Kunstmord. Petra A. Bauer
dies einmal versucht, doch Victor hatte keinen Bissen davon angerührt, weil er gesehen hatte, wie sein Vater die streunende Katze eingefangen hatte. Er hatte gehofft, ein wenig mit ihr spielen zu können, doch sie war mit einem Mal wie vom Erdboden verschluckt, und als er seinen Vater danach fragte, blieb dieser ihm eine Antwort schuldig. Das war für Victor Antwort genug gewesen.
Der Katze, die sich nun wohlig bei ihm auf dem Bett räkelte, würde dieses Schicksal hoffentlich erspart bleiben. Sie war so anmutig. Viel zu sauber und wohlgenährt für einen Streuner, fiel ihm plötzlich auf. Die Katzen seiner Kindheit waren zum großen Teil struppig und abgemagert gewesen, mit Augen ohne jeden Glanz. Diese hier wirkte, als würde sie jeden Tag nur das beste Futter erhalten, ohne darum kämpfen zu müssen.
Als hätte das Tier seine Gedanken erraten, sprang es vom Stuhl und streckte sich, lief dann zögernd einige Schritte auf ihn zu und maunzte ihn von unten herauf auffordernd an. Als er nicht reagierte, strich die Katze langsam um seine Beine. Victor seufzte, legte den Skizzenblock beiseite und sah nach, was er aus seiner Speisekammer erübrigen konnte.
«Wo kommst du denn her?», fragte er leise, als die Katze die Milch schlabberte, die er in eine flache Schale gegossen hatte.
Als hätte das Tier ihn verstanden, blickte es auf und bedachte ihn mit einem Blick, den er von seiner Mutter in Erinnerung hatte. Sie hatte ihn stets so angesehen, wenn sie fand, er solle nicht so neugierig sein.
Ein Schauder lief ihm den Rücken hinunter, und er schalt sich, nicht so albern zu sein. Seine Mutter war tot, und er glaubte nicht an Wiedergeburt. Schon gar nicht daran, dass seine Mutter in Gestalt einer Katze in seiner Küchenecke Milch trank. Das war doch zu grotesk! Was sollte sie auch von ihm wollen? Ihm eine Botschaft überbringen? Ihn beschützen? Wovor?
«Victor, du bekommst eindeutig zu wenig Schlaf!», sagte er laut zu sich selbst.
Er wusch sich, zog seinen Pyjama an und ging ins Bett, nicht ohne zuvor das Dachfenster einen Spalt offen zu lassen, damit sein schwarzer pelziger Besuch wieder hinausgelangen konnte.
Die Katze sprang mit einem Satz ans Fußende seines Bettes, rollte sich zusammen und schlief ein.
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