Ur-Praxis. Frank Viola

Ur-Praxis - Frank Viola


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er nie formal auf eine institutionelle Ämter-Hierarchie übertragen.

      Auch wenn Apostel heute nicht mehr an der Bibel weiterschreiben, sind sie trotzdem von Gott beauftragt, den Leib Christi zu erbauen (1 Kor 12,28-29; Eph 4,11). Die Hauptaufgabe eines Apostels ist, Gemeinden zu gründen und aufzubauen. Das heißt nicht, dass jede Gemeinde von einem Apostel gegründet werden muss. Die Gemeinden in Antiochia in Syrien, in Cäsaräa, Tyrus und Ptolemais scheinen nicht von Aposteln gegründet worden zu sein.

      Alle diese Gemeinden erhielten jedoch kurz nach ihrem Entstehen die Hilfe eines apostolischen Arbeiters. Daher gilt: Jede neutestamentliche Gemeinde wurde entweder von einem Apostel gegründet oder nahm die Hilfe eines apostolischen Arbeiters in Anspruch.

      Apostolische Arbeiter sind nicht dazu berufen, Missionswerke, Denominationen, Zellgruppen, außerkirchliche Organisationen oder institutionelle „Kirchen“ ins Leben zu rufen. Vielmehr sind sie beauftragt, Ekklesien zu pflanzen, die auf Jesus Christus, dem Bauherrn der Gemeinde, gegründet und von ihm am Leben gehalten sind (1 Kor 3,6-15).

      Ob man nun der Ansicht ist, dass es heutzutage noch Apostel gibt oder nicht – eines bleibt klar: Es gibt heute noch Menschen, die begabt sind, Gemeinden zu pflanzen, aufzuziehen und zuzurüsten. Sollten Sie also den Ausdruck Apostel nicht mögen, können Sie meinetwegen vom Gemeindegründer oder reisenden Arbeiter sprechen.

      Ich bin davon überzeugt, dass Paulus von Tarsus am vorbildlichsten gezeigt hat, wie eine Gemeinde des lebendigen Gottes zu pflanzen ist. Ich sehe keinen Grund dafür, dass seine Methode etwa in den kulturellen und zeitbedingten Voraussetzungen von damals verhaftet gewesen wäre. Wie ich im nächsten Kapitel zeigen werde, glaube ich, dass seine Vorgehensweise mit der unveränderlichen Natur Gottes selbst zu tun hat.

      Und so trug es sich zu: Eine Gruppe von Aposteln kommt in eine Stadt. Sie sind bereit, sich bespucken, treten, beschimpfen und verbrennen zu lassen. Sie erdulden die widrigsten Bedingungen, die die Menschheit kennt (2 Kor 11,23 ff.; 6,4-10; Apg 13–25). Doch solange sie atmen können, verkünden sie das Evangelium von Jesus Christus und bauen Gottes Haus.

      Was motiviert sie angesichts solcher Widrigkeiten? Sie haben eine große „Portion“ Jesus Christus abbekommen. Sie sind ergriffen von einer Vision über Christus und über Gottes höchster Leidenschaft, eine Braut, einen Leib, eine Familie zu bekommen. Diese Vision brennt in ihrem Herzen und bestimmt ihr ganzes Leben. In allem, was sie tun, drängt sie die Liebe Christi (2 Kor 5,14).

      Die Apostel führen einige Menschen zum Herrn. Sie rufen Männer und Frauen zur Umkehr und zum Glauben an das Evangelium von Jesus Christus auf. Danach taufen sie (oder ihre Helfer) die Neubekehrten. Die meisten davon sind Nichtjuden, deren Lebensstil von extremer Sittenlosigkeit und Dekadenz geprägt ist. Die Heiden beten falsche Götter an. Von Abraham, Mose oder Jesus haben sie nie gehört. Sie sind Heiden – sündig bis auf die Knochen.

      Die Apostel verbringen dann durchschnittlich sechs Monate mit diesen Neubekehrten. Sie schenken ihnen die Gemeinschaft des Leibes Christi. Sie zeigen ihnen, wie man mit dem innewohnenden Herrn lebt und ihn erlebt. Sie lehren sie, anzubeten, und zeigen ihnen, wie man sich versammelt und füreinander sorgt. Sie unterweisen sie, wie man täglich Gemeinschaft mit dem Herrn pflegen kann, und zeigen ihnen, wie sie dieser Gemeinschaft in ihren Familien Raum geben und sie in Treffen, in denen jeder offen mitmachen kann, weitergeben können, und das alles ohne steife Rituale oder menschliche Leitung.

      Eine herrliche neue Gemeinde ist gepflanzt. Sie wurde in einem Ausbruch von Freiheit und Freude geboren. In nur sechs Monaten überzeugen die Apostel diese ehemaligen Heiden, dass sie in Christus heilig sind. Ihre Predigt löst eine Lawine himmlischer Herrlichkeit aus.

      Denken Sie nun einmal einen Augenblick über dieses Szenario nach.

      Fragen Sie sich nun: Könnte ich das tun?

      Könnten Sie eine Gruppe von Heiden innerhalb von sechs Monaten in hingegebene Christen verwandeln? Wären Sie in der Lage, ihnen Jesus Christus so vor Augen zu malen, dass sie danach von seinem herrlichen Angesicht ganz überwältigt wären? Könnten Sie eine Gemeinde voll himmlischer Herrlichkeit, Freude und Freiheit ins Leben rufen? Sind Sie im Besitz dieses kraftvollen, explosiven und lebensverändernden Evangeliums? Könnten Sie einer Gruppe neuer Christen zeigen, wie man beständige, tägliche Gemeinschaft mit Christus pflegt und wie man in den Versammlungen anderen in Christus dient, ohne dass diese von Menschenhand geleitet oder moderiert werden? Könnten Sie ihnen zeigen, wie man aus dem innewohnenden Herrn lebt, aus dem alles andere fließt? Könnten Sie sie lehren, wie man ihn in den Wohnungen und Häusern ohne Zuhilfenahme von festen Ritualen anbetet? Wären Sie in der Lage, die Gemeinde des lebendigen Gottes dazu zu bewegen, vorwärtszugehen, ohne dabei auf Gesetzlichkeit zurückzugreifen oder ihr organisatorische Strukturen aufzusetzen, um sie zu steuern? Könnten Sie beim Auftauchen von Problemen mit derselben Barmherzigkeit, der gleichen Weisheit und Geduld wie Jesus Christus reagieren?

      Könnten Sie das alles? Wenn nicht, dann möchte ich Ihnen versichern: Genau das muss geschehen, wenn sich der Traum unseres Herrn erfüllen soll!

      Ich bin der festen Überzeugung, dass all das Genannte erforderlich ist, wenn wir eine Wiederherstellung von organischem Gemeindeleben erleben wollen, die dem Herzen Gottes entspricht.

      Wir wollen uns deshalb nun damit beschäftigen, was das Neue Testament zur Vorbereitung eines apostolischen Arbeiters sagt.