Der Hüter der Sphären. Chris Vandoni

Der Hüter der Sphären - Chris Vandoni


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Aber irgendwann wird man auf dich hören, wenn du den richtigen Weg wählst.«

      »Was passiert, wenn ich versage?«

      »Dann habe auch ich versagt«, antwortete Ahen mit ernster Miene. »Sogar ich weiß nicht, was dann geschieht.«

      »Bist du den Erbauern der Sphären schon einmal begegnet?«

      »Nein. Ich weiß nicht, wer sie sind. Aber ich weiß, dass sie existieren. Und ich weiß, dass sie hierherkommen werden, falls auch nur die geringste Möglichkeit eines Versagens unsererseits besteht.«

      Ahens Gesichtsausdruck bei diesem letzten Satz ließ Christopher frösteln.

      Als er erneut aufwachte, war er von einem düsteren, bläulichen Licht umgeben. Er lag in Fötusstellung auf dem dunkelblauen Boden.

      »Bist du wieder wach?«, hörte er Michelles Stimme unmittelbar neben sich.

      Er hob den Kopf und sah sich um. Michelle kniete neben ihm und blickte ihm besorgt in die Augen. Langsam richtete er sich auf. Dann erkannte er auch Kevin in seiner Nähe.

      »Wo ist Neha?«, fragte er.

      »Vor einigen Sekunden verschwunden«, antwortete Michelle. »Die Sphäre hat sie anscheinend woandershin transportiert.«

      »Nur sie?«

      »Wie es aussieht, ja.«

      Plötzlich erinnerte sich Christopher wieder an seine schlimme Projektion. »Wir müssen sofort zur Erde zurück­kehren.«

      »Was ist los?«

      »Die Menschheit ist in großer Gefahr!«

      Die fünfundzwanzig Mitglieder des Irdischen Weltrats trafen sich mit ihren Gefolgschaften in Geneva zu einer außerordentlichen Vollversammlung. Die zwölf Vertreter der Kolonien befanden sich allerdings nicht darunter. Es kam äußerst selten vor, dass sich alle irdischen Räte zu einer Besprechung trafen, eigentlich nur in Krisensituationen von globalem Ausmaß. Der Grund für das heutige Treffen war ein solcher Anlass.

      Im Luftraum über sämtlichen größeren Städten der Erde hatte es seit einigen Tagen Beobachtungen von unzähligen geheimnisvollen, leuchtenden Kugeln gegeben. Und es wurden immer mehr.

      Nebst dem Irdischen Weltrat war auch der komplette Militärische, Wissenschaftliche, Wirtschaftliche und Diplomatische Rat anwesend. Eine Zusammenkunft von dieser Größenordnung hatte es seit vielen Jahren nicht mehr gegeben.

      Der amtierende Sprecher des Irdischen Weltrats, ein Inder namens Ashraf Desai, stand am Rednerpult der großen Tagungshalle und begrüßte die Anwesenden über das Mikrofon an seinem Headset. Nachdem er alle Personen namentlich erwähnt hatte, ließ er die einzelnen Mitglieder von ihren Beobachtungen berichten. Dieser Prozess erstreckte sich über einen Zeitraum von mehreren Stunden.

      Danach übergab der Sprecher des Weltrats das Wort an Alan Simmerman, dem Leiter des Wissenschaftlichen Rats, zu einer ersten Einschätzung.

      »Meine Damen und Herren. Aus den soeben geschilderten Beobachtungen und anhand unserer ersten, allerdings noch ungenauen Analysen, können wir davon ausgehen, dass es sich bei all diesen Kugeln um dieselben Objekte handelt. Nach ersten Schätzungen besitzen alle die gleiche Größe und strahlen dieselbe Lichtstärke aus. Dabei handelt es sich nicht um reflektiertes Licht der Sonne oder anderer Quellen. Diese Kugeln besitzen eigenes Licht. Andere Strahlungen, beispielsweise Radioaktivität, Gammastrahlung oder die für uns schädliche UV-Strahlung, konnten wir bisher nicht feststellen. Man kann sagen, dass dieses Licht den Sonnenstrahlen, wie wir sie auf der Erdoberfläche empfangen, sehr ähnelt.«

      »Heißt das, diese Kugeln sind ungefährlich?«, fragte ein Mitglied des Weltrats.

      »Was Strahlungen angeht schon. Über alles andere befinden wir uns noch im Unklaren. Wir wissen nicht, welche Energieform sie nutzen, aus welchem Material sie bestehen, woher sie kommen und warum sie hier sind. Sämtliche Observatorien weltweit führen Messungen und Analysen durch und vergleichen sie untereinander. Wir erwarten für morgen die ersten Resultate.«

      »Wurden irgendwo feindliche Aktivitäten festgestellt?«, fragte ein Mitglied des Militärischen Rats.

