Dunkler Paladin. Cole Brannighan

Dunkler Paladin - Cole Brannighan


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am Hals floss Blut, das an seiner Ölschürze herunter perlte. Sein Kollege war bereits blau angelaufen und zuckte, während ihm der Inhalt seiner Blase am Bein herunterlief.

      Talisa machte einen Schritt auf ihn zu, sah ihm in die Augen und trieb ihm das Eisen in den Wanst. Sein Widerstand erschlaffte. Sie riss ihm den Schlüsselbund vom Gürtel und stapfte aus der Zelle. Ihr Gesicht war eine Maske der Grausamkeit, in der lindgrüne Augen im Rachefieber glänzten.

      »Nein, bitte!«, schrie Fetthaar. »Ich d-d-d…« Er zitterte.

      Sie schloss die Zelle auf, packte den fettigen Haarschopf und schleifte ihn daran nach draußen. Ein Stich ins Herz beendete sein Leben.

      »Mieser Verräter!« Talisa nahm sich ein zweites Eisen und maß das Gewicht ab. Es waren keine Kurzschwerter. Zur Hölle mit Wunschträumen. Sie machte ein paar Schritte auf die Tür zu und wandte sich noch einmal zu Schmutzbart um, der die Arme durch seine Zellentüre baumeln ließ. Gelassenheit lag in seinen tief liegenden Augen, als würde er ein Gemälde betrachten.

      Mit einem kurzen Schwung warf sie ihm den Schlüsselbund zu. Er sperrte die Zelle auf, griff in die Schlafstatt von Vater Klein und eilte ihr hinterher. Seine Finger schlossen sich um den Griff einer Keule, die er vom Boden auflas. Eisendornen schmückten ihren Kopf. Er nickte seiner Befreierin düster zu.

      Talisa bebte vor Wut, was ihr die Kraft gab, weiterzulaufen. Durch die Tür gelangte sie in ein gewundenes Treppenhaus. Tageslicht brannte in ihren Augen und es dauerte drei Herzschläge, bis es nicht mehr wehtat.

      Sie blickte durch eine Schießscharte nach draußen. Scharlachrote Schindeln erstreckten sich über die Dächerwelt. Wie vermutet, befand sie sich in einem der Türme Rugands.

      Von unten drangen Geräusche an ihr Ohr.

      Hatte man ihr Treiben gehört? Sie eilte die Windungen der Treppe hinunter, jeder Schritt eines Assassinen würdig. Die letzten Stufen mündeten in einen Aufenthaltsraum.

      Mit Kapuzenroben bekleidet, saßen ein Mann und zwei Frauen an einem Tisch und hielten Brotzeit. Es störte Talisa nicht, dass die Diebe zu ihren Brotmessern griffen.

      Aus Talisas Antlitz sprach nicht allein das Versprechen von Tod, sondern auch die unendliche Verdammung danach.

      »Firuwahr«, krächzte sie brüsk, »Wo finde ich diesen Milchschnüffler?«

      Der Mann preschte vor.

      Talisa warf ihm das Eisen in die Brust, das sich mit einem Flapp in seinen Leib bohrte. Sie wollte sich eine weitere Angreiferin vorknöpfen, als Schmutzbart durch den Raum wischte und den Kopf der Frau zu Brei hieb. Blut und Hirnmasse spritzten auf die hintere Wand.

      Die letzte Frau erstarrte, den Blick voller Entsetzen auf den Hirnschmodder gerichtet. Ihre rechte Hand öffnete sich und das Brotmesser fiel zu Boden.

      Talisa machte zwei Schritte auf sie zu. »Firuwahr, wo?«, fragte sie einsilbig.

      »Bitte, nicht. Er ist in Wranis, der Stadt der Dattelpalme, ich schwöre, dass ich Euch die Wahrheit sage!«, stammelte die Frau mit Tränen in den Augen.

      »Zieh dich aus!«

      »Herrin bitte, ich weiß doch nicht … «

      »Ausziehen, alles!«, zerriss Talisa das Gestammel.

      Unter Wimmern gehorchte die Frau, legte die Robe beiseite und zog sich die Unterwäsche aus, danach legte sie die Hand auf ihre Scham und den Unterarm über ihre Brüste.

      Sie hatte pralle Brüste und eine schlanke Taille.

      Talisa zog sich ebenfalls aus, es ging schnell. Mehr als die fadenscheinigen Lumpen eines Toten trug sie nicht. Sie selbst empfand keine Scham; die Zeiten waren vorbei. Was ihren Stolz ankratzte, waren die blauen Flecken, Schrammen und Platzwunden, die sich über ihren ganzen Körper zogen.

