In der Pfütze schwimmt ein Regenbogen. Christina Conradin

In der Pfütze schwimmt ein Regenbogen - Christina Conradin


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ertönt es aus meinem schon vollen Mund, den bereitgestellten Omiknödeln kann ich nicht widerstehen.

      „Lena, wir essen alle gemeinsam am Tisch!“, grummelt Mama.

      „Lass sie halt!“, antworte ich Mama nur, so wie Opa Emil es vorher zu ihr gesagt hat, als Ben sich im Auto vergnügte.

      Beim Essen versucht Ben alle Zutaten aus Omis Gericht herauszuschmecken, während Uropa wie so oft nur damit beschäftigt ist, mit einer Fliegenpatsche Fliegen zu fangen. Ab und zu erwischt er eine. „Diese ekligen Viecher“, schimpft er dann. Koriander erkennt Ben immer sofort, denn den mag er besonders gerne. Ich kenne da keinen Unterschied.

      „Du wärst bestimmt ein guter Koch, wo du so eine feine Nase und auch Zunge hast!“, wirft Opa Emil ein.

      „Vielleicht“, sagt Ben nachdenklich.

      „Aber eigentlich möchte ich etwas ganz Großes machen, die Welt irgendwie verändern. Mal seh’n!“

      „Ich will mal was mit Tieren machen“, platzt es aus mir heraus.

      „So?“, wundert sich Mama.

      „Jaaahh, vielleicht ‘ne Hendlbraterei.“ Alle bis auf Uropa, weil dieser so schlecht hört und bestimmt nichts mitbekommen hat, lachen. Wodurch ich nur geknickt schaue und mich nicht ernst genommen fühle.

      „Ihr seid gemein!“, unterbreche ich ihr Gelächter.

      „Schatz“, meint Papa, „das ist doch nicht böse gemeint. Es ist nur lustig, da man bei einem Beruf mit Tieren, eher an einen Tierarzt oder so denkt.“

      „Aber das sind doch auch Tiere!“, erwidere ich.

      „Du hast schon recht!“, pflichtet Ben mir bei, während er dem Uropa ungefragt ein Stück Fleisch vom Teller stibitzt.

      Uropa ist schon sehr alt. Als wir das letzte Mal hier waren, konnte er gar nicht alleine essen. Heute scheint es ihm wieder besser zu gehen. Er vergisst meist sein Hörgerät einzusetzen und sitzt deshalb oft nur etwas teilnahmslos dabei. Jetzt aber lacht er über das ganze Gesicht. So strahlen sieht man ihn eigentlich nur, wenn Ben irgendwelche lustigen Sachen macht. Dabei funkeln seine noch jungen Augen und er ist für einen Moment ganz präsent und glücklich. Ben drückt dabei wie so oft seine Lippen aufeinander und lächelt verschmitzt und ebenfalls glücklich.

      „Wenn alle fertig sind, gehen wir raus, oder?“, schlägt Opa Emil freudig vor.

      „Unsere Mutterkuh müsste bald ihr Kaibal bekommen. Vielleicht schauen wir in den Stall. Habt ihr Lust?“

      „Auf jeden Fall!“, rufen Ben und ich im Chor, schon ab durch die Mitte Richtung Haustüre.

      „Wir räumen für euch mit auf!“, ruft uns Mama mit Nachdruck hinterher.

      „Merciii“, ertönt es aus Bens und meiner Richtung, als wir gerade zur Türe hinauslaufen, um unsere Stallklamotten anzuziehen. Diese hängen im Waschraum immer für uns bereit.

      Die Arbeit in Opas und Omis Stall macht richtigen Spaß. Immer, wenn wir zu Besuch sind verbringen wir viel Zeit dort. Ben und ich dürfen ausmisten helfen und die Kühe mit frischem Heu füttern. Das Tolle an dem Kuhstall ist, dass es darin nicht so stinkt, wie in den Ställen, in denen ich sonst schon war. Wahrscheinlich weil das große Tor immer auf ist und Opa Emil und Omi sehr oft ausmisten. Die Kühe können frei im Stall umhergehen sowie jederzeit auf die große Weide hinter dem Stall ins Freie hinaus. Wenn Oscar, das ist der große Stier, den Stall verlässt und sich auf die Weide begibt oder von der Weide Richtung Stall unterwegs ist, folgen ihm nach und nach alle anderen Kühe. Das ist sehr lustig zu beobachten. Sogar die kleinen Kälbchen, die sich beim Laufen mit ihren dünnen Beinen schwer tun, stolpern hinterher. Jeden Tag bekommen sie extra für sie frisch gemähtes Gras. Opa Emil mäht von der großen Wiese immer nur so viel, wie die Kühe ungefähr am Tag fressen.

