Wörterbuch alttestamentlicher Motive. Группа авторов
Treue beschwor: „Nur an dem Ort, wo mein Herr, der König, ist, dort wird auch dein Diener sein, sei es um zu leben oder um zu sterben“ (2 Sam 15,21). Der Diener repräsentiert sich nicht selbst, sondern den, der ihn sendet. Deshalb ist es verständlich, dass derjenige, der sich an den Dienern vergreift, den Herrn damit trifft. Als David nach dem Tod des Ammoniterkönigs eine Gesandtschaft zur Beileidsbekundung schickte, misstraute man dieser und nahm Diener Davids (ʿaḇdî dāwîd) fest. Zur Demütigung wurde ihnen die Hälfte des Bartes abrasiert und wurden die Kleider bis zu den Geschlechtsorganen hin abgeschnitten. Als „David davon erfuhr, schickte er Joab mit dem ganzen Heer, allen kriegstüchtigen Männern“, um sich für diese Schande zu rächen (2 Sam 10,7). Wer den Diener demütigt, demütigt in ihm dessen Herrn (vgl. Mk 12,2–4; Mt 21,34–36; Lk 20,10–13).
4 Große Einzelgestalten als Knecht
Unterschiedliche, aber nur positive Aussagen liest man, wenn eine zentrale Persönlichkeit der Frühzeit als Knecht bezeichnet wird.
4.1 Knecht Abraham, Knecht Israel, Knecht Jakob
Bei Abraham geht es vor allem darum, welche Wirkungen davon ausgehen, dass Gott mit ihm, seinem Knecht, einen Bund geschlossen hat (Gen 17,9; 1 Chr 16,16; Ps 105,9; Apg 7,8). Das Verhältnis von Gott zu Abraham wird eng-innig und herz lich dargestellt, heißt er doch geliebter Freund (ʾôhăḇî/hon ēgapēsa, Jes 41,8; ton ēgapēmenon, Dan 3,34). Verschiedene Zuwendungen gründen für die Nachkommen in dieser Knechtsverbindung, wie die des Segens, der Landzusage (Ex 32,13, Dan 3,34), der Erwählung (Jes 44,1.8; 1 Chr 16,13), der großen Vermehrung, gerichtet an Isaak (Gen 26,24; Ex 32,13) und Israel/Jakob (Ex 32,13; Ps 105,6; Lk 1,54). Darüber hinaus begründet das Knechtsverhältnis die Hoffnung, Gott werde seinen Bund nicht annullieren (Dan 3,34) und trotz der zahlreichen Vergehen des Volkes die Rettung angesichts der Bedrohung durchführen (Dtn 9,27; Jer 30,10; 46,27; Jes 44,21).
4.2 Mose, Knecht des Herrn
Gegenüber solchen Propheten, mit denen Gott „nur“ in Visionen und im Traum verkehrt, ist Mose nach Num 12,7–8 (vgl. Ex 33,11) ausgezeichnet, „denn bei meinem Knecht Mose ist es anders. Mein ganzes Haus ist ihm anvertraut. Mit ihm rede ich von Mund zu Mund, von Angesicht zu Angesicht, nicht in Rätseln. Er schaut die Gestalt JHWHs (təmunaṯ JHWH).“ Infolge dieser Sonderrolle fällt dem Knecht Mose die Aufgabe zu, jene Regeln, Anleitungen und Gesetze zu vermitteln, die das Volk so zu leben befähigen, wie es dem Willen Gottes entspricht. Denn „am Horeb (…) [hat er] ihm Satzung und Recht übergeben, die für ganz Israel gelten“ (Mal 3,22), und der Knecht Mose verkündet die Tora JHWHs (tôraṯ môšæh ʿaḇdî, Mal 3,22; vgl. Jos 1,7; 8,31; 22,5; 2 Kön 21,8; Neh 9,14; 10,30; Dan 9,11). Dies bedeutet eine Auszeichnung für das Gottesvolk, denn JHWH „verkündet Jakob sein Wort, Israel seine Gesetze und Rechte. An keinem anderen Volk hat er so gehandelt, keinem sonst seine Rechte verkündet“ (Ps 147,19–20). Befolgt Israel das elitäre Angebot Gottes – nämlich „die Gebote, die Mose, der Knecht des Herrn, verkündet hatte“ (2 Kön 18,12) – nicht, riskiert es seine Existenz – würde es hingegen das „ganze Gesetz einhalten, das ihnen mein Knecht Mose gegeben hat“ (2 Kön 21,8), fände es Ruhe.
4.3 Knecht David
Häufig wird David als Knecht Gottes bezeichnet. Dies geht darauf zurück, dass JHWH ihn – nicht auf das Äußerliche (erst in der Spätzeit wird der Sieg über den Riesen mit dem Motiv der Knechtschaft verbunden, vgl. 1 Makk 4,30), sondern auf das Herz schauend (1 Sam 16,7) – erwählt hat (1 Kön 11,34; Ps 78,70), und sich mit Zusagen (vgl. „Bund“ in Ps 89,4 u. Jer 33,21), vor allem mit der einer beständigen Thronfolge, an ihn band (vgl. „Haus deines Knechtes David“ in 2 Sam 7,26; 1 Chr 17,24; 2 Chr 6,16). David wurde gesalbt zum Fürsten und Hirten Israels (2 Sam 7,8; Ps 89,21; Ez 34,23; 1 Chr 17,7), dem JHWH große Huld (1 Kön 3,6; 2 Chr 6,42) und bei Gefahr Beistand (Ps 144,10) schenkte. Wenngleich sich der Knecht David auch immer wieder verfehlte, konnte man doch sagen, dass er vor Gott „in Treue, in Gerechtigkeit und mit aufrichtigem Herzen“ (1 Kön 3,6) lebte, da er nicht nur seine Sünden bereute (1 Chr 21,8), sondern auch Gottes Befehle und Gebote einhielt (1 Kön 11,34; Ez 37,24). Daran sieht man, dass die Zusagen Gottes keinen Freibrief darstellen, sondern konditioniert sind (1 Kön 11,38), und bei groben Missbräuchen Gefahr laufen, wirkungslos zu werden (1 Kön 14,8; Jer 33,21).