      Lieber war ihr der Tod als die Schande.

      »Vater Klein gefällt, was er da sieht.«

      »Klappe halten, Schmutzbart, oder ich schlitz dir den Wanst auf!«, keifte sie ihn an. Talisa wusste, dass sie einen Körper besaß, den Männer und Frauen begehrten. Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte sie diesen Umstand verflucht.

      Sie hob die frischen Kleidungstücke auf und zog sich an. Die beigefarbene Hose und das grüne Hemd waren nicht nach ihrem Geschmack. Sie mochte es eher dunkel. Doch die Kapuzenrobe machte es wieder wett, da sie alles überdeckte.

      »Schmutzbart, zieh dir auch was Frisches an, so kannst du draußen nicht herumlaufen.«

      Der Hüne annektierte die Robe des einzigen Mannes in der Runde. Seine breiten Schultern spannten den Stoff. Einen Augenblick lang warf er der nackten Diebin noch einen frivolen Blick zu, unter dem sie sich wand. Doch außer Schniefen und Schluchzen brachte sie nichts heraus.

      Er leckte sich die Lippen. »Wohin gehen wir jetzt?«, fragte er, ohne seine Augen von ihren Brüsten abzuwenden.

      »Auf die Jagd«, antwortete Talisa, leerte den Becher Würzwein und warf ihn quer durch den Raum.

      »Pflegt Euren Wahnsinn, denn er ist Euer siebter Sinn.«

      – Heligor der Irre, kurz vor seiner Hinrichtung.

      Kapitel Drei

      Die Trümmerküste

      Großmeister Raukhar kippte in den Sessel. Alle Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. »Alle ermordet … an unserem höchsten Festtag«, wisperte er und starrte in den Kamin. Es brannte kein Feuer darin.

      Finn setzte sich ihm gegenüber. Nachdem er seine Brüder auf dem Berg bestattet und für sie gebetet hatte, war er nach Helinas zurückgekehrt. Die anderen mussten davon erfahren. Eine Kampftruppe musste aufgestellt und Rache genommen werden.

      »Ich habe den Tempel besucht. Der Boden war aufgerissen, das Heilige Buch Renarian geraubt, die Statuen zerschlagen, der Altar mit Runen aus Blut geschändet, die Banner angesengt und der Wohntrakt verwüstet. Wir müssen zurückschlagen, wir sind Kampfpriester, das lassen wir uns nicht gefallen!«

      Der Großmeister versank im Tausendmeilenblick, während seine Finger an seinem Amulett nestelten. Er ließ sich einen Moment Zeit, bevor er antwortete. »Wie haben die Bewohner der Bergsiedlung reagiert?«

      »Was … die Bewohner … « Finn fühlte sich aus dem Tritt gebracht. »Sie haben nichts mitbekommen und ich bezweifle, dass sie je im Tempel waren, da sie sich nur für sich selbst interessieren. Ich habe unsere Brüder allein bestattet und den Tempel versiegelt. Außer Euch, habe ich es noch keinem erzählt und … «

      »Gut«, unterbrach ihn Großmeister Raukhar. »Wir behalten diese Sache im Kreis Weniger. Ich werde morgen eine Handvoll Kampfpriester versammeln und zur Bergsiedlung aufbrechen. Wir müssen wissen, was da passiert ist. Habt Ihr Kultistenleichen gefunden?«

      »Nein, … Wer sollte sonst in Frage kommen? Die Kultisten haben es auf uns abgesehen, weil wir das Attentat auf Exarch Gamrion vereitelt haben.«

      »Wer sich mit dem Schwert zur Ruhe legt, könnte kopflos aufwachen. Wir werden Ruhe bewahren und die Sache prüfen.«

      »Das könnt Ihr nicht von mir verlangen, Ihr müsst unsere Brüder in den Kampf schicken! Wir müssen Mutter Oberin von Burg Alvamund informieren, Großmeister Bahlinor in Wranis. Von vier Tempeln bleiben uns drei, die weit voneinander entfernt sind. Unsere Zahl schwindet. Wir müssen die Kultisten aufspüren und zuschlagen, bevor sie uns wieder angreifen. Wir dürfen nicht länger zögern!«

      Der Großmeister erhob sich vom Sessel und durchdrang Finn mit dem Himmelblau seiner Augen. An ihren Rändern hatten sich Krähenfüße eingegraben und verliehen ihnen den Nimbus der Altersweisheit. Sein Wesen schien zu wachsen und den gesamten Raum einzunehmen. »Ihr seid ein Heißsporn und möchtet alle Hürden mit der Klinge nehmen. Euer Kampfes­mut ehrt Euch, doch bedenkt:


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