      Als wir mit der anstrengenden, aber schönen Arbeit im Stall fertig sind und gerade gehen wollen, ist es tatsächlich so weit. Opa ruft uns zu: „Holt Omi! Erna kalbt!“ Ben und ich laufen schreiend in die Küche und holen die anderen. Omi gibt uns gleich verschiedene nützliche Dinge mit: Tücher, einen Eimer mit warmem Wasser und besonders lange Handschuhe. Aufgeregt kehren wir sofort zu Opa Emil in den Stall zurück. Dort angekommen hängen tatsächlich bereits ein Kopf und zwei knöcherne Vorderbeine aus der Kuh heraus. Alles ist voll Blut, auch Opa. In der Zwischenzeit hat Opa Emil auf dem Boden ein Laken ausgebreitet. Sein linker Arm steckt bis über den Ellenbogen in der Kuh. Papa, Mama, Omi und Uropa im Rollstuhl treffen bei uns ein. Opa und Omi wissen genau, was zu tun ist. Omi hat auch Handschuhe und einen Kittel an. Jeder Handgriff sitzt, sodass schon bald ein Kalb aus der Kuh herausflutscht und vor uns auf dem Boden liegt.

      „Ist schon immer wieder aufregend, so eine Geburt!“, schnauft Opa beim Ausziehen von Kittel und Handschuhen.

      „Aber“, blicke ich Opa Emil ganz verwirrt an, als ich mich zu ihm auf einen Strohballen setze, „wie bringen wir die Kuh da jetzt wieder rein?“

      „Ach, meine kleine Prinzessin, das Kälbchen bleibt jetzt bei uns und wird irgendwann auch eine große Kuh sein“, erwidert Opa und nimmt mich dabei lächelnd in den Arm.

      Omi hatte wohl gleich den Tierarzt angerufen, denn dieser kommt schon zur Stalltüre herein. Er hantiert mit verschiedenen Geräten, wobei ihm ein länglicher Stab abbricht.

      „So a Glump!“, pflichtet ihm der Uropa bei. Nach seinen Untersuchungen meint der Tierarzt zum Glück, dass bei unserem neuen Kälbchen alles in Ordnung sei.

      Draußen wird es schon dunkel, als wir den Stall verlassen. Von dem freudigen und berauschenden Ereignis sind alle ganz erschöpft. Gemeinsam räumen wir unsere Sachen aus dem Auto und beziehen unsere Zimmer. Papa und Mama schlafen in Mamas altem Kinderzimmer, Ben und ich bekommen das gemütliche kleine Zimmer am Ende des Flurs. Dort tollen wir fröhlich umher, bis wir von unten „Brotzeit“ vernehmen. Wie der Blitz beeilen wir uns zum Tisch zu kommen, sind die besten Plätze doch die auf der Eckbank. Geschafft! Ben und ich sitzen.

      „Mit dem Helfen habt ihr’s heute nicht besonders“, bemerkt Papa etwas vorwurfsvoll. Alle genießen in Ruhe die reichhaltige und liebevoll zubereitete Brotzeit.

      Beim Abräumen fragt Opa Emil uns, was wir uns denn alles so wünschen. Er zieht einen dicken Spielzeugkatalog unterm Tisch hervor und beginnt zu blättern. Mamas Blick entnehmen wir, dass sie über dieses Thema nicht besonders erfreut ist.

      „Ich hab dir schon so oft gesagt, dass dich die Kinder genauso gerne haben, auch wenn sie nur wenige Geschenke bekommen“, sagt Mama zu Opa energisch.

      „Wenn ich ihnen aber so gerne etwas schenke, solange ich noch kann!“, reagiert Opa ebenfalls etwas genervt, da dieses Thema oft ein Streitpunkt zwischen den beiden ist.

      Von Opa Emil bekommen wir immer irgendetwas. Manchmal war er zuvor auf einem Flohmarkt und hat dort viele tolle Sachen für uns gekauft. Im Moment trauen wir uns allerdings gar nicht mehr so richtig in dem Katalog weiterzublättern. In Zeitlupe machen wir es doch.

      „Wow, da ist ja ein Handy. Ist das ein Richtiges?“, frage ich ganz begeistert. Papa und Mama verdrehen gleichzeitig die Augen.

      „Jetzt hast du es wieder geschafft! Mit Ben haben wir endlich eine Vereinbarung ausgehandelt, und nun bringst du Lena auf den Geschmack. Denk gar nicht daran, ihr so etwas zu kaufen!“, schnauzt Mama Opa an und geht zur Küchentüre hinaus.

      „Vielleicht reden wir ein anderes Mal über eure Wünsche. Ich glaube, es ist eh schon Bettgehzeit“, meint Opa daraufhin etwas enttäuscht.

      Im Bett erzählt uns Omi noch eine schöne Geschichte über Murmeltiere. Ich liebe Omis Geschichten vor dem Einschlafen. Manchmal waren sie allerdings auch ein bisschen gruselig.

      OMIS GEBURTSTAG

      In der Früh werde ich von den ersten Lichtstrahlen, die durch die Fensterläden hereinfallen, geweckt. Wenn alles noch ruhig ist, man nur ein paar Vögel


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