Ur-Gemeinde. Frank Viola

Ur-Gemeinde - Frank Viola


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fing an, ihn viel tiefer kennenzulernen.

      Irgendwelchen Darbietungen beizuwohnen stellte mich nicht mehr zufrieden. In diesen organischen Zusammenkünften wünschte ich anderen zu erzählen, was ich selbst mit dem Herrn erlebt hatte. Auf einmal fiel es mir leicht, meine Passivität zu überwinden, aktiv am Geschehen teilzunehmen und zur Versammlung beizutragen. Jede Zusammenkunft durfte anders sein. Manchmal sangen wir stundenlang. Ein andermal konnten sich die Gläubigen kaum zurückhalten, von allem zu berichten, was Jesus in der vergangenen Woche in ihrem Leben getan hatte. Manchmal haben wir den Herrn einfach schweigend in Ehrfurcht verehrt. Keiner musste uns etwas vorschreiben. Der Geist wirkte, und alles geschah spontan und wie von selbst. Oft haben wir wie eine Familie zusammen gegessen. Manchmal unterhielten wir uns über Bibelstellen. Oder wir inszenierten Geschichten aus der Bibel, die uns Christus näherbrachten.

      Wir trafen uns auch morgens unter der Woche: Brüder mit Brüdern, Schwestern mit Schwestern. Wir suchten den Herrn im Gebet und studierten gemeinsam die Schrift. Jeder Tag begann mit Christus. Am Abend luden wir uns gegenseitig ein zum Essen und zur Gemeinschaft mit Christus. Es gab Männerzusammenkünfte und Frauenstunden, bei denen wir uns berieten und gemeinsam Entscheidungen trafen für die Gemeinde. Wir übernahmen Verantwortung und sorgten füreinander.

      Lag nichts Dringliches vor, dann sangen wir zum Herrn und suchten gemeinsam seine Gegenwart. Brauchte jemand Hilfe, überlegten wir uns eine Lösung. Manchmal segneten wir einander einfach so. Singles passten gelegentlich auf die Kinder auf und ermöglichten den Ehepaaren, abends auszugehen. Kehrte jemand von einer längeren Reise zurück, wurde er am Flughafen von der ganzen Gruppe empfangen: Gemeindeversammlung am Airport!

      Immer und überall geschah etwas und ergaben sich Gelegenheiten, sich über Christus auszutauschen und gemeinsam den Herrn zu lieben. Oder wir gingen spontan raus, um den Verlorenen zu dienen. Egal, was wir unternahmen: Der Geist war frei sich unter uns zu bewegen und die Richtung vorzugeben. Wenn wir uns versammelten, sah ich einen verherrlichten und wunderbaren Christus. Wir entdeckten immer wieder Neues an ihm. Und jedes Mal wollte ich ihn tiefer erkennen. Das Schuld- und Schamgefühl und das Gefühl von Wertlosigkeit waren weg. Leidenschaftlich suchte ich Christus besser kennenzulernen.

      Ich verdorre nicht mehr am Weinstock. Ich habe die Freiheit der Christen entdeckt, die organisch zusammenkommen – wie in der Urgemeinde.

      Kurzum: Dieses Buch versucht eine Vision von Gemeinde neu zu entwerfen, die organisch zusammengefügt ist und beziehungsorientiert lebt. Sie ist bibelgemäß in ihrer Gestalt und richtet sich an Christus aus. Sie ist trinitarisch geprägt und lebt gemeinschaftlich. Dabei vermeidet sie jedes elitäre Auftreten und verbietet sich sektiererisches Verhalten.

      Ich lade Sie auf eine Entdeckungsreise ein, ganz neu zu erkennen, was es aus Gottes Perspektive heißt, Gemeinde zu sein. Unser gemeinsamer Ausgangspunkt ist das Neue Testament.

      Ich habe einen Traum

      Ich träume davon, dass die Gemeinde Jesu Christi eines Tages ihrer von Gott gegebenen Berufung folgt und – ganz nah am Herzschlag des allmächtigen Gottes – ihrer wahren Identität gemäß lebt: als die Verlobte des Königs aller Könige.

      Ich träume davon, dass Jesus Christus eines Tages wieder das Haupt seiner Gemeinde sein wird: nicht nur als frommes Lippenbekenntnis, sondern tatsächlich.

