50 weitere archäologische Stätten in Deutschland - die man kennen sollte. Wolfram Letzner
Abb. 18 Frankfurt (Oder). Wallanlage in Lossow.
Um 800 v. Chr. vollzog sich in der Region ein Wandel, sicher beeinflusst von der Einführung eines neuen Werkstoffes, des Eisens. Eine Untergruppe der „Lausitzer Kultur“ schuf hier ein religiöses Zentrum, in dem Kult- und Opferhandlungen stattfanden. Dies spiegelte sich vor allem in den zahlreichen Opferschächten wider, die alle in die frühe Eisenzeit datiert werden. In einigen dieser 3 bis 7,5 m tiefen Schächte fanden sich auch menschliche Skelette neben anderen Opfertieren. Die Archäologen konnten aus den Befunden erschließen, dass sowohl die menschlichen als auch tierischen Opfer vor der Deponierung in den Gruben zerstückelt wurden.
Im 6. Jh. v. Chr. wurde die Wallanlage aufgeben. Die Siedlungskontinuität wurde unterbrochen. Erst mit der slawischen Landnahme im 6./7. Jh. n. Chr. wurde der Platz wieder besetzt und fortifikatorisch genutzt. Für rund 200 Jahre war die ganze Fläche in Nutzung. Eine Brandkatastrophe im 9. oder 10. Jh. zerstörte die „Burganlage“. In der Folge entstand ein kleiner Abschnittswall; nur noch das südöstliche Gelände war besiedelt. Über den Bevölkerungsrückgang kann man spekulieren.
Literatur
E. Probst, Deutschland in der Bronzezeit (1999) S. 373;
S. Griesa, C 10 Lossow, in: J. Herrmann (Hrsg.), Archäologie in der Deutschen Demokratischen Republik (1989) S. 444–446.
Germanisches Leben hautnah – das lässt sich in der Mark Brandenburg, inmitten des reizvollen Naturparks Dahme-Heideseen erfahren. An Ort und Stelle rekonstruierte Häuser geben tiefe Einblicke in den Alltag unserer Vorfahren.
11KLEIN KÖRIS – EIN WIEDER ERSTANDENES GERMANISCHES DORF
Brandenburg/Berlin
Das germanische Dorf Klein Köris stellt in mancherlei Hinsicht eine Ausnahme dar. Hervorzuheben sind vor allem zwei Faktoren: einmal handelt es sich um die Größe der freigelegten Fläche, zum anderen um den Umstand, dass die Befunde sehr gute Ansätze zur Rekonstruktion boten (Abb. 19).
Ausgrabungen
Am Anfang stand einmal mehr der Zufall. Bei Erdarbeiten stieß man im Jahr 1976 auf die ersten Spuren aus der Vergangenheit. Glücklicherweise wurden diese sofort als bedeutsam interpretiert, sodass die Archäologen ungestört ihrer Arbeit nachgehen konnten. In den folgenden 19 Jahren wurden etwa 75 Prozent der Siedlung freigelegt. Das, was die Ausgrabungsstätte auszeichnete, war der hervorragende Erhaltungszustand der Funde aus Holz, was bei vielen anderen Ausgrabungen nicht der Fall ist. Dies war dem hohen Grundwasserstand geschuldet.
Funde und Befunde
Das Dorf, zwischen dem 2. und 5. Jh. n. Chr. bewohnt, weist sehr unterschiedliche Bauten auf. Aber nicht alle Häuser bestanden gleichzeitig. Allein schon das Baumaterial Holz ist nicht für die Ewigkeit gedacht, sodass Baufälliges aufgegeben und durch Neubauten ersetzt wurde.
Die Archäologen konnten große, ebenerdige Häuser beobachten, die Wohnung und Stall miteinander verbanden; diese bezeichnet man auch als Langhäuser. Die Interpretation war recht einfach, weil im Wohnteil Herdstellen und ein solider Lehmfußboden vorhanden waren.
Neben diesen ebenerdigen Gebäuden gab es noch Grubenhäuser. Der Name erklärt sich aus der Tatsache, dass die Fußböden unterhalb des damaligen Laufniveaus lagen, also eingetieft waren. Diese Grubenhäuser dienten handwerklichen Zwecken, etwa der Textilherstellung.
