Kinder- und Jugendbuchverlage. Ulrich Störiko-Blume
1.3
Studien zum Leseverhalten
Um sich ein Bild davon zu machen, welche Rolle Bücher und Lesen im Alltag von Kindern, Jugendlichen und Familien spielen, werden immer wieder Studien durchgeführt. Die Verlagshäuser Egmont Ehapa, Gruner + Jahr, Panini, SPIEGEL und ZEIT geben gemeinsam repräsentative Erhebungen zur Freizeitgestaltung unter den 7,38 Millionen 4- bis 13-jährigen Kindern in Deutschland in Auftrag. Zuletzt wurde der Kinder Medien Monitor 2020 veröffentlicht. Befragt wurden 6- bis 13-jährige Kinder und ihre Eltern sowie Eltern von 4- bis 5-jährigen Vorschulkindern. In der Tabelle ein Auszug, der für das Bücherlesen relevant ist.
Fazit für die 4- bis 5-Jährigen (knapp und abgerundet):
• Fast
der kleinen Kinder lesen nie ein Buch bzw. bekommen nie vorgelesen,• ¼ lesen selten oder nie ein Buch,
• ¾ lesen mindestens mehrmals pro Woche ein Buch bzw. bekommen vorgelesen,
• Keine gravierenden Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen.
Fazit für die 6- bis 13-Jährigen (knapp und abgerundet):
• Über
• ¼ lesen selten ein Buch,
• ⅔ lesen mindestens mehrmals pro Woche ein Buch,
• Jungen sind bei den Nicht- und Selten-Lesern stärker vertreten.
Mehr als zwei Drittel der Kinder gehen also intensiv mit Büchern um – das ist eine erfreuliche Nachricht. Da solche Marktanalysen eine Menge Geld kosten, sollte man immer fragen, wer sie aus welchem Grund in Auftrag gibt. Die hier genannten Presseverlage geben Zeitschriften für Kinder heraus und wollen die Nachfrage nach ihrem Produkt und nach ähnlichen Medien kennen. Das ist ein legitimes Interesse, und es gibt keine Indizien, die Zweifel an der Seriosität und Objektivität der Studie begründen.
Ähnliche Untersuchungen, in der Literatur als KIM- , FIM- und JIM-Studien bezeichnet, werden seit 1999 vom mpfs (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest) betrieben. Dahinter stehen staatliche Landesanstalten für Kommunikation und Medien aus Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sowie die Medienforschung des öffentlichrechtlichen SWR (Südwest-Rundfunk) – es sind also keine kommerziellen Interessen zu vermuten.
Kinder im KindergartenalterDie mini-KIM-Studie 2014 bezieht sich auf die Kleinsten, die FIM-Studie 2016 ergänzt und bestätigt deren Erkenntnisse im Wesentlichen. Demnach befinden sich die Eltern der 3- bis 5-Jährigen zu 48 % im Alter bis 34 Jahre, zu 48 % zwischen 35 und 44 Jahren, zu 4 % ab 45 Jahre. Ihre Haushalte sind praktisch zu 100 % ausgestattet mit Fernseher, Computer, Internetzugang sowie Handy/Smartphone.
mini-KIM-Studie 2014/FIM-Studie 2016
Als Aktivitäten im Alltag werden in dieser Reihenfolge genannt:
1. Drinnen spielen
2. Draußen spielen
3. Buch anschauen/vorlesen (täglich 26 min.)
4. Fernsehen (täglich 43 min.)
Die Mediennutzung verteilt sich so:
1. Bücher anschauen/lesen/vorgelesen bekommen (93 %)
2. Fernsehen (86 %)
3. Videos/DVDs anschauen (67 %)
4. Hörspiele/Hörbücher hören (66 %)
5. Radio hören (49 %)
6. Spiele am Computer/Konsole (16 %)
7. Spiele auf dem Smartphone (10 %)
8. Spiele auf dem Tablet (9 %)
9. Im Internet surfen (7 %)
Die Beschäftigung mit Büchern:
1. 43 % der Kinder beschäftigen sich jeden Tag mit Büchern
2. weitere 44 % greifen ein- oder mehrmals die Woche zu Büchern
3. 5 % tun das selten
4. 7 % nie
Begeisterung für Bücher (nach Aussage der Haupterzieher):
1. 49 % der Kinder beschäftigen sich ›sehr gerne‹ mit Büchern
2. weitere 41 % ›gerne‹
3. 8 % ›nicht so gerne‹
4. 1 % ›gar nicht gerne‹
• Bücher/Comics sind bei 21 % ein Gesprächsthema in der Familie.
• 3 von 4 Kindern sehen regelmäßig fern, 90 % täglich oder mehrmals in der Woche.
• Das gemeinsame Lesen von Büchern/Comics findet bei 58 % statt.
• Täglich oder mehrmals in der Woche Bücher/Comicslesen bzw. vorlesen kommt bei 63 % vor.
• Zumindest selten kommt Bücher/Comics lesen/vorlesen bei 92 % vor.
Kinder (6 bis 13 Jahre)Die derzeit jüngste Untersuchung über Freizeitaktivitäten und Mediennutzung der Kinder ab Grundschulalter bis zum Beginn der Pubertät ist die KIM-Studie 2018. An Büchern und Lesen ›sehr interessiert‹ sind im Jahr 2018 15 % der Kinder, 2016 waren es 13 %; Mädchen stärker (19 %) als Jungen (11 %). ›Interessiert‹ sind weitere 35 % – also die Hälfte sind von sich aus für Bücher zu haben. 51 % besitzen ein eigenes Smartphone oder Handy, 39 % ein Smartphone. Die Smartphone-Zahlen erhöhen sich und dürften weiter auf eine Vollversorgung zulaufen. Dazu ist wissenswert, dass die Haushalte, in denen diese Kinder leben, praktisch zu 100 % mit Fernsehgerät, Internetzugang sowie Handy/Smartphone ausgestattet sind. Bei über 80 % sind Computer/Laptop vorhanden. 33 % der Kinder verfügen über einen eigenen Fernseher; 74 % sehen täglich fern. Noch ist also bei dieser Altersgruppe das Fernsehen der größte ›Zeitfresser‹, auch wenn das Zeitvolumen für TV langsam zurückgeht. So schlecht steht es also um den Umgang mit freiwilliger Buchlektüre in der Freizeit nicht; diese Werte erweisen sich zudem als relativ stabil.
KIM-Studie 2018
Faktische Freizeitaktivitäten der 6- bis 13-Jährigen:
(jeden Tag/fast jeden Tag/ein- oder mehrmals pro Woche)
Rang
1. Fernsehen | 96 % |
2. Freunde treffen | 92 % |
3. Hausaufgaben/Lernen | 91 % |
4. Drinnen spielen | 91 % |
5. Draußen spielen | 69 % |
6. Familie/Eltern | 77 % |
7. Musik hören | 72 % |
8. Sport treiben | 69 % |
9. Digitale Spiele | 60 % |
10. Handy/Smartphone | 60 % |
11. Internet nutzen | 55 % |
12. Radio hören | 54 % |