      Ich träume davon, dass überall Gruppen von Christen die neutestamentliche Wirklichkeit ausleben werden: Gemeinde ist ein lebendiger Organismus und keine institutionelle Organisation.

      Ich träume davon, dass die Unterscheidung zwischen Klerus und Laien eines Tages Geschichte sein wird, wenn nämlich der Herr Jesus das vermoderte System menschlicher Hierarchie, das ihn seiner rechtmäßigen Herrschaft unter seinem Volk beraubt hat, durch seine Person ersetzt haben wird.

      Ich träume davon, dass weite Teile von Gottes Volk dieses von Menschen geschaffene System nicht länger hinnehmen, das sie in Religion versklavt und unter einem Berg von Schuld, Verpflichtungen und Verurteilungen begraben und sie zu Sklaven autoritärer Systeme und Führer gemacht hat.

      Ich träume davon, dass die Vorherrschaft und Zentralität Jesu Christi Mittelpunkt, Lebensgrundlage und Herzensanliegen jedes einzelnen Christen und jeder Gemeinde wird. Gottes geliebtes Volk wird sich dann nicht mehr über religiöse und theologische Fragen entzweien lassen. Die gemeinsame Leidenschaft und das Streben aller gilt nur noch einer Person, nämlich dem Herrn Jesus Christus.

      Ich träume davon, dass sich zahllose Kirchen und Gemeinden von Powerunternehmen in geistliche Familien verwandeln, in authentische auf Christus fokussierte Gemeinschaften, in denen einer den anderen persönlich kennt und bedingungslos liebt, in denen man miteinander leidet und sich ungeheuchelt aneinander freuen kann.

      Ich habe heute einen Traum …4

      GEMEINSCHAFT LEBEN

      Kapitel 1: Umdenken – Gemeinde als Organismus

      Die Bestürzung über eine neue Wahrheit steht in direktem Verhältnis zur Überzeugung, mit der zuvor der Lüge geglaubt wurde. Nicht, dass die Erde rund war, hat die Menschen beunruhigt, sondern dass sie nicht mehr flach sein sollte. Wenn den Massen nach und nach und über Generationen hinweg ein ausgeklügeltes Lügennetz verkauft worden ist, wird die Wahrheit gänzlich lächerlich aussehen und ihr Vertreter wie ein Verrückter erscheinen.

      Dresden James

      Der Dienst des Heiligen Geistes war stets, Jesus Christus zu offenbaren und ihm alle Dinge gefügig zu machen. Das kann kein auch noch so begabter Mensch leisten. Durch Studium, Forschung oder Vernunft können wir nichts Wesentliches aus dem Neuen Testament gewinnen. Alles hängt davon ab, dass der Heilige Geist uns Jesus Christus offenbart. Wir müssen ständig danach trachten, ihn durch den Geist zu erkennen. Dann wird uns klar werden, dass er selbst die Ordnung, Form und Gestalt ist. Eine Person ist die Summe aller Ziele und Wege. Alles, was [in der Urgemeinde] geschah, ließ sich auf die freie und spontane Bewegung des Heiligen Geistes zurückführen; und dieser orientierte sich ausschließlich an Gottes Sohn.

      T. Austin-Sparks

      Das Neue Testament bedient sich zahlreicher Bilder für die Gemeinde. Dabei fällt auf, dass alle Bilder etwas Lebendiges darstellen: ein Körper, eine Braut, eine Familie, ein neuer Mensch, ein lebendiger Tempel aus lebendigen Steinen, ein Weinberg, ein Acker, ein Heer, eine Stadt usw.

      Jedes Bild verdeutlicht, dass die Gemeinde ein lebendiger Organismus und keine institutionelle Organisation ist. Wer wollte dem widersprechen? Doch was ergibt sich daraus für die Praxis? Und glauben wir das wirklich?

      Die Gemeinde, von der wir im Neuen Testament lesen, war „organisch“. Damit meine ich, dass sie aus geistlichem Leben geboren und am Leben erhalten wurde und keine menschliche Erfindung, kein von menschlichen Hierarchien beherrschtes und von leblosen Riten geformtes Konstrukt darstellt, das von religiösen Programmen zusammengehalten wird.

      Ein Vergleich macht dies deutlich: Eine von mir in einem Labor hergestellte Orange wäre nicht organisch. Dagegen würde aus einem in den Boden gelegten


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