Ur-Praxis. Frank Viola

Ur-Praxis - Frank Viola


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unumwunden zu, dass ich nicht im Besitz sämtlicher Antworten bin. Noch immer bin ich am Lernen und Ausprobieren und beobachte die Höhen und Tiefen organischen Gemeindelebens. Ich glaube nicht, dass es auf diesem Gebiet Experten gibt – lediglich eine Liste von Erfolgen und Misserfolgen.

      Mit diesem Buch versuche ich eine Theologie organischer Gemeindegründung vorzulegen, zusammen mit einigen praktischen Anregungen für alle, die diesen Weg einschlagen wollen.

      Seit ich Christ bin, habe ich eine ganze Reihe von Beobachtungen zu den Problemen der heutigen Gemeinden gemacht – der traditionellen wie der nicht-traditionellen. Aus diesen Erfahrungen heraus bin ich zu folgenden Schlüssen gelangt:

      1. Die meisten Gemeinden, darunter eine Vielzahl von Hauskirchen und einfachen Gemeinden, sind weit davon entfernt, das zu erleben, was Leib Christi ist. Schuld daran ist, dass wir großenteils außer Acht gelassen haben, was die Schrift zum Thema Gemeindegründung sagt.

      2. Viele Grundprobleme sowohl traditioneller als auch nicht-traditioneller Gemeinden könnte man durch eine Rückkehr zum biblischen Muster für Gemeindegründung und -aufbau lösen.

      Zugegeben: Meine Schlussfolgerungen basieren auf pragmatischen Beobachtungen, lassen sich aber auch biblisch begründen. Und sie sind der Anlass für das vorliegende Buch.

      Das vorliegende Buch knüpft dort an, wo Ur-Schrei, Ur-Gemeinde, Heidnisches Christentum? und Ur-Christen aufhören. Es untersucht detailliert die Voraussetzungen für die Entstehung und Aufrechterhaltung organischer Gemeindeformen.

      Zusammen mit diesem Buch empfehle ich unbedingt die Lektüre der vier oben genannten Titel, weil sie viele Fragen zu organischer Gemeinde bereits im Vorfeld klären. Dieses Werk bildet das fünfte in der Reihe.

      So viel dazu. Dieses Buch habe ich für drei verschiedene Lesergruppen geschrieben:

      Zunächst richtet es sich an jene, die den Wunsch haben, sich in organischer Weise zu versammeln und sich dazu einige praktische Tipps wünschen.

      Drittens richte ich mich an jeden, der sich berufen fühlt, selbst eine Gemeinde (egal welchen Typs) zu gründen.

      Das Buch gliedert sich in vier Teile. Teil 1 untersucht die geistlichen Prinzipien, die der neutestamentlichen Gemeindegründung zugrunde liegen. Teil 2 geht auf allgemeine Einwände ein, die aufgrund meiner Ausführungen in Teil 1 vorgebracht werden. Teil 3 ist eine praktische Anleitung zur Gründung einer organischen Gemeinde, und in Teil 4 geht es schließlich um Fragen der Gesundheit und Entwicklung organischer Gemeinden. Die Fußnoten bieten neben Quellenangaben detaillierte und weiterführende Informationen zu meinen Schlussfolgerungen. Ich bin mir durchaus bewusst, dass der Paradigmenwechsel, zu dem dieses Buch auffordert, für viele Vertreter des traditionellen Denkens schwer zu verdauen sein wird. Ich berufe mich aber auf die Heilige Schrift, auf die Erfahrung und auf die neutestamentliche Wissenschaft, um meine Sichtweise zu stützen. Dabei hoffe ich, dass sich der Leser ernsthaft mit meinen Ausführungen auseinandersetzen wird.

      Bis zur Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts hatten sich die Schweizer Uhrmacher den größten Weltmarktanteil für Armbanduhren gesichert. Das änderte sich, als einer ihrer eigenen Landsleute einen revolutionären Einfall hatte: Die Quarzuhr.

      Die Vorstellung dieser Erfindung konnte den Schweizer Uhrenherstellern lediglich ein abschätziges Lächeln entlocken. Sie meinten, eine solche Uhr könne niemals funktionieren, und weigerten sich, die Idee zu patentieren. Anders dagegen die japanische Seiko-Uhrenmanufaktur: Sie sah sich den Vorschlag genauer an – der Rest ist Geschichte.

      Die Schweizer Uhrmacher waren so sehr von dem traditionellen Paradigma beherrscht, dass sie das neue Konzept einer Quarz-Armbanduhr einfach nicht begriffen. Weil die Quarzuhr keine Zahnräder, keine Antriebsfeder und dergleichen hatte, lehnte man sie ab. Das seinerzeit vorherrschende Paradigma mochte der neuen Erfindung keine Chance geben. Die Folge war, dass die Schweizer ihre Vormachtstellung auf dem Markt für Armband­uhren einbüßten und tausende Arbeiter entlassen mussten – nur weil die Quarzuhr nicht in ihr Weltbild passte. Sie ließ sich nicht mit ihrem Paradigma vereinbaren. Weil sie sich auf ihrem herkömmlichen Weg völlig verrannt hatten, hatten sie für neue Wege nichts übrig.

      Deshalb bin ich überzeugt: Soll der Leib Christi zur ursprünglichen Absicht Gottes zurückgeführt werden, brauchen wir sowohl in Bezug auf die Praxis der Gemeinde als auch die Praxis der Gemeindegründung einen Paradigmenwechsel. Beachten Sie bitte: Ich spreche von der Wiederherstellung der Gemeindepraxis und der Gemeindegründungspraxis. Man darf die beiden Elemente nicht voneinander trennen. Roland Allen hat es so ausgedrückt:

      Damit wirklich neutestamentliche Gemeinden entstehen, müssen wir die neutestamentlichen Prinzipien der Gemeindegründung wiedergewinnen. Anders ausgedrückt: Wir benötigen eine Wiederherstellung der göttlichen Prinzipien für Gemeindegründung, damit organische Gemeinden entstehen können. Deshalb muss ein gänzlich neues Paradigma verinnerlicht werden – sowohl was die Praxis als auch die Gründung von Gemeinden angeht. Noch einmal Roland Allen:


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