Bereuen. Dong Xi

Bereuen - Dong Xi


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sagst du da? Sage das noch einmal.“

      Tausendjahr hielt mich fest. Ich befreite mich aus seinen Händen und lief zur Straße. Während des Laufens schlug ich mir selber auf meinen Mund, fester und genauer denn je.

      Dreimal hatte ich über den Skandal meines Vaters gesprochen. Die ersten zwei Male hatten keine Folgen. Deshalb betete ich insgeheim zum Himmel. „Lassen wir Tausendjahr für alle Fälle in Ruhe. Veranlassen wir ihn nicht zu einem Streit mit meinem Vater.“ Im Lagerhaus herrschte tatsächlich ein echter Frieden, bis auf die Tatsache, daß sich Onkel Zhaos Husten verschlimmerte. Musste man essen, aß man, sollte man schlafen, schlief man. Man ging nach wie vor zur Arbeit. Alles war wie immer.

      Mittwochvormittag hielt mich meine Mutter an und sagte mir: „Guang-xian, geh heute nicht zur Schule. Begleite mich in die Fabrik deines Vaters.“

      „Um zu sehen, wie er Überstunden macht?“

      „Er kommt seit drei Tagen nicht mehr nach Hause. Findest du das nicht ungewöhnlich?“

      Ich folgte meiner Mutter in die Werkstatt der Lautsprecherfabrik. Die Arbeiter fragten uns, warum wir erst jetzt kämen. Vor zwei Tagen war Lang-wind durch Rotgardisten abgeführt worden. Sofort schlug ich mir auf den Mund. Die Blicke meiner Mutter stachen wie Eisennägel in mein Fleisch und hielten mich für ein paar Sekunden fest: „Das musste die Tat von Tausendjahr gewesen sein. Hast du ihm schon etwas erzählt?“ Ihre Blicke erschreckten mich dermaßen, daß ich mich umdrehte, um weg zu laufen. Meine Mutter verfolgte mich. Nach den schweren Schritten hinter mir zu urteilen, merkte ich, wie verärgert meine Mutter war. Das war kein normales Ärgernis. Ich lief über den Sportplatz, ihr Schatten vor mir wurde immer länger und drohte mich jeden Augenblick zu überholen. Ich drehte schnell ab und versteckte mich in der Männertoilette nebenan. Ich vernahm, daß meine Mutter außer Atmen war. Sie schrie: „Zeng Guang-xian, komm da raus!“

      Nach einer Pause ließ sich die Stimme meiner Mutter wieder hören: „Weißt du, welche Folgen das haben kann? Wahrscheinlich wird unsere ganze Familie verurteilt werden. Deine Mutter kann dadurch verwitwet werden. Du bist ein Scheißkerl! Was hast du denn sonst noch wem alles erzählen können? Warum hast du das gerade Tausendjahr erzählt? Glaubst du, deiner Familie wird jetzt eine Verdiensturkunde erteilt werden? Heraus mit dir! Warte ab, ich zerreiße dir das Maul!“

      Das hatte mich tief ins Herz getroffen und ich brach in Weinen aus. Meine Stimme schluchzte schmerzlich und ich kam zur Erkenntnis, daß mein plappernder Mund zerrissen werden musste. Anders wäre mein Selbsthass im Herzen nicht zu besänftigen. Und das könnte weitere Probleme mit sich bringen. Draußen hatten die Menschen einen Kreis gebildet. Vor ihnen stand meine Mutter. Ich verließ die Toilette. Mit einem sachten Kneifen an meinen Lippen umarmte sie mich. Ihre Tränen rollten über die Wangen und bedeckten fast ihr ganzes Gesicht. Eigentlich sollte sie sich das Gesicht abwischen. Das hat sie nicht getan, da ihre Arme mich umarmten. Sie hielt mich so fest, daß ich kaum atmen konnte. Je fester sie mich drückte, desto dringender wollte ich meinen Mund zerreißen. Ich war schon kurz davor, es zu versuchen.

      Wir kamen zu dem Eingang der Fünften Schule und meine Mutter sagte mir: „Ich will Tausendjahr nicht sehen. Du hast das alles verursacht, also verlangst du, daß dein Vater durch ihn freigelassen wird.“ Mit Ach und Krach lief ich in die Schule und sah von weitem den beweglichen Schatten von Tausendjahr im Büro. Ich lief zur Tür und schrie: „Melde!“ Er sah sich um: „Warum bist du so verschwitzt? Komm herein und wisch dich ab.“ Ich trat näher zu ihm; er gab mir ein Frottiertuch.

      „Wo ist mein Vater?“

      „Warum ist deine Mutter nicht persönlich gekommen?“ Ich schaute mich um.

      „Steht deine Mutter schon vor der Tür?“ Ich schüttelte den Kopf.

