Illusion Tod. Johann Nepomuk Maier
nützlich ist, bis es genutzt wird, wird es nicht verwirklicht, sondern bleibt Potential. So einfach ist das. Die Frage ist nur, wer verwirklicht das Potential? Hat der Organismus die Intelligenz, das nötige Potential zu wählen, um das Organ zu entwickeln? Es ist nicht der einzelne Organismus, der wählt, sondern die ganze Spezies. Wenn man sich das Spezies-Bewusstsein betrachtet, und dazu den natürlichen Lebensraum ansieht; wenn sich der Lebensraum auf katastrophale Weise ändert, schafft es das Spezies-Bewusstsein, dass sich die Art auf richtige Weise an die Veränderungen der Umweltbedingungen anpasst. Das Spezies-Bewusstsein ist da sehr effektiv, und dafür haben wir Beweise, die sogenannte gezielte Mutation. Es ist ein sehr einfaches Experiment, aber die Leute, die es durchführten, verdienen wirklich Anerkennung dafür. Sie nahmen eine Spezies und ließen sie hungern, indem sie ihr Laktose fütterten, was sie nicht verdauen kann. Es brauchte nur einen Schritt, bis sie es verdauen konnte. Teuflisch, nicht wahr? Es sollte viel länger dauern, bis es zur Mutation kommt. Kann die Spezies auf diese Art überleben? Sie konnte. Das nennt man gezielte Mutation. Die Spezies hat gezielt ihre eigene Mutation vorangetrieben, machte den Schritt, damit sie überleben konnte. Das ist ein erstaunlicher Beweis für die Theorien, über die ich spreche. Das Spezies-Bewusstsein kann, wenn nötig, die notwendigen Veränderungen einleiten.
JNM: Man könnte es als die Absicht zu überleben sehen.
AG: Ja, die Absicht zu überleben ist die Grundlage. Woher kommt das? Ebenfalls vom Bewusstsein. Darwin schwindelte ein wenig, als er das Wort Überleben benutzte. Wir können nicht den Schritt machen vom Überleben eines Moleküls, zum Überleben zweier Moleküle, zur ganzen Spezies. Auch bei den einfachsten Lebensformen gibt es keine Grundlage für Darwinismus. Wir haben bisher keinen Hinweis gefunden, wie man eine Zelle dazu motivieren kann, zu überleben. Zuerst kommt das Leben, dann das Überleben.
Wenn man sich die Frage nach lebendig oder nicht-lebendig ansieht, ist es auffallend, dass die DNA und die Proteine programmierte Moleküle sind. Das Programm der DNA ist es, Proteine zu bauen, und das Protein hat das Programm, biologische Funktionen auszuüben. Das ist der Schlüssel. 1994 schrieb ich darüber eine Arbeit. Es gibt in der Biologie sozusagen Hardware und Software, das, was programmiert ist. Protein und DNA sind programmierte Moleküle. Wenn man sich Gentechnik ansieht, sie alle nutzen DNA und Proteine, doch wurden noch nie programmierte Moleküle im Labor hergestellt. Das sagt uns doch etwas!
JNM: Die ganze Sache ergibt keinen Sinn ohne das Konzept des Bewusstseins.
AG: Das Bewusstsein programmiert die Moleküle. Rupert Sheldrake mit seiner Theorie der „Morphogenetischen Felder“ kann Ihnen mehr dazu sagen.
JNM: Gehen wir weiter auf das Bewusstsein ein. Sie sagen, das Bewusstsein ist die Grundlage allen Seins. Um es in die mondäne Welt zu übersetzen: Wie können Sie, so wie Sie hier sitzen, auf dem Bewusstsein basieren?
AG: Bewusstsein ist die Grundlage allen Seins, und es hat Potentialitäten. Es gibt zwei Arten von Potentialitäten. Die Potentialität für Objekte und die Potentialität für Subjekte. Wenn wir unsere Erfahrungen ansehen, hat jede Erfahrung zwei Pole: Objekte und Subjekte. Der Subjekt-Anteil des Bewusstseins ist es, der Erfahrungen macht. Der Objekt-Anteil ist passiv. Er macht keine Erfahrungen. Das ist die Antwort auf Ihre Frage. Es ist nicht alles bewusst in dem Sinne, in dem Sie das Wort verstehen. Objekte wie dieses Sofa erfahren keine Trennung zwischen Subjekt und Objekt. Doch für das Subjekt ist es ein Objekt der Erfahrung. In dem Sinne ist alles Bewusstsein. Es ist nicht außerhalb des Bewusstseins. Doch hat es kein Bewusstsein in dem Sinne, dass es keinen Wahrnehmungsapparat hat. Doch in der lebendigen Zelle oder im Gehirn ist so ein Wahrnehmungsapparat, Bewusstsein kann sich zeigen. Subjekt-Potentialität kann sich im Gehirn oder der lebendigen Zelle zeigen, Objekt-Potentialität wird nie eine Repräsentation des Bewusstseins darstellen. Materie, die niemals Bewusstsein einfangen kann.
JNM: Wenn das Bewusstsein die Grundlage von allem ist, warum gibt es dann überhaupt ein physisches Universum?