      »Bisher nicht. Sie sind einfach aufgetaucht und verharren in ihren Positionen.«

      »Konnten Sie an deren Oberfläche irgendwelche Waffensysteme entdecken?«

      »Dies mag etwas eigenartig klingen, aber wir konnten bisher gar keine Oberfläche ausmachen. Zumindest keine materielle. Dadurch konnten wir in ersten Messungen weder Größe noch Positionshöhe ermitteln. Unsere Messstrahlen gingen einfach durch sie hindurch.«

      Unter den Ratsmitgliedern brach ein Raunen aus, gefolgt von leisen Diskussionen.

      »Und was ist das, was wir sehen?«, erklang es aus dem rechten Teil des Saals.

      »Wir konnten mit unseren bisherigen Messungen an der Oberfläche keine feste Materie ausmachen, sondern lediglich eine uns unbekannte Form von Energie. Man könnte auf die Idee kommen, dass es sich um kleine, harmlose Sonnen handelt, allerdings ohne ihre schädliche UV-Strahlung.«

      Wieder brach ein mittlerer Tumult aus, was Simmerman dazu veranlasste, die Leute um Ruhe zu bitten. »Wir haben uns hier versammelt, um zu beraten, was wir unternehmen und wie wir vorgehen wollen.«

      »Müssen wir denn etwas unternehmen?«, fragte der Leiter des Diplomatischen Rats, Arjan Schouten. »Wir könnten doch auch abwarten und schauen, was passiert.«

      »Diese Haltung scheint mir äußerst naiv«, konterte ein hoher militärischer Offizier. »Wenn sie unsere Städte in Schutt und Asche bombardieren, gibt es nicht mehr viel, was wir unternehmen können.«

      »Wenn sie das wirklich vorhaben, hätten sie es schon längst getan.«

      »Wahrscheinlich warten sie damit, bis sie vollzählig sind. Es treffen ja immer noch welche ein.«

      »Meine Damen und Herren, es bringt nichts, wenn wir uns streiten. Wir sollten nach Erklärungen und Lösungen suchen.«

      Die Diskussion dauerten noch weitere drei Stunden an, bevor Ashraf Desai wieder ans Rednerpult trat und um Ruhe bat.

      »Wir vertagen uns auf morgen. Die verschiedenen Räte werden vormittags in getrennten Räumen tagen und Lösungsvorschläge erarbeiten. Am Nachmittag treffen wir uns wieder hier und werden uns diese Vorschläge anhören und darüber debattieren.«

      Als man sich am nächsten Tag wieder traf, hatte sich die Anzahl der leuchtenden Kugeln massiv erhöht. Sie schwebten nun nicht mehr nur über Städten, sondern verteilten sich in regelmäßigen Abständen flächendeckend über den gesamten Luftraum der Erdoberfläche. Ashraf Desai übergab das Wort als erstes dem Leiter des Militärischen Rats, General John Morcroft.

      »Meine Damen und Herren. Ich möchte Sie über die derzeitige Situation in der Bevölkerung informieren. Vor allem in größeren Städten kam es zu Unruhen, in einigen Fällen sogar zu Panik. Wir beorderten unverzüglich Truppen in die betroffenen Gebiete, um die Ordnung wiederherzustellen und Plünderungen zu vermeiden. Vereinzelt kam es zu Gewaltakten. Es gab Verletzte und Verhaftungen. In einigen ländlichen Orten gab es Sektenzusammenkünfte. Die Leute schienen zu den Kugeln zu beten und Rituale zu zelebrieren. Alles in allem können wir aber derzeit davon ausgehen, dass unsere Truppen die Lage überall im Griff haben.

      Des Weiteren möchte ich Sie über die Situation unseres gesamten Flugverkehrs informieren. Als uns die ersten Meldungen über das Erscheinen der Kugeln erreichten, stellten wir aus Sicherheitsgründen den gesamten zivilen und militärischen Flugverkehr ein. Ankommenden Schiffen von interplanetarischen und interstellaren Flügen befahlen wir, bis auf weiteres im Orbit in eine Warteposition zu gehen. Wir versetzten sämtliche planetarischen und orbitalen Abwehrmechanismen in höchste Alarmbereitschaft.

      Nach einer gewissen Zeit des Abwartens starteten wir von verschiedenen Stützpunkten auf der Erde Aufklärungsdrohnen. Sie umkreisten die Erde in Standardflughöhe mehrmals ohne Probleme.


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