Ur-Gemeinde. Frank Viola

Ur-Gemeinde - Frank Viola


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      Für alle Nachfolger Jesu,

      die sich darüber Gedanken machen,

      was Gemeinde eigentlich ist.

      Nachdem ich dreizehn Jahre lang zahlreiche Kirchen und außerkirchliche Organisationen besucht hatte, wagte ich den Schritt, die Institution „Kirche“ zu verlassen. Seitdem bin ich nicht mehr in das institutionalisierte Christentum zurückgekehrt. Heute bin ich in so genannten „organischen Gemeinden“ unterwegs.

      Warum ich die institutionelle Kirche verlassen habe? Zunächst haben mich die Sonntagsgottesdienste zu Tode gelangweilt – ganz allgemein und ungeachtet der jeweiligen Kirche, Denomination oder Freikirche. An den Menschen, die in die Kirche gingen, konnte ich kaum geistliche Veränderung beobachten. Und was ich selber an geistlichem Wachstum erfuhr, schien sich außerhalb des kirchlichen Milieus zu ereignen.

      Außerdem hatte ich ein tiefes Verlangen nach Gemeinde, wie ich sie im Neuen Testament beschrieben fand. Scheinbar gab es in den traditionellen Kirchen und Gemeinden, die ich besuchte, so etwas nicht. Je mehr ich in der Bibel las, desto fester wurde meine Überzeugung, dass sich die heutige Kirche von ihren biblischen Wurzeln weit entfernt hat. Deshalb verließ ich das institutionelle Kirchenchristentum und begann mich mit einigen Christen auf „organische“ Art zu treffen.

      Nach diesem Schritt wurde ich von Freunden und Bekannten oft gefragt: „In welche Kirche/Gemeinde gehst du eigentlich?“ Meine Antwort erzeugte regelmäßig eine peinliche Stimmung: „Ich gehöre einer Gemeinde an, die keinen Pfarrer und kein Gebäude hat; wir versammeln uns so, wie es die Urgemeinde getan hat. Dabei sind wir ganz von Jesus Christus eingenommen.“ So lautete gewöhnlich meine Standardantwort. Daraufhin wurde ich in der Regel angestarrt, als käme ich direkt vom Mars!

      Auch heute diese Frage noch häufig gestellt. Jetzt kann ich besser antworten als damals vor zwanzig Jahren (obschon meine Antworten zugegebenermaßen immer noch schwerfällig und unbefriedigend ausfallen).

      Genau hier liegt die Absicht dieses Buches: Es möchte eine biblische, geistliche, theologische und praktische Antwort auf die Frage formulieren, ob es überhaupt möglich ist, außerhalb der etablierten Kirchen Gemeinde zu leben? Und wenn ja, wie?

      Wenn ich aus den vergangenen zwanzig Jahren etwas gelernt habe, dann Folgendes: Dieses Buch wird im Wesentlichen zwei Reaktionen auslösen. Die eine: „Gott sei Dank, bin ich nicht verrückt! Ich habe schon an mir selbst gezweifelt. Jetzt stell ich dankbar fest, dass ich nicht der Einzige bin, der so über Kirche denkt. Dieses Buch drückt genau das aus, was ich selbst seit vielen Jahren empfinde und denke. Jetzt kann ich wieder hoffen, dass es außerhalb des Althergebrachten authentisches Gemeindeleben gibt.“

      Die andere Reaktion wird sein: „Wie können Sie es wagen, die gängige Kirchenpraxis in Frage zu stellen? Gott liebt die Kirche. Wer gibt Ihnen das Recht, so harsche Kritik zu üben? Und wer gibt Ihnen das Recht, zu sagen, Ihr Verständnis von Kirche sei das einzig richtige?“

