Pflasterflächen im öffentlichen Raum. Peter Nowotny

Pflasterflächen im öffentlichen Raum - Peter Nowotny


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System MEIDRAIN)

      Mit dem schnelleren Transport des Wassers in den Straßenablauf stellt sich gleich die Frage des schnelleren Abflusses aus dem Straßenablauf in die Anschluss- bzw. Hauptleitung. Als gängige Anschlussgröße werden bislang Rohre mit einem Durchmesser von 150 mm eingebaut. Auf dem Markt gibt es bereits Bodenteile mit einer 200 mm großen Anschlussöffnung, z. B. für Bergabläufe. Ohne sehr große Mehrkosten könnte somit das Wasser schnell in und aus dem Straßenablauf herausgeleitet werden. Ein weiteres Hindernis für den Wassertransport sind die Leitungen zwischen Ablauf und Hauptleitung. Der Anschluss der Abläufe erfolgt in herkömmlicher Bauweise über einen Abzweiger in der Hauptleitung. Oftmals werden sogar mehrere Abläufe in einer Anschlussleitung zusammengeführt. Ein direkter Abschluss an den Schacht würde auch hier für höhere Entwässerungsgeschwindigkeit sorgen. Der Schacht sollte statt des üblichen Durchmessers von 1.000 mm einen Durchmesser von 1.500 mm haben und mit einem Sandfang ausgestattet werden.

      Erfolgt dann zusätzlich in kritischen Bereichen noch eine Kopplung mit einem neu auf dem Markt angebotenen Retentionsrohr zur schnellen Wasseraufnahme und zeitverzögerten Abgabe, kann mit moderatem finanziellen Aufwand der drohenden Gefahr großer Wassermassen entgegengewirkt werden. Auf die Planer von Entwässerungsanlagen kommen viele Neuheiten in Bezug auf Starkregen zu, die richtige Lösung wird sich aber immer nach den örtlichen Gegebenheiten richten müssen. Auch die Regelwerke werden sich anpassen und einen Rahmen für die künftige Bemessung von Rohrleitungen unter Berücksichtigung des vermehrt auftretenden Jahrhundertregens bieten. Aufgrund der häufig auftretenden Starkregenfälle ist die Bezeichnung „Jahrhundertregen“ zumindest vom Namen her mittlerweile irreführend.

       (18) Mit großen Rohrquerschnitten lassen im Falle von Starkregen Wassermassen zwischenspeichern und verzögert an den Oberflächenwasserkanäle abgeben. Die abgebildeten Rohre entsprechen der DIN EN 13476 Teil 3 und DIN 4262. (Bild: © Wavin GmbH System X-Straem-Stauraumkanal)

       (19) Diese Riesenvariante einer Entwässerungsrinne hat alle Vorzüge eines offenen Kanals. Im Falle eines Starkregens fließt das Wasser unmittelbar in den Rinnenkörper, wird dort gesammelt und kann dann gedrosselt an das Kanalsystem abgegeben werden. In gefährdeten Bereichen von großflächig versiegelten Fußgängerzonen kann diese hochwertige Rinne für schnelle Beseitigung von Wassermassen aus dem Straßenraum sorgen. Möglich sind bis zu 512 Liter pro Laufmeter. (Bild: © BIRCO GmbH System BIRCOmax-i)

       Speziallösung: Zwischenspeicher

      Zwischenspeicher können eine Lösung für besonders gefährdete Bereiche sein. Kann das anfallende Oberflächenwasser nicht schnell und unmittelbar über vorhandene Rohrleitungen abgeführt werden, ist ein Zwischenspeicher im Straßennebenraum möglich. So bieten sich neben der Straße befindliche Parkplätze, Spielplätze oder Grünflächen für den Einbau dieser schnellen Lösung an. Viele Lieferanten bieten Kunststoffelemente nach dem Baukastensystem an, sodass eine Wasserspeicherung in selbst zu bestimmender Größenordnung möglich ist. Dieses System besteht aus zusammengesetzten Kunststoffhohlkörpern, die mit einem Vlies ummantelt werden. Oberhalb dieser Speicherkörper kann die Oberfläche wie vorher genutzt werden, denn ihre Statik erlaubt ein Befahren bis hin zum LKW-Verkehr. Eine Retentionsanlage mit großem Speichervermögen kann so relativ kostengünstig entstehen. Weitere Varianten sind Kunststofftanks oder für große und schwer belastete Flächen ein Speicherbecken aus Betonfertigteilen.

