“, stellte er fest, nachdem er bereits einen halben Becher davon geleert hatte.
„Wir werden dem Kaiserhof eine Botschaft zukommen lassen, dass Ihr eingetroffen seid“, sagte Bruder Markus. „Schließlich solltet Ihr ja ein persönliches Schreiben von Kaiser Basileios an Kaiser Otto nach Magdeburg bringen. Diese Angelegenheit muss ich noch mit Johannes Philagathos besprechen, aber ich denke...“
„Ich wäre Euch dankbar, wenn Ihr das nicht tun würdet“, unterbrach ihn Fra Branaguorno.
Bruder Markus, der ja nicht in alle Geheimnisse jener Mission, mit der Arnulf von Ellingen und der gelehrte Mönch geschickt worden waren, eingeweiht war, runzelte die Stirn. „Aber weshalb nicht? Das wäre eine Gelegenheit, wieder zum Kaiser vorzudringen, denn er lässt unseren Gesandten seit Monaten am Hof weilen, ohne mit ihm zu sprechen oder sich in irgendeiner Weise dazu zu äußern, ob er überhaupt noch daran denkt, die beiden christlichen Kaiserreiche durch eine Heirat zu verbinden.“
„Ihr solltet auch Johannes Philagathos nichts davon sagen, dass Arnulf von Ellingen nach Konstantinopel zurückgekehrt ist“, erklärte Fra Branaguorno.
„Das müsst Ihr mir erklären!“
„Die Ankündigung, Arnulf ein Dokument des Kaisers überbringen zu lassen, diente nur dem einen Zweck: der Kontrolle. Schon die Tatsache, dass wir zu ihm gerufen wurden, war verdächtig. Der Herr allein mag wissen, woher er so gut informiert war, aber anscheinend gab es Zuträger, die ihn misstrauisch gemacht haben...“
„Ihr könntet uns wirklich einige Unannehmlichkeiten ersparen, wenn Ihr darauf verzichtet, Kaiser Basileios um seine persönliche Botschaft zu bitten, die er angekündigt hat.“
„Früher oder später wird er doch erfahren, dass Ihr in der Stadt seid, Arnulf! Es gibt überall Spitzel!
„Aber von dem, was die sagen, wird das meiste bei irgendeinem untergeordneten Logotheten hängenbleiben, so wie ich den oströmischen Hof kenne. Und bis diese Nachricht tatsächlich durchdringt, sind wir längst nicht mehr in der Stadt.“
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