      Selbstverständlich bin ich nicht unfehlbar und gebe unumwunden zu, dass ich selber noch wachse und dazulerne. Doch genau hier liegt das Problem, das dieses Buch anpackt: Wir Christen sind uns uneins, was Kirche/Gemeinde ist. Ich kritisiere die Kirche keineswegs. Dieses Buch habe ich vielmehr geschrieben, weil ich die Gemeinde liebe. Deshalb sehne ich mich danach, den Leib Christi so gelebt zu sehen, wie Gott ihn sich meines Erachtens vorgestellt hat. Verwechseln Sie die Gemeinde bitte nicht mit einer Organisation, einer Denomination, einer Bewegung oder gar einer hierarchischen Struktur. Die Gemeinde ist das Volk Gottes, mehr noch: sie ist die Braut Jesu Christi! Ich werde in diesem Buch zeigen, dass Gott keineswegs verschwiegen hat, wie er sich die Gemeinde auf Erden vorgestellt hat. Was ich überdenken will, ist nicht die Gemeinde an sich, sondern ihre gegenwärtige Praxis.

      Außerdem behaupte ich nicht, es gäbe so etwas wie den „richtigen“ Weg Gemeinde zu sein, geschweige denn, ich hätte ihn entdeckt. In diesem Buch denke ich ganz einfach über neue Wege nach – über Wege, von denen ich glaube, dass sie in Übereinstimmung sind mit der Lehre Jesu und der Apostel. Für mich und viele andere Christen haben sich diese Wege als das erwiesen, wonach wir uns im Tiefsten gesehnt haben.

      Das vorliegende Werk gliedert sich in zwei Teile. Den ersten Teil habe ich mit „Gemeinschaft und Versammlung“ überschrieben. Ich untersuche darin das Leben und die Versammlungspraxis der Urgemeinde und vergleiche sie mit den Bräuchen der heutigen Kirche.

      Der zweite Teil des Buches lautet: „Leitung und Verantwortung“. Darin stelle ich ein neues Leitungskonzept vor, einschließlich einiger Grundsätze zu Autorität und Verantwortung. Trotz ihres antitraditionellen Ansatzes beruhen meine Thesen auf biblischen Prinzipien. Sie sind auch praktisch. Ich erlebe seit nunmehr zwanzig Jahren, dass sie funktionieren. Im Anhang des Buches gehe ich zudem auf einige gängige Einwände ein.

      Mein Ansatz ist durchweg konstruktiv. Dabei liegt es mir fern, eine Auseinandersetzung zu führen. Viele meiner Gedanken unterscheiden sich so radikal vom herkömmlichen Verständnis, dass sie deshalb bei manchen wohl Missfallen, bei anderen gar Feindseligkeit nach sich ziehen werden.

      Ich zähle auf Ihre Geduld und bitte Sie, meine Aussagen im Licht der Heiligen Schrift und Ihres Gewissens zu prüfen. Meine Haltung beim Schreiben finde ich mit den Worten von C. S. Lewis am besten wiedergegeben: „Betrachten Sie mich als Mitpatient im selben Krankenhaus. Ich bin schon etwas früher eingeliefert worden und kann daher den einen oder anderen Rat geben.“ Ich wünsche mir sehnlich, Gottes Volk befreit zu sehen von der Tyrannei des Status quo, befreit aber auch von allen unterdrückenden, hierarchischen Strukturen – und dies aus einem einzigen Grund: damit Jesus Christus wieder Zentrum und Haupt seiner Gemeinde wird.

      Frank Viola

      Gainesville, Florida

      Oktober 2007

      Unsere Zeit lebt weit hinter den Maßgaben des Neuen Testaments – und gibt sich mit einer kleinen, überschaubaren Religion zufrieden.

      Martyn Lloyd-Jones

      Die meisten bekennenden Christen bemerken nicht, dass die zentralen Vorstellungen und Traditionen, die wir „Kirche“ nennen, nicht im Neuen Testament wurzeln, sondern in den in nachapostolischer Zeit entwickelten Bräuchen.

      Jon Zens

      Wir stehen vor einer Revolution der kirchlichen Theologie und Praxis. Zahllose Christen – darunter Theologen, Kleriker und Experten – suchen nach


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