Blutholz. Wolfgang Teltscher

Blutholz - Wolfgang Teltscher


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Mutter, weil sie in eine hoffnungslose Liebesgeschichte geraten war.«

      »Und was schließt du daraus?«

      »Wenn ich das bloß wüsste. Bei Bertram mache ich mir keine besonderen Gedanken – nach dem, was du mir von ihm erzählt hast, bringt ihn das nicht unbedingt aus dem Gleichgewicht. Aber ich bin überzeugt, Anja ist traumatisiert und völlig durcheinander und ich kann gut verstehen, wenn sie unter diesem Stress manchmal unberechenbar reagiert. Dabei denke ich an nichts Bestimmtes, weil ich ja keine Ahnung habe, was sie im Moment so treibt«, antwortete Iris, während sie von einem Motorradfahrer in einer unüberschaubaren Kurve überholt wurden. Sie schaute dem Fahrer vorwurfsvoll hinterher.

      »Wenn der immer so fährt, kann er sein Motorrad irgendwann gegen einen Rollstuhl eintauschen«, meinte sie.

      Marder nickte zustimmend, obwohl er heimlich den Motorradfahrer um das Gefühl der Freiheit beneidete.

      »Also, vor zwei Jahren, als ich in Barsinghausen war, war Anja mit Burt Brenner von der Kripo liiert, die haben sogar zusammengelebt. Ob das noch so ist, weiß ich nicht. Frau Thann wusste es auch nicht, als ich sie danach gefragt habe.«

      »Na ja! Anja und Bertram müssen mit ihrem Leben selbst zurechtkommen. Es hat keinen Sinn, wenn wir uns den |59|Kopf darüber zerbrechen, wir können ihnen sowieso nicht helfen.«

      »Das stimmt.« Marder sah das genauso. »Ich denke wie du, dass Bertram weniger unter der Situation leidet. Er hatte sich früher bereits von der Familie abgekapselt, als ginge es ihn nichts an, was seine Eltern und seine Schwester machten. Ich habe ihn nie verstehen können. Aber vielleicht kann er gerade deswegen besser mit dem Tod seiner Eltern umgehen. Vielleicht täuschen wir uns aber auch, man kann letztlich in keinen Menschen hineinschauen.«

      »Hat er nicht beim Forstamt gearbeitet? Wollte er nicht nach dem Tod seiner Mutter nach Kanada auswandern?«

      Iris hatte ein gutes Gedächtnis und kaum etwas vergessen, was ihr Mann vor zwei Jahren über die Matuscheks berichtet hatte. Sie blickte Marder fragend an. Der zeigte mit der Hand auffordernd nach vorn, weil er es nicht gern hatte, wenn seine Frau beim Fahren ihre Blicke von der Straße nahm und ihn anschaute.

      »Ja, jetzt wo du mich daran erinnerst, fällt es mir wieder ein. Er wollte auswandern, nach Kanada, Australien oder woandershin, so genau weiß ich das nicht mehr. Auf jeden Fall wollte er weit weg. Aber ich glaube, das hätte an seiner negativen Einstellung nichts geändert, schließlich kann er nicht vor sich selbst weglaufen.«

      Stade war nicht mehr weit. Die Gegend war waldig geworden. An manchen Seitenwegen, die in den Wald führten, standen kleine Wohnwagen mit einladenden roten Herzen auf der Karosserie und rosa Gardinen vor den Scheiben. Das waren die Gewerbegebiete von Frauen, die sich mit liebevoller Arbeit ihren Lebensunterhalt verdienten.

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