Das Mainzer Schloss. Группа авторов

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Repräsentationswille und Kunstsinn der Kurfürsten, aber auch bürgerliches Engagement im 19. und frühen 20. Jahrhundert geschaffen hatten.

      Diese Schicksale teilt das Mainzer Schloss mit weiteren Hofhaltungen im deutschen Südwesten, insbesondere links des Rheines. Von einer ehemals blühenden Residenzenlandschaft aus der Zeit des Römisch-Deutschen Reiches, in die sich drei Kurfürsten- und Erzbistümer, zwei Fürstbistümer, Herzog- und Fürstentümer sowie zahlreiche kleinere Territorien teilten, ist heute – im Unterschied zu anderen Regionen in Deutschland – nicht mehr viel geblieben. Weitgehend unversehrt haben nur wenige der großen Bauten die Zeit überstanden. Manche Schlösser – wie der barocke Bischofshof in Worms, die kurfürstliche Favorite in Mainz, die kurtrierische Philippsburg in Koblenz-Ehrenbreitstein, das Leininger-Schloss in Bad Dürkheim oder das pfalz-zweibrückische Schloss Karlsberg auf der Grenze zwischen dem Saarland und Rheinland-Pfalz – sind gänzlich untergegangen. Andere konnten nach dem Zweiten Weltkrieg wenigstens in ihrer äußeren Hülle wiederaufgebaut werden, darunter die Schlossbauten von Trier, Koblenz und Zweibrücken sowie in Mainz. Historische Ausstattungen mit Mobiliar und Kunstgegenständen, die einst den Reichtum und das Prestige einer Residenz sichtbar vor Augen stellten, sind fast völlig verloren.

      Will man die Bedeutung des Landstrichs am Rhein in seinen politisch-historischen, geistigen und künstlerischen Leistungen verstehen, so beanspruchen die verbliebenen Zeugnisse dieser Residenzkultur einen unverzichtbaren Erinnerungswert. In ihrer meist fragmentarischen Überlieferung bedürfen sie jedoch der Vermittlung und Veranschaulichung. Gesetzlicher Auftrag der Denkmalpflege ist nicht nur, zur Erhaltung der historischen Zeugnisse beizutragen, sondern diese auch zu erforschen und in ihren geschichtlichen Dimensionen als konstituierender Bestandteil unserer gebauten und gelebten Umwelt begreifbar zu machen. Als Denkmalfachbehörde arbeitet die GDKE mit ihren Fachbereichen und Fachdiensten in unterschiedlicher Weise an dieser Aufgabe mit. Durch Veranstaltungen und Fachtagungen, wie das Kolloquium zum Mainzer Schloss im Jahre 2016, werden die Erkenntnisse und Fragestellungen weiterentwickelt und zugleich in die Öffentlichkeit getragen.

      Der konkrete Bezug zum Kulturdenkmal steht für die Denkmalpflege dabei stets im Mittelpunkt. Dies gilt auch für die anstehende Sanierung des Mainzer Schlosses. Hier stellt sich die Aufgabe, angesichts der kriegsbedingten Substanzverluste die historischen Bezüge im Inneren sowie im Umfeld in die Planung mit ihren technischen sowie funktionalen Erfordernissen zu integrieren und in geeigneter Form anschaulich werden zu lassen. Die Bandbreite der Möglichkeiten dabei ist groß und reicht von der reinen Konservierung und Präsentation materiell überlieferter Spuren über die vorbildgerechte Wiederherstellung oder eine sinngemäße Ergänzung in modernen Formen bis zur virtuellen Vergegenwärtigung baugeschichtlicher Prozesse oder verlorener Zustände mit Hilfe digitaler Techniken. Voraussetzung für jede verantwortliche Entscheidung ist immer die umfängliche Kenntnis der Bau- und Ausstattungsgeschichte und deren Auswertung im Sinne der historischen Aussage und des daraus abgeleiteten Narrativs.

      Das vorliegende Buch mit den Kolloquiums-Beiträgen, das die Bedeutung der Mainzer Residenz aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet, bietet eine Basis für die fachliche und öffentliche Diskussion über den weiteren Umgang mit dem Kurfürstlichen Schloss und seinem Umfeld. Gleichzeitig ist der reich bebilderte Band auch eine Fundgrube für alle Mainzer, denen ihr Schloss am Herzen liegt.

      Dr. Heike Otto

      Generaldirektorin Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz

      VORWORT

      Die Denkmäler der Kunst und der Geschichte in seine Obhut und Pflege zu nehmen und gleichzeitig allen Menschen die Teilhabe an diesen Kulturgütern zu ermöglichen, ist eine Verpflichtung, die das Land Rheinland-Pfalz bereits in seiner Verfassung von 1947 eingegangen ist. Diese Verpflichtung ist Grundlage der Arbeit der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, kurz GDKE genannt, und sie gilt auch für die Arbeit der GDKE als Denkmalfachbehörde. Teilhabe am kulturellen Erbe war 2016 auch Anlass für das Kolloquium „Das Mainzer Schloss – Glanz und Elend einer kurfürstlichen Residenz“.

