Pflasterflächen im öffentlichen Raum. Peter Nowotny

Pflasterflächen im öffentlichen Raum - Peter Nowotny


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hinsichtlich potenzieller Schadstoffe durchgeführt. Es wurden mehrere Regenereignisse mit und ohne Schadstoffauftragung sowie ein Starkregenereignis simuliert. Weiterhin wurde der Einfluss von Streusalz auf die Mobilisierung bestimmter Schadstoffe bei einem extra Versuch untersucht. Der Fokus bei der Beurteilung der Reinigungsleistung bzw. Schadstoffrückhalts der einzelnen Versuchsflächen ist auf drei großen Gruppen gelegt: die organischen Schadstoffe (BTEX, MTBE, PAKs und MKW), die anorganischen Schadstoffe (Schwermetalle: Pb, Cd, Cr, Cu, Ni, Zn) und die anderen gelösten Salze bzw. Ionen (Ammonium, Nitrat, Chlorid, Sulfat und Phosphat). Zur Simulation von Regenereignissen wurde eine manuelle und/oder automatisierte Beregnung mit ca. 120 bis 250 l Grundwasser pro Fläche durchgeführt. Die Wassermenge ist an einem durchschnittlichen einjährigen Regenereignis angepasst, variiert aber etwas in Abhängigkeit vom Versuch bzw. Zielsetzung beim jeweiligen Versuch. Die Versuchsflächen wurden in einem Zeitraum von ca. 18 Monate mehrfach mit den genannten relevanten Schadstoffen kontaminiert.

       (9) Stoffquellen und Stoffemissionen durch Kraftfahrzeugverkehr und Dächern (© Boller, 2003; Helmreich [14])

      Die aufgebrachten Schadstoffmengen wurden gemäß den typischen Schadstoffkonzentrationen im Abfluss von schwach gefahrenen Straßen und Parkflächen ausgewählt [12]. Es wurde pro Versuchsfläche (VF) der Oberflächenabfluss (OFA) und das Sickerwasser (SW) quantitativ erfasst und auf die Qualität untersucht. Daraus wurden die Schadstofffrachten bzw. die prozentuelle Schadstoffretention in der jeweiligen Fläche berechnet. In der Abb. 10 sind einige ausgewählte Ergebnisse für eine Versuchsperiode von ca. 12 Wochen nach der Kontamination der Versuchsflächen exemplarisch dargestellt.

       (10) Die Schadstoffretention für ausgewählte Substanzen bei den Versuchsflächen 1) Gitterstein 100/100/30 mit Recyclingmaterialfüllung 0/32 und Begrünung, 2) Betonstein 20/20 mit Drainfuge 2/8, 3) Betonstein 20/10 mit Normfuge 0/4 und 4) Betonstein 21/17 mit Zement gebundene Fuge. (Bild: © U. Pitha, R. Allabashi, B. Scharf, V. Enzi)

      Es konnte bei diesen Forschungsarbeiten gezeigt werden, dass die versickerungsfähigen Flächen Rasengitterstein und Drainagepflasterung neben einem guten Versickerungsverhalten auch eine sehr gute Retention (meist über 95 %) für die meisten untersuchten Schadstoffe aufwiesen. Es konnte eindeutig bewiesen werden, dass Sickerwässer aus versickerungsfähigen Oberflächenbefestigungen weniger stark belastet sind, im Vergleich zu Oberflächenwässer aus undurchlässigen Flächen. Des Weiteren wurde für viele Schadstoffe ein signifikanter Unterschied der Konzentrationen im OFA und SW von derselben Oberflächenbefestigung festgestellt, wie am Beispiel vom Nickel in der Abbildung 11 gezeigt wird.

       (11) Nickelkonzentration in OFA bei allen neun untersuchten Versuchsflächen und über die gesamte Versuchsdauer (sieben Beprobungen über 18 Monate), sowie der Vergleich mit der höchstzulässigen Umweltqualitätsnorm (ZHK-UQN) aus der QZV Chemie OG und dem Schwellenwert (GW-Schw.wert) aus der QZV Chemie GW. (Bild: © U. Pitha, R. Allabashi, B. Scharf, V. Enzi)

       (11a) Nickelkonzentration in SW bei allen neun untersuchten Versuchsflächen und über die gesamte Versuchsdauer. (Bild: © U. Pitha, R. Allabashi, B. Scharf, V. Enzi)

      Darüber hinaus wurden die gemessenen Schadstoffkonzentrationen der jeweiligen Abflüsse mit den entsprechenden Umweltqualitätsnormen für Oberflächengewässer und Grundwasser nach den gültigen Österreichischen Verordnungen verglichen [13]. Dieser Vergleich zeigt, dass trotz der guten Elimination in den meisten Fällen vereinzelt Grenzwertüberschreitungen festzustellen sind. Diese treten meistens bei den Oberflächenabläufen und unmittelbar nach der Kontamination auf, was den großen Vorteil der sickerfähigen Flächen ohne nennenswerten Oberflächenabfluss bestätigt.