Abb. 19 Klein Köris. Rekonstruierte Bauten des germanischen Dorfes.
Das Dorf, dessen germanischen Namen wir nicht kennen, gehörte gewiss nicht zu den ärmsten. Man kann sogar davon ausgehen, dass ein Feinschmied sein Auskommen fand. Darüber hinaus entdeckten die Archäologen eine Reihe von Gegenständen, die als Importgüter bezeichnet werden können, also durch Handel oder Tausch ihren Weg ins Märkische fanden.
Das Problem bei ur- und frühgeschichtlichen Funden ist aber, dass überwiegend Pfostenlöcher von der Vergangenheit zeugen, also nur schlecht eine Vorstellung vom Leben vor 1.800 Jahren vermittelt werden kann. Mit Abschluss der Ausgrabungsarbeiten gründete sich der Verein „Germanische Siedlung Klein Köris e. V.“, der zusammen mit den Denkmalbehörden und Archäologen die Initiative ergriff, an Ort und Stelle ein Freilichtmuseum zu errichten.
Die Entstehung des Freilichtmuseums ist natürlich ein fortdauernder Prozess. Der Besucher wird immer wieder neue Rekonstruktionen finden. Aktuell sind etwa ein Grubenhaus, ein Langhaus sowie eine Schmiede als Gebäude rekonstruiert. Daneben wurden ein Kastenbrunnen und zwei Backöfen wiederhergestellt.
Offenbar ein besonderes Anliegen war dem Verein die Anlage eines Schaugartens, in dem die in Klein Köris nachgewiesenen Getreidesorten, aber auch Hülsenfrüchte und andere Nutzpflanzen wie Flachs, der zur Textilproduktion diente, anzubauen. Die Textilproduktion kann man bei Vorführungen im Grubenhaus bestaunen.
Freilichtmuseum Klein Köris e.V.
gegenüber Buschweg 8
15746 Klein Köris
http://www.germanische-siedlung-klein-koeris.de/
Literatur
S. Gustavs, E 22 Klein Köris, in: J. Herrmann (Hrsg.), Archäologie in der Deutschen Demokratischen Republik (1989) S. 548–550.
Eingebettet in eine malerische Wald- und Seenlandschaft liegt das einstige märkische Dörfchen Sacrow. Das Naturschutzgebiet „Sacrower See und Königswald“ lädt Wanderer zu Erkundungstouren ein und dabei ein eindrucksvolles Zeugnis menschlichen Schaffens zu entdecken: die „Römerschanze“.
12POTSDAM – SACROW: DIE „RÖMERSCHANZE“, EINE EINDRUCKSVOLLE WALLANLAGE MIT LANGER GESCHICHTE
Brandenburg/Berlin
Sacrow ist von der Einwohnerzahl her der kleinste Ortsteil Potsdams. Schon die preußischen Könige hatten seit dem 19. Jh. die romantische Landschaft für sich entdeckt. Zahlreiche Zeugnisse aus jener Zeit haben nicht nur überlebt, sondern haben in den 25 Jahren nach der Wende eine Wiedergeburt erfahren. Zu dieser versteckten Perle gehört aber auch die „Römerschanze“ im Norden Potsdams, die heute über einen Wanderweg zu erreichen ist.
Die Wallanlage liegt auf einem Geländesporn an der Havelenge zwischen dem Lehnitz- und Jungfernsee. Der Sporn ist mit einer Höhendifferenz von 19 m deutlich vom Ufer abgesetzt.
Forschungsgeschichte und Ausgrabungen
Eine der frühesten Erwähnungen der Wallanlage als „Königswall“ datiert in das Jahr 1683, weniger aus einem archäologischen noch historischen Interesse heraus. Vielmehr ging es darum, dass der Große Kurfürst, Friedrich Wilhelm (reg. 1640–1688), von seiner Mark Brandenburg genaue Karten haben wollte. Daher beauftragte er Samuel von Suchodoletz mit der Landesaufnahme, der dabei auch die Wallanlage in seine Karten eintrug.
Im 18. und 19. Jh. wurde mehrfach über die Anlage und ihren Ursprung spekuliert, doch erst 1881 beschäftigten sich der Jurist, Politiker und Leiter des Märkischen Provinzialmuseums