      Das Kurfürstliche Schloss in Mainz ist ein solches Kulturgut unseres Lebens, und blickt man auf seine Geschichte als Sitz des Kurfürsten und Erzbischofs von Mainz, der zugleich Reichserzkanzler war, zählt es zu den bedeutenden Residenzen des Heiligen Römischen Reiches. Hervorgegangen aus der spätgotischen Martinsburg, spiegelt die Anlage mit ihren Bauteilen aus Renaissance und Barock eine lange Baugeschichte und wechselvolle Schicksale wider.

      Bereits im 19. Jahrhundert begeisterten sich Bürgerinnen und Bürger für das Schloss und engagierten sich für seine Pflege und seinen Erhalt. Ein hochbedeutendes Baudenkmal, das in der Geschichte von Mainz als der Zeuge einer großen Vergangenheit, in der Reihe deutscher Palast-Bauten als eine der edelsten Perlen zu schätzen sei, ein Bau, der durch seine nunmehrige Bestimmung in hervorragender Weise der Pflege nationaler Kunst-, Kultur- und Geschichts-Wissenschaft dient, nannte der Kunsthistoriker und Prälat Friedrich Schneider das Residenzgebäude in seiner 1897 veröffentlichten Denkschrift zur Herstellung des ehemaligen Kurfürstlichen Schlosses zu Mainz und bezeichnete seine Restaurierung in der That als nationale Aufgabe. Das Schloss erhielt seine Sanierung und mit der Aufnahme von kulturellen Einrichtungen eine angemessene Nutzung. Der Zweite Weltkrieg brachte seine Zerstörung und in der Folge kam es zu seinem Wiederaufbau und zu einer Neugestaltung seines Umfeldes.

      Der aktuelle Zustand des Gebäudes erfordert wieder eine umfassende Sanierung und mit dem Auszug des Römisch-Germanischen Zentralmuseums (RGZM) besteht auch die Notwendigkeit einer neuen Nutzung. Der Ausbau der ehemaligen Residenz und ihres Umfeldes gehört zu den aktuell anspruchsvollsten Aufgaben der Stadt Mainz.

      Diese Aufgabe steht im Interesse der Öffentlichkeit und erfährt vielfache Anteilnahme aus der Bevölkerung, sei es durch engagierte – auch finanzielle – Unterstützung bei der Sanierung der Schlossfassaden oder durch einen breiten, öffentlich ausgetragenen Diskurs über die zukünftige Nutzung und Gestaltung des Schlosses und seines Umfeldes. Diese Anteilnahme, dieser Diskurs ist auch eine Form von Teilhabe am Mainzer Schloss in seiner Bedeutung als Kulturgut.

      Mit der Ausstellung der GDKE „Mainz – ein Blick, viele Aussichten“ im Jahre 2016 im Landesmuseum Mainz sollte den Mainzer Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit gegeben werden, einen Blick auf ihr kulturelles Erbe zu werfen, an diesem teilzuhaben.

      Das Mainzer Schloss war auch eines der Themen dieser Ausstellung und in ihrem Rahmen fand am 14. April 2016 das Kolloquium statt, mit dem im Vorfeld der anstehenden Sanierung ein Beitrag zur Aufarbeitung der bau- und kunsthistorischen Grundlagen sowie zur entwicklungsgeschichtlichen Einordnung der kurfürstlichen Residenz geleistet werden sollte. Ziel des Kolloquiums war nicht Meinung zu bilden, sondern die Grundlage für einen Meinungsbildungsprozess zu schaffen. Veranstalter waren neben der Generaldirektion Kulturelles Erbe mit ihrer Direktion Landesdenkmalpflege das Institut für Kunstgeschichte und Musikwissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität, der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz mit seinem Regionalverband Rhein-Main-Nahe(ehemals Mainz), der Mainzer Altertumsverein sowie der Werkbund Rheinland-Pfalz. Die Vorträge fassten nicht nur den gegenwärtigen Wissensstand zum Schloss zusammen, sondern präsentierten auch zahlreiche neue Einsichten und Forschungsergebnisse. Erstmals wurden die 1942 zerstörte Innenausstattung sowie das städtebauliche Umfeld mit dem Schlossgarten und den Nebengebäuden, die zu den elementaren Bestandteilen der kurfürstlichen Hofhaltung gehörten, zusammenhängend beleuchtet. Vorgestellt und bewertet wurden auch die Leistungen sowie die Verluste der bürgerlichen Zeit im 19. und 20. Jahrhundert. Die nun in gedruckter Form vorgelegten Beiträge schließen damit eine seit langem bestehende Lücke.

      Das vorliegende Buch soll nicht nur Fachkreise ansprechen, sondern dazu beitragen, dem Schloss seinen Platz im öffentlichen Bewusstsein wiederzugeben und die Mainzer Bürgerinnen und Bürger in die Diskussionen um seine Zukunft einzubeziehen. Für sein Zustandekommen gilt der Dank allen am Kolloquium beteiligten Institutionen, aus deren Kreis ein Teil der Referenten kam, insbesondere aber dem Institut für Kunstgeschichte und Musikwissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität mit Prof. Dr. Matthias Müller, das auch als Mitherausgeber beteiligt ist. Gedankt sei den Vortragenden für die Bereitstellung ihrer Beiträge und die Geduld


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