Hygienearzt in zwei Gesellschaften. Dietrich Loeff
- Hygieneinspektoren erhalten Berufsanerkennung - Sichere Rente - Noch eine gesetzliche Regelung wird verbessert - Die Geburt einer Universität - Kurz und gut: Bundesgartenschau - Trauer in der Familie - Beobachtungen im Alltag
Kapitel 12 - Bürokratie – oder der Sieg der Form über den Inhalt
Erste Kontakte mit neuen Bestimmungen - Die richtigen Formulare - Fördermittel - Der Leiter des Landesversorgungsamtes in Cottbus ist überrascht - Zeuge eines neuen Glücks
Kapitel 13 - Der Druck nimmt zu
Verkleinerung der Volkshochschule - Wieder muss gespart werden - Ein Maulkorb - Hilfe mit Schwierigkeiten - Personalabbau - Abgang mit erhobenem Haupt
Kapitel 14 - Ein persönlich zufriedener Arbeitsloser
Was nun? - Essen und Trinken als Bundesbürger - Urlaub für Bundesbürger - Was haben wir hinter der Mauer verpasst? - Wirtschaftlicher Wettbewerb - Kulturelles Leben in Cottbus seit 1990 - Klassentreffen
Kapitel 15 - Mitwirken in der Politik
Meinungsbildung - Schlaglichter auf die Massenmedien - Demonstrationen
Bilanzversuch - Was bleibt - Das süße Wort Freiheit - Eine andere Welt ist nötig - Warum ich Pazifist bin - Wohin geht die Welt? - Eine andere Welt ist möglich
Selbstversuch
Ich habe
an mir selbst
ausprobiert,
welche Möglichkeiten
es heute schon gibt,
ein neuer Mensch
zu sein.
Obwohl diese Wunden
nur langsam
vernarben,
bin ich nicht
ohne Hoffnung.
Nur
für den einzelnen
ist das einfach
zu viel.
Heinz Kahlau
Vorwort
Dies ist ein Bericht über meine Erfahrungen in zwei Gesellschaftssystemen; in der sowjetischen Besatzungszeit und der DDR einerseits und im neu vereinigten Deutschland andererseits. Damit möchte ich Verständnis wecken, Verständnis, dass man auch anders leben kann, als es in etlichen Zeitungen einseitig suggeriert wird, anders als eine Mehrheit gegenwärtig lebt und vielleicht auch leben will. Wir Bürgerinnen und Bürger der DDR versuchten, mit anderen und doch sehr menschlichen Zielen zu leben, der Öffentlichkeit nützlich und nur so egoistisch zu sein, wie es das eigene Dasein ausreichend sichert.
Beim Niederschreiben des Textes habe ich besonders an all jene gedacht, die das Leben in der DDR nur aus der Schule oder aus Berichten kennen. Die Schule kann ja nicht alles behandeln, und vermag kaum lebendige Vorstellungen zu vermitteln, selbst wenn sie gut ist. Auch jenen Leserinnen und Lesern(1) ist das Buch gewidmet, denen als Bürger der alten Bundesländer so krasse gesellschaftliche Veränderungen erspart blieben. Weil ich also nicht bei allen Lesern Detailkenntnisse voraussetzen kann, sind viele Erklärungen beigegeben.
Ich habe mehrere geschichtliche Augenblicke aus nächster Nähe miterlebt. Das war nicht immer ein ungetrübtes Vergnügen. Zwischen Elbe und Rhein blieb nach 1945 trotz aller entsetzlichen Kriegsfolgen der Grundaufbau der Gesellschaft erhalten, das Privateigentum spielte weiter seine bestimmende, geachtete Rolle und die Wertvorstellungen wurden wie eh und je vom Bildungsbürgertum geprägt. Der Gedanke, dass etwas im Leben anders sein könnte, als das Altbekannte, war nicht verwurzelt. Viele Benennungen, Gewohnheiten und Denkweisen aus der Vergangenheit existierten wie selbstverständlich weiter. Der Zweite Weltkrieg hatte nicht allen Bürgerinnen und Bürgern Anlass zu tiefem Nachdenken und Schlussfolgerungen gegeben.
Ganz anders in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR. Ab 1945 vollzogen sich hier grundsätzliche gesellschaftliche Umbrüche in fast allen Lebensbereichen. Das war nur anfangs von der sowjetischen Besatzungsmacht direkt bewirkt. Mit den Jahren erlangten die neuen Verhältnisse eine gewisse Stabilität und wurden zeitweise von vielen Bürgern anerkannt und gefördert, von anderen zu ihrem persönlichen Vorteil genutzt.
Sensationen sind auf den folgenden Seiten nicht zu erwarten. Mir geht es um das alltägliche Leben und seine Verbindung zur großen Politik. Ich möchte erklären, wie wir gelebt, gearbeitet, uns gefreut und auch geärgert haben. Ich möchte an charakteristischen Vorgängen und Episoden zeigen, dass der größte Teil des Lebens eben nicht aus Jammern und Leiden wegen der Repressionen bestand, sondern aus Alltagsbegebenheiten, wenngleich diese – und besonders der Kalte Krieg – fast alle Lebensbereiche berührten.
Auch war ich in meiner DDR-Vergangenheit nie ein Widerstandskämpfer gegen den Sozialismus, selbst wenn der Leser diesen Eindruck gewinnen könnte, weil ich an mehreren Stellen darüber berichte, dass ich unzufrieden war, widersprochen oder mich nicht konform verhalten habe. Aber das habe ich meist als nötige Auseinandersetzungen, auch über den weiteren Weg der DDR betrachtet. Nur selten und zeitweise habe ich das Ende der DDR gewünscht. Fast nie habe ich westliche Rundfunk- und Fernsehsender