       (20) Dieser Speicher auf dem Gelände der Albert Schweitzer-Gemeinschaftsschule in Schwentinental besteht aus Kunststoff-Blockrigolen mit einer Ummantelung aus verschweißter PE-Folie und einem Wegebauvlies als äußeren Schutz gegen Beschädigungen. Das anfallende Wasser wird zwischengespeichert, zurückgehalten und zeitverzögert an die Vorflut abgegeben. (Bild: © ACO System Stormbrixx)

      Die technisch möglichen Vorsorgemaßnahmen gegen Starkregen im urbanen Bereich sind begrenzt. Mehr als bessere Abflussmöglichkeiten durch optimierte Entwässerungssysteme zu schaffen, ist kaum möglich. Kommen ungünstige Faktoren zusammen und liegt der von Hochwasser heimgesuchte Ort an einem Fließgewässer oder unterhalb von einem Hang, so können die Wassermassen von allen Seiten kommen. Kein bezahlbares Entwässerungssystem kann dann gegen diese Naturgewalten etwas ausrichten und die Katastrophe ist somit unabwendbar. Regelmäßig wird über derartige Unwetterereignisse in aller Welt berichtet. Nur im Rahmen des technisch Machbaren können wir unsere Städte und Gemeinden schützen. Darüber hinaus muss auch im privaten Bereich Vorsorge getroffen werden. Mobile Stauwände vor Kellerabgängen und Hauseingängen, Rückstauvorrichtungen und wasserdicht verschließbare Kellerfenster sind nur einige Möglichkeiten zum persönlichen Schutz von Hab und Gut. Auch gibt es keine Hoffnung, dass das Maximum der Naturkatastrophen schon erreicht ist. Die Wetter-experten geben keine Entwarnung und verweisen auf weiterhin steigende Temperaturen, eine noch höhere Verdunstung und weiterhin häufige Unwetterereignisse. Trotzdem sollten wir zumindest den normalen, mittleren Starkregen beherrschen und durch technische Verbesserungen die Schäden möglichst kleinhalten.

       Literatur

      [1] Jacob, et al. (2014): “EURO-CORDEX: New High-Resolution Climate Change Projections for European Impact Research”, Regional Environmental Change 14, no. 2 (2014).

      [2] Nikulin u. a. (2011): Ensemble Mittelwerte aus sechs Modellsimulationen für die relative Änderung der 20-jährlichen maximalen Tagesniederschläge im Winter und im Sommer.

      [3] Statista GmbH (2018): Das Statistik Portal, Hamburg. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/37084/umfrage/anteil-der-bevoelkerung-in-staedten-weltweit-seit-1985/ (abgerufen am 19.07.2018).

      [4] Umweltbundesamt (2018): Umweltbundesamt – Perspektiven für Umwelt & Gesellschaft, Wien http://www.umweltbundesamt.at/umweltsituation/raumordnung/rp_flaechen inanspruchnahme/ (abgerufen am 19.07.2018).

      [5] Umweltbundesamt (2016): Versiegelungsgrad 2006 bis 2017 aus Elfter Umweltkontrollbericht. Umwelt5situation in Österreich.

      [6] Forum Qualitätspflaster e. V. Qualitätsgemeinschaft für Flächengestaltung mit Pflastersteinen und Pflasterplatten (Hrsg.) (2012): Pflasterer Handwerkerbuch – Grundlage für den Beruf des Pflasterers. Verlag Jugend und Volk GmbH. Wien.

      [7] Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V. (Hrsg.) (2018): Richtlinien für Planung, Bau und Instandhaltung von begrünbaren Flächenbefestigungen. Bonn.

      [8] Mentlein, H. (2007): Pflasteratlas; Planung, Konstruktion und Herstellung. 2. Auflage. Verlagsgesellschaft Rudolf Müller GmbH & Co. KG. Köln.

      [9] RVS 08.18.01 (2009): Pflasterstein- und Pflasterplattendecken, Randeinfassungen. FSV Österreichische Forschungsgesellschaft Straße – Schiene – Verkehr. Wien.

      [10] Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) (Hrsg.) (2005): Arbeitsblatt DWA-A 138. Planung, Bau und Betrieb von Anlagen zur Versickerung von Niederschlagswasser, DWA-Regelwerk, Band A 138.

      [11] Schmitt, T. G., Welker, A., Dierschke, M., Uhl, M., Maus, Ch., Remmler, F. (2010): Entwicklung von Prüfverfahren für Anlagen zur dezentralen Niederschlagswasserbehandlung im Trennverfahren, Abschlussbericht über ein Entwicklungsprojekt von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt.

      [12] Göbel P., Dierkes C., Coldewey W.G. (2007): Strom water runoff concentration matrix for urban areas, Journal of Contaminant Hydrology 91. S. 26-42. Sowie Helmreich, B., Hilliges, R., Schriewer, A., Athanasiadis, K. (2005): Niederschlag Wasserbehandlung in urban Gebieten 185. S. 37–48.

      [13] BMFLUW (2006). BGBl. II Nr 96/2006 i.d.g.F.;


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