      Versickerungsfähige Flächenbefestigungen sind nicht nur in unterschiedlichen Optiken erhältlich, sondern sie können ästhetisch und nutzungsbezogen individuell eingesetzt werden. Sie unterscheiden sich auch im Hinblick auf ihre Versickerungsfähigkeit stark. Dies ist v. a. auch im Hinblick auf die Siedlungsentwässerung und Dimensionierung von Kanalsystemen zu berücksichtigen. Hier können versickerungsfähige Flächenbefestigungen einen erheblichen Beitrag zum natürlichen Wasserkreislauf, der Grundwassererneuerung und nicht zuletzt Kostenersparnis bei der Kanalisation leisten.

      Der Begriff Retention bekommt in Bezug auf Starkregenereignisse eine immer größere Bedeutung. Das aus dem Lateinischen kommende „retentio“ bedeutet nichts anderes als „das Zurückhalten“. Bei Starkregenereignissen gibt es genug Wasser „zurückzuhalten“ und das kann in den verschiedensten Formen geschehen. Die bekannteste Möglichkeit, Regenwasser zwischenzuspeichern sind Regenrückhaltebecken, sei es als Auffangteich bei kleineren Bauwerken, als große Versickerungsanlage bei Industriebauten oder im öffentlichen Bereich als Regenrückhaltebecken für ganze Orts- oder Stadtteile. Weitere Möglichkeiten zur Zwischenspeicherung sind Regenwasserzisternen aus Kunststoffelementen oder Betonfertigteilen, als große Tankanlage oder auch als überdimensional bemessene Schachtanlage. Diese Anlagen dienen oft zur Erfüllung von Auflagen zwecks verzögerter Abgabe von Oberflächenwasser an die Entwässerungssysteme. Jetzt sind diese Zwischenspeicher willkommene Anlagen zur Abmilderung von Starkregenereignissen. In den nächsten Jahrzehnten werden uns diese Unwetterereignisse beschäftigen und für eine völlig neue Ausrichtung der Oberflächenwasserbehandlung sorgen.

       (12) Regenrückhaltebecken können eine Bereicherung für die Landschaft sein. Diese Anlage befindet sich am Stadtrand von Garbsen bei Hannover. Ein idyllischer Ort ist das Rückhaltebecken im Falle eines Starkregens jedoch nicht mehr, sondern eine reine Funktionsanlage zur Aufnahme großer Wassermassen. (Bild: © Meino Heuer)

       (13) Im Falle eines Starkregens können verstopfte Einlaufroste ein vermeidbares Hindernis für den Abfluss von Wassermassen darstellen. (Bild: © Meino Heuer)

      Eine regelmäßige Wartung und Säuberung der Abflüsse mit Funktionskontrolle in verkürzten Abständen ist unbedingt erforderlich. So können Algenteppiche, Mähgut, Äste und wilder Müll für einen Wasserstau mit schlimmen Folgen sorgen. Versäumnisse hinsichtlich der Pflege lassen sich vor Eintritt eines Starkregenereignisses nicht mehr nachholen.

       (14) Auch dieses Ein- bzw. Überlaufbauwerk stellt mit allseitigem Bewuchs eine Gefahrenquelle dar. Regelmäßig müssen Ein- und Auslaufbereiche gemäht werden. Das Mähgut darf nicht im Graben verbleiben, da es mit der Wasserströmung eines Starkregens einen sofortigen Verschluss der Roste zur Folge hätte. (Bild: © Meino Heuer)

      Die Speicherung oder Zwischenspeicherung in Regenrückhalteanlagen kann ihren Nutzen bei Starkregenereignissen nur erfüllen, wenn vom Eintrittsquerschnitt der Straßenabläufe bis hin zum Sammelbecken alle Einbauten größer bemessen wurden als bei hydraulischen Berechnungen in früheren Jahren. Das plötzlich in großen Mengen vorhandene Oberflächenwasser muss schnellstmöglich in den Straßenablauf hineinkommen, dort über den Ablauf in die Anschlussleitung gelangen und dann über die Hauptleitung in einen Vorfluter oder in ein Speicherbecken gelangen.

      Die erste Hürde ist somit der Einlaufquerschnitt des Straßenablaufs.


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