50 Dinge, die ein Steirer getan haben muss. Reinhard M. Czar

50 Dinge, die ein Steirer getan haben muss - Reinhard M. Czar


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Schachblumenwiese

      Die Schachblume, ein äußerst selten gewordenes Pflänzchen, behauptet sich in der Steiermark nur mehr auf einer einzigen Wiese.

      Sie wächst in der gesamten Steiermark nur auf einer einzigen Wiese, blüht für knappe zwei Wochen im Jahr und zieht sich dann nahezu unsichtbar für den Rest des Jahres ins grüne Wiesenbett zurück. Solche Starallüren entwickelt Fritillaria meleagris, auf Deutsch die Schachblume. Ihr markantes Kennzeichen: die schön geformte, im Verhältnis zur restlichen Pflanze ziemlich große Glocke, die wie ein Schachbrett abwechselnd mit zart und kräftig violetten Quadraten übersät ist. Wenn man die rare Blume sehen will, und das sollte man, wenn man sich schon im gleichen Bundesland befindet wie das Pflänzchen selbst, dann gilt es, die Zeit rund um Ostern zu nutzen. Da geruht die Primadonna nämlich ihre Blüte zu zeigen.

      Dabei ist die Schachblume gar nicht so verwöhnt, wie man angesichts ihrer Seltenheit glauben könnte. Eine feuchte Wiese, wo man sie in Ruhe lässt, genügt ihr nämlich. Und feuchte Wiesen sollte es hierzulande wohl genug geben … Noch gut in Erinnerung ist der Ausspruch eines ehemaligen österreichischen Bundespräsidenten von den Sümpfen und sauren Wiesen in unserem Land. Rudolf Kirchschläger meinte damit freilich nicht den Lebensraum der Schachblume, sondern politische Sümpfe rund um den damaligen AKH-Skandal und forderte deren Trockenlegung im Jahr 1980 ein.

      Damit wären wir genau beim Problem, vor dem auch die Schachblume steht. Weil immer mehr und öfter die Feuchtwiesen – sei es für die Landwirtschaft, sei es als Bauland – umgewandelt und trockengelegt wurden und ihren ursprünglichen natürlich-feuchten Charakter verloren haben, hat zeitgleich die Schachblume ihren Lebensraum immer stärker eingebüßt. Auch in der Umgebung der einzigen steirischen Wiese, wo sie noch wächst, gedieh sie früher in viel größerem Ausmaß als heute. Büschelweise soll man sie in der Nachkriegszeit gepflückt haben, während sie gegenwärtig unter strengstem Naturschutz steht. Trotzdem – ein wenig muss auch die altrömische Blumengöttin Flora ihre zartgliedrigen Blütenblätterfinger im Spiel gehabt haben, dass ausgerechnet die oststeirische Gemeinde Großsteinbach, rund 20 Kilometer südwestlich von Hartberg gelegen, das große Los gezogen hat und heute Heimat der Schachblume ist.

      Botanisch zählt die Schachblume zu den Liliengewächsen. Sie hat eine lange Geschichte – zurück bis in die Eiszeit –, die in der „Schachblumengemeinde“ Großsteinbach hoffentlich noch lange fortgesetzt wird. Die Chancen stehen gut, denn inzwischen wurde alles Menschenmögliche unternommen, um den Schutz der Pflanze zu gewährleisten: Ihre Wiese bleibt unangetastet. Außerdem stellt das Blümchen mittlerweile einen entsprechenden Tourismusfaktor dar, der unzählige Pflanzenfreunde zur Blütezeit nach Großsteinbach lockt. Sogar eine eigene Wanderung gibt es rund um die Blume inzwischen. Kein Wunder also, dass eine stilisierte Schachblume seit dem Jahr 1966 das Gemeindewappen von Großsteinbach ziert.

      Die Schachblumenwiese westlich des Ortszentrums von Großsteinbach ist zur Blütezeit der Blume gut ausgeschildert.

       www.gemeinde-grosssteinbach.at

      08

      SAH EIN KNAB’ EIN RÖSLEIN STEH’N

      Graz, Schloss Eggenberg

      Im Park des UNESCO-Weltkulturerbes Schloss Eggenberg erhebt sich ein unscheinbarer Hügel. Unscheinbar? Ja, aber nur so lange, bis die Rosen in voller Blüte stehen …

      Einer der sehenswertesten Hügel von Graz ist wieder da. Und wie! Wir reden hier nicht vom Schloßberg oder vom Kalvarienberg, nein, der Hügel, den wir meinen, ist viel kleiner. Er besteht auch nicht aus uraltem Felsgestein, sondern wurde künstlich aufgeschüttet. Trotzdem sollte man ihn gesehen haben. Im Nordwesten der Stadt konnte nämlich ein Juwel, das eine bewegte Historie aufweist und noch vor Kurzem völlig verwildert war, wiederhergestellt werden: der Rosenhügel im Park von Schloss Eggenberg. Für uns eindeutig das botanische „Comeback des Jahrzehnts“.

