50 Dinge, die ein Steirer getan haben muss. Reinhard M. Czar
Gleichgewichts im Wald, und auch für das bei den Wildwochen in der steirischen Gastronomie heiß begehrte Hirschgulasch muss logischerweise irgendjemand die Ausgangsbasis liefern, nämlich die Jäger.
Der Jagd in all ihren Facetten widmet sich das Jagdmuseum in Schloss Stainz in der Weststeiermark. In diesem Spezialmuseum, einer Abteilung des Universalmuseums Joanneum und damit des steirischen Museums schlechthin, haben Jäger wie Nicht-Jäger die Möglichkeit, tief ins Mysterium der Jagd einzutauchen. Das Jagdmuseum erlaubt jedem einen ausführlichen Pirschgang durch Geschichte und Gegenwart der Jagd – ganz ohne Büchse und Jagdkarte. „Vom Auerhahn bis zur Waldameise wird versucht, dem Besucher einen Überblick zu geben, was an der Jagd interessant ist“, erklärt Museumsleiter Karlheinz Wirnsberger. Dabei wendet man sich vor allem an die nicht jagende Bevölkerung, also die große Mehrheit. „Wir sind keine Trophäenschau“, zerstreut Wirnsberger gleich im Vorfeld mögliche Bedenken. Und wirklich, die verschiedenen Schaustücke des Jagdmuseums zeigen das Wild und dessen Lebensraum Wald aus den unterschiedlichsten Perspektiven. So tummeln sich die Tiere des Waldes als anschauliche Präparate auf einem Drahtgestell statt, wie früher, im nachgebauten Pappmaschee- und Plastikunterholz. Es geht um die Konzentration aufs Wesentliche, die Tiere, und nicht darum, ein welt- und waldfremdes Stimmungsbild zu transportieren wie in den eingangs angesprochenen Heimatfilmen. Die Schau lädt zum Erfahren mit beinah allen Sinnen ein: Sehen, Hören, Fühlen. So können die Besucher Fellstücke verschiedenster Tiere mit den Fingern berühren oder sich bei der Spurenkunde den Vierbeinern auf die Fersen heften. „Das Museum ist ein Lernort für die Natur“, erklärt Wirnsberger den Hintergrund. Was man hier sieht, lässt sich beim nächsten Waldspaziergang draußen in natura erkunden.
Links Mitte: Hamilton, Hirschhatz,
links unten: Original-Winterjagdanzug Erzherzog Johanns (hinten),
rechts oben: Schloss Stainz
Wem das vielleicht ein wenig zu modern und aller Mystik beraubt erscheint, der wird beim ausführlichen Streifzug durch die Historie der Jagd sicherlich versöhnlich gestimmt. Großflächige Jagdgemälde von Meister Johann Georg Hamilton, der im Auftrag von Fürst Schwarzenberg das Thema „Jagd und Hund“ in Form unterschiedlichster Hatzen eindrucksvoll auf die Leinwand brachte, sind genauso vertreten wie wertvolle historische Falkenhauben, die erste gedruckte Originalausgabe des Buchs „De arte venandi cum avibus – Über die Kunst der Jagd mit Vögeln“ von Kaiser Friedrich II. oder historische Waffen. „Natürlich haben Waffen einen Stellenwert, sie sind aber nicht überbordend“, so Wirnsberger, der betont, dass man neben der technischen Entwicklung auch die kunsthistorische Seite an der Waffe zeigen möchte. Mit Jagdmotiven verzierte kostbare Waffen hatten (und haben) in Jägerkreisen ja durchaus das Zeug zum Statussymbol wie anderswo ein Auto mit Stern.
„Wir wollen das Thema Jagd umfassend der breiten Öffentlichkeit präsentieren“, so der Museumsdirektor. Mit Schloss Stainz, welches das Museum seit 2003 beherbergt, wurde ein kongenialer Standort für das Jagdmuseum gefunden. Das Schloss diente früher Erzherzog Johann als Wohnsitz (dessen Nachkommen heute noch dort wohnen). Erzherzog Johann hat sich auch um die Jagd in der Steiermark enorme Verdienste erworben, was an einigen Highlights im Jagdmuseum ablesbar ist, Original-Exponaten des „steirischen Prinzen“: So wird sein Winterjagdanzug gezeigt, und handschriftliche Dienstanweisungen an seine Jäger lassen erstaunliche Schlüsse zu: Dass diese Jäger beispielsweise lesen konnten oder dass der Job als erzherzoglicher Jäger wegen der guten Bezahlung nicht der schlechteste war. Detail am Rande: Erzherzog Johann rekrutierte seine Jäger teilweise aus dem Kreise der Wildschützen, weil sich diese besonders gut „im Revier“ auskannten. Das beweist, was für ein schlauer Fuchs der Mann doch gewesen ist, womit sich der Kreis unseres Pirschganges ohne Büchse hin zum Ausgangspunkt schließt …
Jagdmuseum Schloss Stainz, Schlossplatz 1, 8510 Stainz.
