Lords of the Left-Hand Path. Stephen Flowers

Lords of the Left-Hand Path - Stephen Flowers


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Forschung strebt nach Klarheit, und wir benötigen Klarheit gerade auf solchen allgemein wenig bekannten Gebieten. Ohne genaue Definitionen wird jeder, der diesen Pfad beschreitet, gleichgültig auf welcher Stufe er sich befindet, in einen Strudel von Missverständnis und Verworrenheit hinabgezogen (wie unten im Kapitel über die historischen Erscheinungsformen des linkshändigen Pfades und die „Schwarze Magie“ besonders deutlich wird). Ein genaues Verständnis des Wesens des linkshändigen Pfades ist mit einer präzisen Theorie des Universums verbunden, in dem er sich zeigt. Diese Theorie sowie das Modell, das sie repräsentiert, werden in der Analyse der historischen Traditionen des linkshändigen Pfades deutlich hervortreten.1

      Das Universum ist die Gesamtheit alles Existierenden, des Bekannten wie des Unbekannten. Es handelt sich um ein sehr komplexes Modell, das sich wenigstens in zwei Bereiche unterteilen läßt: in das objektive und das subjektive Universum. Das objektive Universum ist der natürliche Kosmos bzw. die Ordnung der Welt. Diese ist beispielsweise von physikalischer oder von organischer Art und wird von gewissen vorhersagbaren Gesetzen beherrscht, die sich in einem Raum-Zeit-Kontinuum manifestieren. Das objektive Universum, einschließlich der Gesetze, die es durchwalten, kann mit der „Natur“ ebenso wie mit „Gott“, in jüdisch-christlicher Tradition, gleichgesetzt werden. Jede Naturwissenschaft beruht wie die orthodoxe Theologie auf der Voraussetzung, dass diese Gesetze des objektiven Universums entdeckt und berechnet bzw. auf rein rationale Weise oder auch aufgrund einer göttlichen Offenbarung beschrieben werden können. Bei näherer Betrachtung erscheint es evident, dass dasjenige, was man in orthodoxer religiöser Tradition gewöhnlich als „Gott“ bezeichnet, eigentlich mit dem identisch ist, was man gemeinhin als dessen Schöpfung bezeichnet: die natürliche, mechanische oder organische Weltordnung bzw. der Kosmos. Ebenso sollte hier auf die allgemein übliche, aber manchmal zu Missverständnissen führende Unterscheidung zwischen den Begriffen des „Mechanischen“ und des „Organischen“ hingewiesen werden. Auf einer Ebene bezeichnen sie in dem Sinne das gleiche, dass in ihnen vorhersagbare Gesetzmäßigkeiten vorwalten. Ein Uhrwerk und der menschliche Leib sind beide von gewissen mechanischen Prinzipien beherrscht, die es ihnen ermöglichen, in ihrer jeweiligen Umgebung zu funktionieren. Auf einer anderen Ebene gibt es zwischen dem mechanischen und dem organischen Körper dahingehend einen Unterschied, dass letzterer die Fähigkeit besitzt, seine mechanischen Strukturen zu verändern und fortzupflanzen, um sein Überleben sicherzustellen. Dies ist deshalb möglich, weil in dem Organismus Vorrichtungen genau zu diesem Zweck codiert sind (DNA) und weil die veränderlichen molekularen Strukturen deshalb Mutationen erlauben.

      Das subjektive Universum ist die Welt jedes fühlenden Wesens im Universum. Es gibt so viele subjektive Universen wie es fühlende Wesen gibt. Das subjektive Universum ist die partikulare Erscheinung von Bewusstsein innerhalb des Universums. Gewöhnlich gibt es eine Erfahrung des objektiven Universums lediglich als Information, die durch das subjektive Universum vermittelt wird. Erstaunlicherweise scheint das subjektive Universum nicht von denselben natürlichen/​mechanischen/​organischen Gesetzen wie das objektive Universum geleitet zu sein. Tatsächlich besteht darin der wesentliche Unterschied zwischen beiden. Das subjektive Universum hat die Möglichkeit, auf eine außernatürliche Weise – frei von den engen Grenzen der fünf Sinne und der drei Dimensionen – tätig zu sein.

      An dieser Stelle sollte übrigens hervorgehoben werden, dass die Begriffe „objektiv“ und „subjektiv“ nichts mit der Unterscheidung von „richtig“ und „falsch“ oder „genau“ und „ungenau“ zu tun haben, wie es der umgangssprachliche Gebrauch dieser Worte nahelegen könnte. Das subjektive Universum ist einer weitaus größeren Genauigkeit und Mannigfaltigkeit seiner Handlungen als das objektive fähig. Ein gutes Beispiel sind etwa Ihre Lektüre und Ihr Verständnis des vorliegenden Textes, die darauf beruhen, dass Sie eine Fähigkeit Ihres subjektiven Universums anwenden. In einfachen grammatischen Begriffen gesprochen, ist das Subjekt der Leser (d. h. „dasjenige, was liest“), und das Objekt ist das Gelesene. Das subjektive Universum verfügt über ein gewaltiges Spektrum an Möglichkeiten, das von theoretisch absoluter Präzision bis zu völligem Wahnsinn reicht, weil es nicht an natürliche Gesetze gebunden ist. Der Fokus oder das „Epizentrum“ dieses außernatürlichen subjektiven Universums wird mit dem menschlichen Bewusstsein, der Seele oder dem Selbst identifiziert.