      Bis es aber so weit war, sind langjährige Vorbereitungsarbeiten vorangegangen. Im Jahr 2008 fiel sozusagen der Startschuss: Man begann zunächst einmal, den wild bewachsenen Hügel freizulegen, dann erfolgten die konkrete Planung und Umsetzung des Projekts. Die Auswahl fiel auf Rosen, die es vor 1835 – zur ersten Blütezeit des Hügels – gegeben hatte, man kehrte also zu den „alten Rosen“ zurück. Und so kann man heute wie damals auf dem Parapluieberg, der nach historischem Vorbild mit alten Rosen und Gehölzen wiederbepflanzt wurde, lustwandeln und den betörenden Duft der Rosen, die im Juni ihre Hochblüte haben, genießen.

      Dieser Parapluieberg im chinesischen Stil ist als kleiner Aussichtshügel zu verstehen, wo man auf einem kurvig angelegten Weg zum Ziel gelangt. Der kurze Pfad führt von der Schlossseite her, bepflanzt mit Rosen und dunklen Koniferen, hinauf „zum Gipfel“, dazwischen gibt es verschiedene Blumen zu bewundern. Oben angelangt, kann man sich auf einer Bank unter einem Schirm ausruhen und dann auf der Rückseite des Hügels, wo ebenfalls verschiedene Gehölze und Sträucher wachsen, wieder hinunterpromenieren. Natürlich funktioniert das Ganze umgekehrt genauso.

      Von diesem Aussichtshügel lässt sich nicht nur Schloss Eggenberg, das 2010 zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt wurde, bestaunen, sondern auch die gesamte Parkanlage sowie die schönen Alleebäume. Vom Rosenduft umhüllt und vom Lustwandeln im Park ermüdet, besteht die Möglichkeit, sich im kleinen Pavillon, der ebenfalls in die Parkanlagen eingebettet ist, bei Kaffee und Kuchen zu laben.

      Die Gärten von Schloss Eggenberg unterliegen bis heute ständigen Veränderungen und Umgestaltungen. Dies bestätigt ein Blick in die Geschichte des Gartens. Den Grundstein für den Rosenhügel legte im Jahr 1833 Johann Hieronymus Herberstein, der sich weltmännisch-französisch auch Jérôme nannte – unser im Titel genannter „Knabe mit dem Röslein“. Zu ihm erzählt Barbara Kaiser, Leiterin von Schloss Eggenberg und der Alten Galerie, in ihrem Buch „Schloss Eggenberg – Park und Gärten“ eine bezeichnende Anekdote: Jérôme wollte einen künstlichen Hügel, eben den späteren Rosenhügel, errichten lassen, um von dort aus über seine neu geschaffene Gartenwelt blicken zu können. Dafür ließ er erhebliche Umgestaltungen im bestehenden Schlosspark vornehmen, unter anderem den Abbruch einer bis dato vorhandenen Gartenterrasse. Mit schwerwiegenden Folgen: Die Grazer, die schon damals gerne in den Garten strömten, protestierten vehement gegen diese Umgestaltung, sehr zum Missfallen des Bauherrn. Da die Österreicher leidenschaftliche „Prozesshansln“ sind, kam es auch bei der Klärung der Frage, ob der Park öffentlich zugänglich bleiben sollte oder nicht, zu heftigen Auseinandersetzungen vor Gericht – Jérôme wünschte nämlich keine öffentlichen Besuche mehr, zog aber letztlich den Kürzeren.

      So ist es uns heute nach der Wiederherstellung zu Beginn des 21. Jahrhunderts möglich, nicht nur den Rosenhügel mit seinen historischen Rosen zu bewundern und deren Duft zu riechen, sondern auch durch die verschiedenen Gärten samt Teich im Schlosspark zu wandeln. Nicht zu vergessen die Pfaue, die es dort gibt und die frei herumlaufen. Manchmal ist es nicht einfach mit den Tieren, so versperrten sie uns bei unserem Besuch gleich zu Anbeginn den Weg zum Rosenhügel, was wir uns als g’standene Steirer natürlich nicht gefallen ließen – wir kämpften uns den Weg frei, allerdings ohne ein Gericht zu bemühen, sondern indem wir warteten, bis die stolzen Tiere ihren Standplatz zu wechseln gedachten …

      Auch die Rosen allgemein blicken auf eine lange Geschichte zurück. Die ältesten Rosen sind seit der Antike bekannt, die Römer ließen Rosenblätter vom Himmel fallen, um ihre Feste besonders blumig zu gestalten, und von


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