      „Ich weiß, daß deine Mutter mit mir Ärger hat, sie hat immer noch eine kleinbürgerliche arrogante Haltung. Aber wie ist es möglich, daß sie nicht kommt, wenn so etwas Wichtiges passiert? Du musst aber wissen, daß manche Sachen ein anderer nicht vertreten kann, so wie ein Mann eine Frau nicht ersetzen kann. Wenn deine Mutter das mit mir privat erledigen will, bin ich nicht dagegen. Sollte sie das nicht wollen, dann müsste dein Vater einige Male Unangenehmes ertragen. Wir können nicht nur der Familie Zhao zumuten, allein die Verantwortung zu übernehmen. Eure Familie Zeng soll auch ihren Standpunkt klar machen. Geh und hole deine Mutter hierher! Ich will mit ihr reden.“

      Ohne mit mir zu diskutieren, schob er mich nach draußen. Ich lief auf das Schultor zu und bereute, mich vorhin umgeschaut zu haben. Meine Mutter kam mir entgegen. „Wie ist das denn mit Vater?“

      „Der Onkel wollte mit dir persönlich sprechen.“ „Woher konnte er wissen, daß ich hier bin.“

      „Ich habe mich immer nach dir umgeschaut. Daher weiß er es!“ Meine Mutter machte sich extreme Sorgen. „Was für eine schlimme Sache das ist, wirklich! Darf man sich nicht umschauen? Warum hast du dich umgeschaut? Sage ihm, ich bin schon gegangen. Du lässt dich zu deinem Vater bringen.“ Meine Mutter schob mich wieder hin zur Schule. Mit der Erfahrung von vorher lief ich diesmal nicht und ohne zurück zu blicken. Absichtlich ging ich langsam, um den überhitzten Kopf abkühlen zu lassen. Ich wollte mich vor Tausendjahr nicht wieder versprechen und versuchen, überflüssige Bewegungen zu vermeiden.

      Tausendjahr reckte seinen Hals aus dem Fenster: „Wollte mich deine Mutter nicht sehen?“

      „Sie ist gegangen.“

      „Dann kannst nur du deinen Vater retten.“ „Was ist los mit meinem Vater?“

      „Er ist uneinsichtig und stur. Er wollte die Vergewaltigung an Bergfluss nicht eingestehen. Du selbst brauchst bloß das zu gestehen, was du an jenem Tag gesehen hast. Dein Vater sollte danach ehrlich seine Fehler einsehen. Auf diese Weise kann er sein wegen Engstirnigkeit verdorbenes Schicksal vermeiden.“

      „An jenem Tag habe ich gar nichts gesehen.“

      „Nicht lügen! Mit Lügen kannst du deinem Vater nur schaden. Es kann dann zu einer strengen Verurteilung kommen. Wer unehrlich ist und sich wehrt, dem wird das rechte Bein gebrochen. Sollte er sich weiter wehren, wird ihm dann sein linkes Bein kaputt geschlagen. Sollte er sich, nachdem ihm die beiden Beine gebrochen worden sind, immer noch wehren, werden ihm dann die beiden Hände gebrochen werden, womit er in Zukunft nicht mal in der Lage ist, eine Schüssel zu heben. Du wünschst doch nicht, deinen Vater täglich zu füttern?“

      Ich schüttelte den Kopf.

      „Dann sagst du, was du gesehen hast.“

      Er schloss das Fenster und zerrte mich ins Freie. Ich versuchte einiges Mal mich zu befreien, was nicht klappte. Es gelang mir, einen Baum vor dem Haus zu umklammern. Er zog an mir so kräftig, daß die Nahtstellen an Ärmel und Schulter platzten. Trotzdem hatte ich mich nicht vom Baum losgelassen. „Du Kleiner hast doch ein dickes Fell.“ Er gab sich extrem große Mühe, um mich wegzuziehen, so als wollte er meinen rechten Arm vom Körper reißen. Tränen schossen mir wegen der Schmerzen in die Augen. Ich weinte aber nicht. Ich versuchte, das durchzuhalten, auch wenn ich meine Zähne zusammenbeißen musste.

      In diesem Moment kam ein O-beiniger hinter meiner Mutter her aus dem Haus. Der O-beinige war niemand anderer als der Vater von Tausendjahr, den ich bestens kannte. Er hob seine Pfeife und schlug damit auf den Kopf von Tausendjahr. Dieser wich aus: „Vater, hier ist die Schule. Man muss Manieren verlangen.“

      „Warum sollte ein Vater vor dem Sohn Manieren beachten? Mach schnell, daß Guang-xians Vater frei kommt.“

      „Er hat noch kein volles Geständnis abgelegt.“

      „Was hat er zu gestehen? Soll er gestehen, mit deiner Schwester geschlafen zu haben? Du willst keinen Gesichtsverlust erleiden. Wäre das in der Alten Gesellschaft gewesen, hätte er beliebig mehrere Frauen heiraten können und du würdest ihn vielleicht Schwager nennen.“

      „Kein Wunder, daß so etwas passierte! Das liegt daran, daß du ein Wirrkopf bist. Hätte ich dich nicht als Vater in Betracht gezogen, wärst du auch ein Begleiter in einer Verurteilungsversammlung!“


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