4.4 Der prophetische Diener
Als sich Gott in der Berufungsnacht dreimal an Samuel gewandt hatte und der Junge den Rufer missverstand, rät ihm der Priester Eli zu antworten: „Rede, Herr, denn dein Diener (ʿaḇdəḵā) hört“ (1 Sam 3,9). Im Wort „Diener“ liegt die Unterordnung gegenüber Gott sowie die Bereitschaft, dem Redenden in dessen Sinne zuzuhören, wobei das Verb šmʿ auch „gehorchen“ bedeuten kann. Als Diener geben die Propheten zuverlässig und korrekt die Forderungen Gottes weiter, wie „Kehrt doch alle um von eurem schlechten Weg! Bessert euer Tun, und lauft nicht anderen Göttern nach, um ihnen zu dienen. Dann dürft ihr in dem Land bleiben, das ich euch und euren Vätern gegeben habe“ (Jer 35,15; vgl. 2 Kön 17,13), und gegebenenfalls auch Unheil ankündigende Drohungen, wie in Ez 38,17; 2 Kön 17,23; 24,2, Bar 2,20.24. Doch nur selten finden sich Reaktionen, die die Einsicht bekunden, dass es Unrecht war, den durch die prophetischen Diener verkündeten Worten nicht Gehör zu schenken (Dan 9,6.10, Sach 1,6). Der kompromisslose Einsatz für Gott führte zur Feindschaft durch die Mächtigen und hatte zur Folge, dass man sich an den prophetischen Dienern vergriff, ja sie sogar tötete: „Sie aber verhöhnten die Boten Gottes, verachteten sein Wort und verspotteten seine Propheten, bis der Zorn des Herrn gegen sein Volk so groß wurde, dass es keine Heilung mehr gab“ (2 Chr 36,16, vgl. 2 Kön 9,7; Mt 23,37; Lk 13,34). Die Ablehnung der prophetischen Gottesboten stellte einen der Anlässe für Sanktionen durch Gott dar. Dieser Befund zeigt, dass für Gott die prophetischen Knechte eine wichtige Rolle spielten und es ein großes Näheverhältnis zu ihnen gab. Später werden die Worte der prophetischen Boten eschatologisch interpretiert (vgl. Offb 10,7) und die Boten zählen zu denen, die im Endgericht belohnt werden (Offb 11,18).
Besondere Aufmerksamkeit wurde dem „Knecht“ in den „Gottesknechtsliedern“ zuteil, dessen erstes (Jes 42,1–2) von Mt 12,18–21 zur Deutung Jesu aufgenommen wurde. Weil JHWH am Knecht Gefallen gefunden hatte, erwählte (Jes 42,1) bzw. berief (Jes 49,1) er ihn. Dem geht voraus, dass Gott sich auf den Knecht bzw. den Knecht (ʿæḇæḏ) stützt (Jes 42,1). Die Mehrdeutigkeit der Formulierung, die sich mit „auf den“ bzw. „den“ ergibt, ist folgenreich für das Gesamtverständnis. Bei der ersten Variante ist der Knecht die Stütze Gottes, bei der zweiten kräftigt Gott den Knecht. Dessen Auftreten ist nicht spektakulär, aber sehr rücksichtsvoll und ausdauernd (Jes 42,3f.), und in Jes 61,1f. ist zur Mission des Knechts zu lesen: „Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine frohe Botschaft bringe und alle heile, deren Herz zerbrochen ist, damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Gefesselten die Befreiung, damit ich ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe, einen Tag der Vergeltung unseres Gottes, damit ich alle Trauernden tröste (…)“ (Jes 61,1f.; vgl. Lk 4,18f.). – Trotz der Zurückgezogenheit wirkt der Knecht für alle Welt (Jes 42,1.4; 49,6). Er setzt den Gottesplan ungeachtet der Anfeindungen (Jes 50,6) effizient durch (Jes 49,2) und wird nach dem gewaltsamen, still geduldig ertragenen, stellvertretenden Sühnetod (Jes 53,4–6; Apg 8,32f.) von Gott mit der Perspektive des Lebens über den Tod hinaus beschenkt (Jes 53, 7–12). Rückblickend lässt sich zusammenfassen: „Nichts tut Gott, der Herr, ohne dass er seinen Knechten, den Propheten, zuvor seinen Ratschluss offenbart hat“ (Am 3,7).
5 Literatur
BOECKER, Hans Jochen (21984): Recht und Gesetz im Alten Testament und im Alten Orient, Neukirchen-Vluyn.
CARDELLINI, Innocenzo (1981): Die biblischen ‚Sklaven‘-Gesetze im Licht des keilschriftlichen Sklavenrechts, Bonn.
CHIRICHIGNO, Gregory C. (1993): Debt-Slavery in Israel and the Ancient Near East, Sheffield.
GLANCY,