Öffnungszeiten: April bis Oktober, Dienstag bis Sonntag 10 bis 17 Uhr.
www.museum-joanneum.at/jagdmuseum
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AUF GRENZGANG ZU DEN NACHBARN
Leutschach und Sveti Duh
Das steirische Leutschach und das slowenische Sveti Duh verbindet vieles: die Heiligengeistklamm, die gemeinsame Geschichte und, man glaubt es kaum, auch eine Wurst!
Es war einmal … in diesem Fall ist es kein Märchen, das so beginnt, sondern der Grund dafür, warum uns dieser Marsch über die Landesgrenzen, ja sogar über die Grenzen Österreichs hinausführt und wir trotzdem in der Steiermark bleiben.
Los geht’s im südsteirischen Leutschach an der Weinstraße, Ortsteil Schloßberg. Von dort führen zwei Wege zum Ziel, das jede Steirerin und jeder Steirer einmal gesehen haben sollte: Sveti Duh, zu Deutsch Heiliger Geist, eine Wallfahrtskirche in Slowenien knapp nach der Grenze. Wie bereits angedeutet, war das früher einmal, bis zum Ende des Ersten Weltkriegs, alles eine Steiermark. Auch heute noch, wo die Untersteiermark zu Slowenien gehört, lässt sich das am Namen ablesen. Štajerska heißt dieses Gebiet in der Sprache der Nachbarn. Man muss kein Sprachwissenschaftler sein, um die Verwandtschaft zwischen der slowenischen und der deutschen Bezeichnung zu erkennen.
Der Ausflug von der Steiermark in die Štajerska eröffnet einige interessante Perspektiven. Rein landschaftlich betrachtet sticht vor allem die Heiligengeistklamm hervor, die von Schloßberg hinauf zur Grenze führt. Wild rauscht das Wasser durch die Schlucht. So wild, dass die Klamm bei einem Unwetter im Februar 2014 – starker Regen, der blitzschnell zu Eis gefror – komplett verwüstet wurde und monatelang nicht zu begehen war. Spätestens in solchen Fällen, aber auch bei Hochwässern oder fehlender Trittsicherheit kommt die Umgehungsstrecke der Klamm zum Tragen. Sie lässt die Abgründe der Schlucht rechts liegen und führt nach einem kurzen, steilen Anstieg über Wiesen und Obstplantagen, bis oben auf dem Hügel beide Wege wieder zusammentreffen. Egal für welche Variante man sich entscheidet, die Wanderung entpuppt sich in jedem Fall als reich an Erlebnispunkten. Bevor es nämlich nach Slowenien hinübergeht, kommt man unter anderem am südlichsten Punkt der Steiermark vorbei, im Volksmund steirischer Südpol genannt. Offiziell lautet die Bezeichnung nüchtern auf Grenzstein 314.
Und dann ist es schon so weit: Die Staatsgrenze wird passiert. In EU-Zeiten natürlich ohne Grenzbalken, aber Grenze bleibt Grenze. Ab hier empfiehlt es sich, einen Reisepass eingesteckt zu haben, den man in Slowenien, wie überall im EU-Ausland, mit sich führen muss. Von der Staatsgrenze zur Wallfahrtskirche Sveti Duh führen in der rund 2-stündigen Wanderung (für eine Wegstrecke) nur mehr wenige Schritte. Das Gotteshaus liegt in rund 900 Metern Seehöhe ein wenig erhaben auf einer Hügelkuppe. Doch so gut die Übersicht von oben auch ist, so entlegen präsentierte sich der Gipfel in früheren Jahrhunderten und diente deshalb offenbar immer wieder als Rückzugsgebiet für Menschen, die nicht ganz den jeweils gängigen „Normen“ entsprachen. Einer in der Reformationszeit entstandenen Sekte mit dem Namen Springer – katholisch zwar, aber doch ein wenig abweichlerisch – soll der Berg als Rückzugsort gedient haben. Seinem Namen entsprechend tanzte das Grüppchen bei Gottesdiensten in Ekstase neben seiner kleinen Kirche ums Feuer, bevor es vertrieben wurde. An dieser Stelle entstand die heutige Wallfahrtskirche. Man genießt rund um die Kirche einen herrlichen Ausblick, ob man nun in die slowenische oder in die österreichische Steiermark hineinschaut.
Oben: Wallfahrtskirche Sveti Duh
Apropos