AG: Eine sehr gute Frage. Sehen wir uns Perfektion an. Bewusstsein mit Potentialitäten hat eine gewisse Perfektion. Potentialitäten sind nur Potentialitäten, es steckt keine Erfahrung darin. Erfahrungen können sowohl Leiden als auch Freude bedeuten. Die Manifestation der Potentialität ist nicht länger perfekt. Ohne Manifestation scheint es perfekt, denn es gibt keine Erfahrungen. Es ist schon ein Ganzes. Warum also das Ganze zerstören und für einen Moment zumindest imperfekt machen? Die Antwort lautet: Das ist das Spiel der Potentialitäten und des Bewusstseins. Das Bewusstsein hat Perfektion, aber diese Perfektion steckt auch in der manifestierten Welt. Kann die manifestierte Welt Perfektion ebenfalls manifestieren, nicht nur das Potential für Perfektion? Können Menschen oder höhere Wesen sich in eine Richtung entwickeln, die es ihnen ermöglicht, auf perfekte Art zu leben, ohne Leiden?
Das ist die Herausforderung. Wenn man sich die Menschen anschaut, und das habe ich ausführlich getan, sieht man, dass man über die prähistorischen Ereignisse nicht allzu viel sagen kann. Wir wissen, dass es die Jäger und Sammler gab, und dass die Gedankenwelt der Menschen damals sehr physisch war, sie konnten nur über physische Probleme nachdenken. Man musste jagen und sammeln, damit man etwas zu essen hatte. Doch im Zeitalter des Ackerbaus wurde die Vorstellungswelt subtiler. Die Leute begannen, sich mit ihren Gefühlen und Erinnerungen auseinanderzusetzen, sie waren näher beisammen als zu den Zeiten, als die Männer Jäger und die Frauen Sammler waren. Sie gingen Beziehungen ein.
Im nächsten Schritt wurden Männer und Frauen wieder mehr getrennt, Landherren schwangen sich auf. Unser Verstand bekam die Fähigkeit, den Geschehnissen Bedeutung zu geben und über den Sinn nachzudenken. Irgendwann kam die Industriegesellschaft und heute die Hightech-Gesellschaft. Unser rationales Denken hat sich tatsächlich extrem verfeinert.
Aber was kommt als nächstes? Der nächste Schritt wurde vor etwa 3000 Jahren vorbereitet durch die Entdeckung der Archetypen. Wir können liebend und gut sein, Liebe ist ein Archetyp in dem Sinne, dass wir nicht wirklich wissen, was sie ist. Doch gibt er uns den besten Zusammenhang für das Denken oder Fühlen. Es ist ein wundervolles Gefühl, so dass jeder, mit Ausnahme vielleicht von Soziopathen, nach Liebe strebt. Die Archetypen, obwohl wir nicht genau wissen was sie sind, führen unsere Zivilisation. Archetypen fühlen sich richtig an, wenn wir sie verkörpern. Das ist unser Weg zur Perfektion. Je mehr wir die Archetypen verkörpern, umso näher gelangen wir an die Perfektion.
JNM: Kann ich das so zusammenfassen: Das Bewusstsein nimmt die Herausforderung an, eine perfekte Welt zu schaffen, und es gibt nicht auf, bis das erreicht ist?
AG: Ja, und das kann Millionen von Jahren dauern. Es werden andere Planeten und Erden da sein, auf denen das Bewusstsein es weiter versucht. Nun haben wir die Dunkle Materie entdeckt, eine weitere große materielle Welt, wo das Sein sogar noch subtiler ist als das menschliche Sein. Es gibt unglaubliche Möglichkeiten für das Bewusstsein, Perfektion anzustreben.
JNM: Glauben Sie, dass es ein ultimatives Konzept, einen Plan gibt, wo das Leben hingeht?
AG: Ich denke, das ultimative Ziel des Universums führt zurück ins Nichts. Aber es ist beinahe unvorstellbar. Doch sehen wir uns die Weltanschauung der Quantenphysik an. Die Grundlage des Seins ist Bewusstsein. In der Wissenschaft sollte jedes Konzept überprüfbar sein. Wie überprüfen wir, dass das Bewusstsein die Grundlage allen Seins ist? Meine eigene Suche ist ein sehr gutes Beispiel dafür, denn wenn ich nicht diese zwei Ebenen der Realität erfahren hätte, dieses Eins-Sein wäre es für mich nicht nachvollziehbar. Es ist wichtig zu überprüfen, dass die Metaphysik real ist, aber das werden wir nicht mit Instrumenten messen können. Nur ein Mensch kann es erfahren. Nur ein Mensch kann das Eins-Sein mit der Grundlage allen Seins erfahren. In der spirituellen Literatur wird dieser Zustand Einheit ohne Trennung genannt. Die Einheit, die ich erfahren habe, war die Einheit mit Erfahrung. Einheit ohne Erfahrung kann sowohl geschehen als auch nicht geschehen; wir sprechen von Potentialität.
In der Quantenphysik gibt es das Konzept der „Delayed Choice“. Wir sind eins, dann wachen wir auf und sind manifestiert, getrennt. Man kann sich an das Eins-Sein erinnern, dabei geht man zurück in der Zeit. Spirituelle Lehrer wie Jesus und Buddha haben darüber nachgedacht und indirekte Andeutungen gemacht. Buddha vor allem