      Der außernatürliche Aspekt dieser Seele zeigt sich eindeutig und gründlich in dem Drang der Menschheit, Strukturen, die künstlich im subjektiven Universum entstanden sind, auf das objektive zu übertragen. Alle auf künstliche Weise (also durch Kunstfertigkeit oder Handwerk) hervorgebrachten Strukturen sind per Definitionem vom natürlichen Kosmos getrennt und stehen außer ihm, seien sie Pyramiden, Gedichte oder politische Institutionen. Die Tiere hingegen, von denen viele über hochkomplexe Sozialverhältnisse verfügen, sind durch die Natur und ihr biologisches Programm determiniert. Das Wolfsrudel hat immer dieselben gesellschaftlichen Prinzipien, egal in welchem Teil der Welt, ob heute oder vor Millionen Jahren. Sie aber werden schwerlich auch nur zwei soziale Institutionen finden, die absolut identisch sind. Alles, was aus dem subjektiven Universum hervorgegangen ist, trägt den Stempel der Vielfalt.

      Jeder einzelne Bestandteil der Seele – der Erscheinung des subjektiven Universums – verweist auf die Urform oder das Grundprinzip, von dem sich alle seine partikularen Manifestationen herleiten. In den philosophisch am subtilsten ausgebildeten Schulen des linkshändigen Pfades wird dieses Prinzip einer isolierten Intelligenz als „Fürst (prince) der Finsternis“ oder als höchste Gottheit des linkshändigen Pfades aufgefaßt. (Man beachte, dass Begriffe wie prince, „Fürst“, „Prinz“, und Prinzip von dem lateinischen Wort princeps, „Herrscher“, „Führer“, abgeleitet sind, das dem Wortsinne nach denjenigen bezeichnet, der den ersten Platz einnimmt.) Es handelt sich um den Archetypus des Selbst, von dem alle anderen Selbste abstammen. Ebenso ist es ein Element des außernatürlichen Universums, das objektiv zum Universum selbst hinzugehört. In diesem Sinne kann der Fürst der Finsternis als unabhängiges fühlendes Wesen im objektiven Universum verstanden werden, da hierin das eigentliche Prinzip dieser Qualität des Universums liegt. Die Menschheit ist die einzige bekannte Spezies, die diese Qualität ebenfalls besitzt.

      Nun stellt sich die entscheidende Frage: Auf welche Weise bezieht sich die freie, bewusste Seele auf das objektive Universum oder die Welt insgesamt, oder wie interagiert sie mit dieser? Der rechtshändige Pfad beantwortet diese Frage mit der Annahme, dass das subjektive Universum sich mit den Gesetzen des objektiven Universums in Einklang bringen müsse – ob man sich dieses nun als Gott oder als Natur vorstelle. Das eigentlich Menschliche besteht darin, nach Wissen von diesen Gesetzmäßigkeiten zu streben und sich ihnen sodann zu unterwerfen, um letztendlich die Einheit mit dem objektiven Universum, Gott oder der Natur, zu erlangen. Der rechtshändige Pfad ist der Weg der Vereinigung mit der universalen Realität (Gott oder Natur). Wenn dieses Ziel erreicht ist, wird das individuelle Selbst ausgelöscht werden; das Individuum wird eins mit der göttlichen oder natürlichen Ordnung des Kosmos. Auf dieser letzten Stufe wird das Ego in dem Augenblick, in dem es in den „Himmel“ eintritt oder (Nicht-)Existenz des Nirwana „erreicht“, vernichtet. Darin liegt erklärtermaßen das Ziel aller orthodoxen jüdischen, christlichen, muslimischen und buddhistischen Schulen.

      Der linkshändige Pfad betrachtet die Stellung des Menschen wie sie ist; er erkennt den manifesten und tiefverwurzelten Wunsch jedes menschlichen Wesens an, ein freier, machtvoller und unabhängiger Akteur innerhalb seiner oder ihrer Welt zu sein. Freuden und Leiden, die aus einer selbstbestimmten Existenz resultieren, werden begrüßt und als die deutlichsten Zeichen des höchsten, edelsten Schicksals angesehen, das zu erlangen dem Menschen möglich ist – eine Art von unabhängiger Existenz auf einer Stufe, die gemeinhin als göttlich bezeichnet wird.

      Ebenso wie die meisten Menschen, während sie durch ihr natürliches, alltägliches Leben gehen, nach allem streben, was ihnen möglichst viel Wissen, Macht, Freiheit, Unabhängigkeit und Ansehen in ihrer Welt verschafft, so erweitern diejenigen, die den linkshändigen Pfad beschreiten, dies logischerweise auf die außernatürlichen Gefilde. Sie weisen die Mahnungen des rechtshändigen Pfades zurück, solche spirituellen Bestrebungen seien „böse“, und sie


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